Online-Vernetzung

Sehr gelungen ist die bereits öfter erwähnte Online-Vernetzung mit anderen Spielern. Und gleich vorweg: Sie ist komplett optional, ihr könnt sie jederzeit deaktivieren. Aber wenn ihr euch verbindet, habt ihr mehr Möglichkeiten der Interaktion, ohne dass eure Welt von anderen Spielern geflutet wird – ihr seht nur ihre Konstruktionen. Auf der einfachsten Ebene kann man ähnlich wie in Dark Souls Hinweise zu Wegen, Gefahren oder Beute geben, indem man Schilder mit Symbolen aufstellt. Läuft man durch diese hindurch, regeneriert sich übrigens die Ausdauer. In vernetzten Regionen kann man aber auch die Konstruktionen der anderen Spieler nutzen, sie gemeinsam errichten oder sich so verbinden, dass beide davon profitieren – wie eine Kooperation verwandter Seelen, die sich nicht sehen.

Das System der Likes, die wie Erfahrungspunkte summiert werden, habe ich zunächst nicht gemocht: Man kann sowohl Dinge wie Schilder oder Gebäude von anderen Spielern beklatschen, indem man das Touchpad drückt – und man bekommt selbst Likes, sowohl von Online-Spielern als auch und wesentlich mehr von NSC-Charakteren. Aber Kojima spielt bewusst mit diesem digitalen Phänomen: Die Versessenheit auf und Abhängigkeit von diesem Feedback ist genauso ein Thema innerhalb der Story wie die Liefersucht der MULEs, die einfach jedes Paket haben müssen und so von friedlichen Boten zu aggressiven Banditen mutierten. Ein nettes Detail übrigens, das die Konsequenz im Spieldesign zeigt: Betritt man ihre Gebiete ohne Fracht, lassen sie einen komplett in Ruhe.

Gesellschaftskritik und Lösungen

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Man freut sich, wenn man den Rucksack modifizieren darf. © 4P/Screenshot

Die Gesellschaftskritik ist nicht nur politisch in klaren Seitenhieben auf Trumps Amerikas erkennbar, sondern auch sozial in diesem überzeichneten Verhalten immer spürbar. Aber zum einen verteufelt Kojima diese menschlichen Psychosen nicht per se, sondern definiert den Like quasi als kleinste digitale Zuspruchseinheit, einen ersten Schritt aus der Isolation heraus, um Zusammenhalt zu stärken. Man muss im Spiel keinen einzigen Like absetzen! Mit der Zeit habe ich jedoch verstanden, dass dieses digitale Prinzip genau das Richtige für dieses Abenteuer war, in dem sich Menschen ja kaum noch körperlich begegnen.

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Auch das eigene private Quartier bekommt Zuwachs. © 4P/Screenshot

Hideo Kojima spielt nicht den Moralapostel: der Trotz sowie das Misstrauen von Sam gegenüber all den Vereinigungsversuchen der UCA, die sich als das moralisch Gute definieren, um Amerika und damit die Welt zu retten, kommt ja hinzu – man fühlt sich total überwacht in der neuen Vernetzung. Die Story nährt selbst nach zig Stunden noch das Misstrauen gegenüber dieser Kampagne. Aber wenn man online spielt und in einer verflixt heiklen Situation, mitten im Zeitregen von GDs verfolgt, plötzlich eine Leiter eines anderen Spielers sieht, die einen retten kann, dann ist man wirklich dankbar. Zumal die Likes irgendwann ebenso normal wie unheimlich werden, weil sie selbst in kleine Aktionen verwoben sind: Man bekommt sie, wenn man E-Mails der NSC liest und selbst von BB, wenn man sich im Spiegel fotografiert. Dieses Spiel propagiert die Vernetzung, die es selbst in sich trägt. Hier gibt es eine wunderbare Symbiose zwischen Erzähltem und Erspieltem – also nicht den klassischen Bruch zwischen Storytelling und Spieldesign.

  1. Chibiterasu hat geschrieben: 05.04.2022 20:33 Und sie nutzen ja die Horizon Engine, glaube ich. Wie können da die Gesichter und Mimik so viel besser sein als in Zero Dawn...?
    Jo, Decima. Unabhängig von der Engine ist das aber glaube erstmal eine Frage von Zeit und Können. Ich hätte vermutet, dass man bei Horizon aufgrund der Menge an NPCs die Mimik oft automatisch erzeugt, ähnlich wie das Ubisoft glaube seit Origins macht.
    Ansonsten vermute ich mal, dass Kojima und die die ihm von Konami gefolgt sind, auch mehr Erfahrung haben, weil MGS immer sehr Story/Cutscene lastig war.
    Edit:
    Auch sollte man vielleicht noch bedenken, dass DeathStranding mehr als zweieinhalb Jahre später erschien und Guerilla Kojima im Umgang mit der Engine unterstützt haben. Da wird man auch einfach auf gemachten Erfahrungen aufgebaut haben.

