Da derzeit die halbe VR-Szene über HTCs neues Tracking diskutiert, starten auch wir mit diesem Knackpunt. Meine erste Erkenntnis: Gut, dass ich meine neuen Deckenleuchten für den Dachboden noch nicht an der Decke festgeschraubt habe. Für den Test der Vive Cosmos konnte ich vor allem Abends jede Lichtquelle gebrauchen! Das neue Inside-out-Tracking der Vive Cosmos baut schließlich nicht mehr auf die Lighthouse-Würfel, welche den Raum hochpräzise mit Lasern abtasten. Stattdessen steckt das Tracking diesmal im Headset selbst: Sechs Kameras erfassen, wohin der Spieler schaut und wie er die zwei leuchtenden Controller bewegt. Die Technologie ähnelt der von Oculus: Während man sich bei der Einrichtung ein wenig im Zimmer umschaut, baut die Software eine Art dreidimensionales Drahtgittermodell des Raums auf, an dem sich das Programm danach orientiert. Im Gegensatz zur Rift S (zum Test) reicht schummriges Licht aber nicht aus.
Stattdessen brauchte ich Licht. Viel, viel Licht! Eine Deckenlampe und vier indirekte Wandleuchten waren bei der abendlichen Einrichtung zu wenig, um wenigstens die Einrichtung der Software beenden zu können. Erst als ich die drei eigentlich für den Dachboden vorgesehenen LED-Strahler im Raum aufbaute, verschwand endlich der Warn-Hinweis und ich konnte loslegen. Am nächsten Tag war es natürlich besser: Als draußen die Sonne lachte, brauchte ich keine Lampe einzuschalten. Am späten Nachmittag wurde praktisch, dass sich das Tracking nicht einmal von direkten Sonnenstrahlen stören ließ, die am Nachmittag durchs große Balkonfenster in meine helle Wohnung drangen. Die Vive Cosmos ist in gewisser Weise das sonnenhungrige Gegenstück zu den Vampir-ähnlichen Headsets PSVR und Oculus Quest (zum Test), die keine direkten Sonnenstrahlen mögen. Auch an bewölkten Tagen musste ich übrigens das Licht einschalten, um mit der Vive Cosmos spielen zu können; dann reichten allerdings die gewöhnlichen Wohnzimmer-Leuchten aus. Interessierte sollten also zuerst eine gute Beleuchtung ihres Spielfelds sicherstellen, bevor sie über einen Kauf nachdenken!
Klarer Verlierer beim Tracking
So viel zur nötigen Beleuchtung, doch lohnt sich der ganze Aufwand überhaupt? Im Bereich des Trackings zieht die Cosmos leider den Kürzeren, weil nicht die Genauigkeit von Oculus’ aktuellen Headsets erreicht wird – geschweige denn die von Index (zum Test), Vive oder Vive Pro (zum Test) mit ihren externen Lasern. Meist verrichtet die Erfassung ihren Dienst ordentlich, so dass sich Hände, Pistolen, Tennisschläger und Co. sauber dorthin bewegen, wo man es erwarten würde. Sobald schnelle Bewegungen gefragt sind, macht sich aber eine minimale Verzögerung bemerkbar. Nicht dramatisch, aber ein klein wenig lästig, wenn hohe Präzision gefragt ist. Auch wenn man die Handgelenke dreht, driftet das virtuelle Objekt vor den eigenen Augen leicht zur Seite. Das ist ebenfalls nicht weiter tragisch, tritt bei der Konkurrenz aber nicht auf.
Ärgerlich wird es in allen Situationen, in denen man beide Hände voreinander halten muss. Oculus hat es bereits geschafft, solche Probleme mit Software-Updates weitgehend zu eliminieren. HTC dagegen scheitert an dieser Herausforderung, obwohl in den Controllern Gyroskop-, Beschleunigungs-, Hall- und kapazitive Sensoren stecken. Ob ich nun in Arizona Sunshine zweihändig mit dem Gewehr auf Zombie-Köpfe anlege oder im Sportspiel Arcade Saga den virtuellen Bogen spanne: Meist kommt das Programm nicht damit klar, dass die Kameras keine freie Sicht auf beide Controller haben. Das Ergebnis: Pfeil und Bogen bzw. das Schießeisen bleiben abrupt in der Luft hängen oder zucken herum. Nicht gerade das, was ich gebrauchen kann, wenn Unmengen von Untoten auf mich zu schlurfen, um mir das Gehirn aus dem Schädel zu schlürfen!
Wertig und modular
Ein Versäumnis ist natürlich, dass auch HTC noch nicht an eine rückseitige Kamera gedacht hat, wie Sony sie eventuell für PSVR2 in Planung hat. Sobald man die Controller hinter den Kopf bewegt, bricht das Tracking ab. Schwingen die Hände zurück ins Sichtfeld, brauchen die virtuellen Hände ein paar Sekundenbruchteile länger als bei Oculus, um sich wieder korrekt auszurichten. Der „tote Winkel“ unter der Nase stört hier ebenfalls minimal stärker als bei Rift S und Quest.
Nach all der Kritik am Tracking kommen wir nun endlich zum Headset selbst: Die Vive Cosmos wird mit neuen Bewegungs-Controllern und einem sechsmonatigem Abo für Viveport Infinity (eine Spiele-Flatrate) für 799 Euro angeboten. Im Vergleich zur Rift S mit ihrem „Kampfpreis“ von 449 Euro wirkt das ziemlich happig. Im Gegenzug wirkt die Verarbeitung aber deutlich wertiger als bei Facebooks einfachem Gehäuse mit seinen Sparmaßnahmen wie verklebtem Billig-Schaumstoff oder dem fehlenden mechanischen IPD-Regler.
Bodybuilder sind nicht "sonnenhungrig", sondern werden, bevor sie sich auf der Bühne im Stringtanga zum Affen machen mit Farbe angemalt
für nen 10er auf den grabbeltisch
Du meinst 3.0 das hier ist doch schon die 2.0. 1.0 war die bei der man extra tracking Sensoren brauchte.
Ich hebe mir das Geld lieber für Generation 2.0 auf. Bis dahin kann ich auf halbherzige Zwischenschritte verzichten. Wird leider dauern - ca. 2-3 Jahre - aber ich denke es wird sich lohnen.
Ja schade.... Die Cosmos hätte gut werden können und somit eine echte Alternative zur Index.
So würde ich aber definitiv eher zur Index greifen, allerdings erst wenn der Preis ein paar hundert € nach unten korrigiert wurde