Der Bote mit der Fracht

Es erinnert fast an das Turmbauspiel Jenga, wenn man Sam immer mehr Koffer, Kisten und Container auflädt. Die stapeln sich weit nach oben, hängen selbst an seiner Hüfte oder an den Armen. Und all das schaukelt nicht nur verdächtig, sondern Sam ächzt bei jedem Schritt, wenn er sich seiner maximalen Tragekapazität nähert – sehr komfortabel ist, dass man die Fracht vor dem Abmarsch auch automatisch austarieren kann. Aber wenn er derart beladen in schroffes Gelände wandert, muss er ständig über L2 oder R2 die Balance wiederfinden, weil der Turm nach links oder rechts zu kippen droht. Das ist ein ebenso skurriles wie physikalisches Minispiel, das je nach eigener Gier und Übermut tragisch in einer Schlucht enden kann. Daher ist man sehr dankbar für Leitern und Seile: Erstere kann man über einen Bach legen und darüber gehen oder zum Aufstieg auf einen Felsen nutzen; Letztere eignen sich wunderbar zum Abseilen an Steilhängen. Es macht einfach Spaß, diese Hilfsmittel frei im Gelände einzusetzen, weil ein aktives Outdoor-Gefühl entsteht.

Aufgaben und Charakter-Entwicklung

Es gibt neben den erzählerisch wichtigen Hauptaufgaben auch viele optionale Standard- sowie Premiumlieferungen – außerdem kann man auf dem Weg zum Ziel verlorene Fracht finden und aufnehmen: entweder, um sie selbst zum Empfänger zu bringen oder sie einem Spieler anzuvertrauen; dann bekommt man nur eine geringere Belohnung. Dazu gehört auch das  langsame Freischalten von weiteren Informationen, Hilfsmitteln und Waffen. Nur ist die Struktur des Missiondesigns trotz vieler Ähnlichkeiten nicht mehr so repetitiv wie noch im letzten Metal Gear.

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Station um STation schließt man an die UCA an. © 4P/Screenshot

Mal muss man nur etwas abliefern, mal ist aber auch der Zustand so wichtig, dass man das Paket nur waagerecht montieren darf, oder es kommt darauf an, etwas in einer bestimmten Zeit zum Ziel zu bringen. All das wird mit einigen wunderbar bösen Überraschungen meist nachvollziehbar in die Geschichte eingebunden, zumal jede erfolgreiche Abgabe auch die Bindungsstufe zum Zielort in fünf Stufen erhöht. Je höher sie ist, desto mehr profitiert man davon – nicht alle wollen sofort dem Netz der UCA beitreten, aber irgendwann lassen einen zunächst störrische Besitzer vielleicht etwas herstellen und später gar übernachten.  

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HUnger? Auch wenn die alte Fauna verschwunden ist, sind neue Lebensformen entstanden. © 4P/Screenshot

Und in dem Moment, wo der Transport der Fracht von A nach B über weite Entfernung zu Fuß ebenso gefährlich wie vielleicht nervig erscheint, kommen weitere Gadgets hinzu. Sam bekommt diverse Exoskelette, mit denen er deutlich mehr tragen und damit sicherer wandern kann, inklusive eigenem Boost. Spätestens wenn die beladbaren dreirädrigen Motorräder und Trucks mit ihren Ladeflächen bereit stehen, ist der Transport deutlich komfortabler und schneller. Die Threewheeler wirken fast etwas zu mächtig, denn sie können ohne Schaden durch Kollisionen selbst hüfthohe Felsen überwinden, aber die Trucks können trotz ihrer Springfunktion in tiefen Flüssen oder auf Felsen stecken bleiben, wenn die Reifen keinen Grip mehr haben – und bei zu tiefen Stürzen explodieren sie. Das Fahrverhalten ist eher arcadig, aber verlangt Umsicht beim Lenken und Beschleunigen.

  1. Chibiterasu hat geschrieben: 05.04.2022 20:33 Und sie nutzen ja die Horizon Engine, glaube ich. Wie können da die Gesichter und Mimik so viel besser sein als in Zero Dawn...?
    Jo, Decima. Unabhängig von der Engine ist das aber glaube erstmal eine Frage von Zeit und Können. Ich hätte vermutet, dass man bei Horizon aufgrund der Menge an NPCs die Mimik oft automatisch erzeugt, ähnlich wie das Ubisoft glaube seit Origins macht.
    Ansonsten vermute ich mal, dass Kojima und die die ihm von Konami gefolgt sind, auch mehr Erfahrung haben, weil MGS immer sehr Story/Cutscene lastig war.
    Edit:
    Auch sollte man vielleicht noch bedenken, dass DeathStranding mehr als zweieinhalb Jahre später erschien und Guerilla Kojima im Umgang mit der Engine unterstützt haben. Da wird man auch einfach auf gemachten Erfahrungen aufgebaut haben.