  2. Ein Nekromant! :D
    Danke für deine Meinung, schon ein geiles und verwirrendes Spiel.
    Diese Atmosphäre im white out auf dem Berg war extrem geil und auch die Szenen wo plötzlich Musik spielt, Gänsehaut. Und die Optik der Actor Capturing war der Wahnsinn.

  3. Ich hab das Spiel jetzt auch durch und es hat mir durchaus überraschend gut gefallen.
    Ich bin kein Kojima Fan und auch in dem Spiel ist vereinzelt ziemlicher Quark drinnen, aber die Geschichte weiß schon zu unterhalten und zu fesseln. Die Inszenierung ist grandios, jede Route durch die Landschaft mit plötzlich einsetzender Musik ein Genuss.
    Die fetten Kämpfe gegen diese Monster-BTs sind sehr wuchtig inszeniert. Hat mich richtig begeistert, wie dynamisch die teilweise in der Landschaft entstehen.
    Die Schauspieler*innen machen großteils einen guten Job (im Uncanny Valley war ich auch am meisten bei Mama^^), die Dialoge fühlen sich natürlich an.
    Die Landschaft ist sehr schön. Teilweise waren mir zu viele Felsen und zerklüftete Gesteine drinnen. Ist natürlich ein Gameplay-Element (Stolpern...), aber da haken dann auch die Fahrzeuge oft seltsam fest. Und optisch sieht das nicht so natürlich aus. Etwas repetitiv wurde die gesamte Welt auf Dauer schon.
    Größte Überraschung ist sicher das Gameplay. Wie da immer neue Aspekte dazukommen und man eine Progression und zunehmende Stärke verspürt, hätte ich bei so einer Thematik wirklich nicht erwartet.
    Wie geil ist denn bitte das Zippen entlang dieser Seilstränge?
    Da nervt es dann doch sehr, wenn einem vieles davon aus Storygründen später wieder weggenommen wird (bzw. der Einsatz nicht möglich ist).
    Trotz dieser Vielfalt im Gameplay habe ich es auf Dauer immer weniger genossen, die Pakete auszuliefern (zu Beginn habe ich die Nebenmissionen noch gemacht, später nur das Nötigste). Es war mir dann doch zu eintönig.
    Gehalten hat mich dann wirklich die Geschichte.
    Die hat auf jeden Fall Schwächen. Warum man den "wichtigsten Mensch der Welt" zunächst mal zu Fuß losschickt, ist hier wie vieles andere wohl unter "Videospiellogik" zusammen zu fassen.
    Generell stört es mich auch, dass immer wieder über die Neuvernetzung der Welt gesprochen wird und es eigentlich nur um die USA geht. Von den Amis ist man diese egozentrische Sicht durchaus...

  4. Ich habs gestern beendet. Nur das Nötigste gemacht und auf sehr einfach gespielt. Die Story, die Welt, die Atmosphäre war Kojima typisch sehr gut. Die Schauspieler auch echt gut, obwohl ich ein paar Mal ziemlich im uncanny valley war, gerade bei Mama. Aber auch da sehr hochwertig für einen PS4 Port.
    Mit dem Gameplay konnte ich leider nicht viel anfangen und habs deswegen gerusht, vor allem Kapitel 3 und 7 haben mich genervt. Und natürlich Episode 10...uff.
    Aber am Ende fand ich es trotzdem ein klasse Kojima Spiel.
    Noch einige Fragen zum Ende:

    Spoiler
    Show
    1. Wer sind diese 5? "Personen" die an Sams Strand in der Luft schweben? Das Team?
    2. Ich dachte lange, dass BB Sam selbst ist, aber am Ende dachte ich dann, dass Sam zwar ein BB war aus dem man was anderes gemacht hat, aber Lou dann einfach nur ein anderes BB war und die Flashbacks beim verbinden mit Lou, waren die von Sam selbst. Passt das so?
    3. WTF is denn ne EE? Ein von Gott gesandtes Wesen? Gab es damals auch ne Dino EE? Apropos Dino, woher hatten sie die Farbfotos eines Dinos mit dieser Nabelschnur?
    Hab das alles mit Typisch Kojima abgetan. :D

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