  2. Ein Nekromant! :D
    Danke für deine Meinung, schon ein geiles und verwirrendes Spiel.
    Diese Atmosphäre im white out auf dem Berg war extrem geil und auch die Szenen wo plötzlich Musik spielt, Gänsehaut. Und die Optik der Actor Capturing war der Wahnsinn.

  3. Ich hab das Spiel jetzt auch durch und es hat mir durchaus überraschend gut gefallen.
    Ich bin kein Kojima Fan und auch in dem Spiel ist vereinzelt ziemlicher Quark drinnen, aber die Geschichte weiß schon zu unterhalten und zu fesseln. Die Inszenierung ist grandios, jede Route durch die Landschaft mit plötzlich einsetzender Musik ein Genuss.
    Die fetten Kämpfe gegen diese Monster-BTs sind sehr wuchtig inszeniert. Hat mich richtig begeistert, wie dynamisch die teilweise in der Landschaft entstehen.
    Die Schauspieler*innen machen großteils einen guten Job (im Uncanny Valley war ich auch am meisten bei Mama^^), die Dialoge fühlen sich natürlich an.
    Die Landschaft ist sehr schön. Teilweise waren mir zu viele Felsen und zerklüftete Gesteine drinnen. Ist natürlich ein Gameplay-Element (Stolpern...), aber da haken dann auch die Fahrzeuge oft seltsam fest. Und optisch sieht das nicht so natürlich aus. Etwas repetitiv wurde die gesamte Welt auf Dauer schon.
    Größte Überraschung ist sicher das Gameplay. Wie da immer neue Aspekte dazukommen und man eine Progression und zunehmende Stärke verspürt, hätte ich bei so einer Thematik wirklich nicht erwartet.
    Wie geil ist denn bitte das Zippen entlang dieser Seilstränge?
    Da nervt es dann doch sehr, wenn einem vieles davon aus Storygründen später wieder weggenommen wird (bzw. der Einsatz nicht möglich ist).
    Trotz dieser Vielfalt im Gameplay habe ich es auf Dauer immer weniger genossen, die Pakete auszuliefern (zu Beginn habe ich die Nebenmissionen noch gemacht, später nur das Nötigste). Es war mir dann doch zu eintönig.
    Gehalten hat mich dann wirklich die Geschichte.
    Die hat auf jeden Fall Schwächen. Warum man den "wichtigsten Mensch der Welt" zunächst mal zu Fuß losschickt, ist hier wie vieles andere wohl unter "Videospiellogik" zusammen zu fassen.
    Generell stört es mich auch, dass immer wieder über die Neuvernetzung der Welt gesprochen wird und es eigentlich nur um die USA geht. Von den Amis ist man diese egozentrische Sicht durchaus...

  4. Ich habs gestern beendet. Nur das Nötigste gemacht und auf sehr einfach gespielt. Die Story, die Welt, die Atmosphäre war Kojima typisch sehr gut. Die Schauspieler auch echt gut, obwohl ich ein paar Mal ziemlich im uncanny valley war, gerade bei Mama. Aber auch da sehr hochwertig für einen PS4 Port.
    Mit dem Gameplay konnte ich leider nicht viel anfangen und habs deswegen gerusht, vor allem Kapitel 3 und 7 haben mich genervt. Und natürlich Episode 10...uff.
    Aber am Ende fand ich es trotzdem ein klasse Kojima Spiel.
    Noch einige Fragen zum Ende:

    Spoiler
    Show
    1. Wer sind diese 5? "Personen" die an Sams Strand in der Luft schweben? Das Team?
    2. Ich dachte lange, dass BB Sam selbst ist, aber am Ende dachte ich dann, dass Sam zwar ein BB war aus dem man was anderes gemacht hat, aber Lou dann einfach nur ein anderes BB war und die Flashbacks beim verbinden mit Lou, waren die von Sam selbst. Passt das so?
    3. WTF is denn ne EE? Ein von Gott gesandtes Wesen? Gab es damals auch ne Dino EE? Apropos Dino, woher hatten sie die Farbfotos eines Dinos mit dieser Nabelschnur?
    Hab das alles mit Typisch Kojima abgetan. :D

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