Erziehung 2.0

Hinzu kommt die Tatsache, dass die zentrale Problemlösung das Verprügeln derjenigen ist, die Böses tun, und damit in diesem Fall leider Schüler gemeint sind. Natürlich sind die Flegel stets die Angreifer. Trotzdem halte ich es für bedenklich, wenn man ihnen am laufenden Band – verzeiht – die Fresse poliert, anstatt wenigstens im Ansatz echte Lösungen zu suchen.

Zweiteres, also die Tatsache, dass Takayuki hier fehl am Platz wirkt, wiegt weniger schwer, macht sich aber dort erkennbar, wo er nicht nur als Erzieher der Schülerinnen und Schüler auftritt, sondern sich auch mit ihnen anfreundet, als wären sie erwachsene Nebencharaktere jedes anderen  Yakuza-Abenteuers. Das wirkt einfach befremdlich, so gut das Einbinden oberflächlicher sozialer Elemente, wie man sie u.a. aus Persona 5 kennt, auch gedacht ist. Ein Erwachsener sollte in diesem Rahmen als Erzieher tätig sein, anstatt sich wie ein Mitglied verschiedener Cliquen verhalten. Gut, dass die Handlung recht früh auch die klassischen Yakuza-Motive aufnimmt, obwohl das für sich genommen freilich nicht gerade einem kreativen Geniestreich gleichkommt.

The real Kidd

Takayuki leitet jedenfalls verschiedene Clubs, in denen er diverse Minispiele ausübt, darunter Boxen, Tanzen und Motorradfahren, sprich einen Teil der üblichen Nebentätigkeiten, und wie im Vorgänger gefällt es mir sehr, dass viele Aktivitäten an den erzählerischen Kern gebunden sind. Zusätzlich erledigt er schließlich kleine Aufträge als Privatdetektiv, anstatt wahllos Menschen auf der Straße anzusprechen. Wobei es weiterhin auch den Zeitvertreib bei Drohnenrennen, in der Baseball-Halle, das im Vorgänger eingeführte Paradise VR u.v.m. gibt. In den Spielhallen der Sega Arcade stehen außerdem Automaten mehr oder weniger bekannter Sega-Klassiker – bedauerlich finde ich dort nur, dass die Analogstick-Steuerung der Spielhallenversion von Super Hang-On viel zu empfindlich reagiert, sodass man das Motorrad nicht präzise lenken kann. Das fällt u.a. im Vergleich zur PS3-Version sehr deutlich auf.

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Witzig: Als “Schlange” wirbelt Takayuki seine Gegner einfach ohnmächtig. © 4P/Screenshot

Richtig klasse finde ich in diesem Bereich ohnehin erst das Master System in Takayuki Büro. Das ist nämlich nicht weniger als eine echte Emulation von acht Klassikern wie Alex Kidd in Miracle World oder Enduro Racer. Weitere vier Titel sind als kostenpflichtiger Downloadinhalt verfügbar. Hat Sega der kürzlich erschienenen Neuauflage des ersten Alex Kidd deshalb keine Originalversion spendiert? Auf jeden Fall macht es richtig Laune die Oldies zu spielen, in denen man übrigens jederzeit den aktuellen Fortschritt speichern kann, um später an gleicher Stelle weiterzuspielen bzw. nach Fehlern nicht von vorn zu beginnen.

Tierisch gut

Erweitert wurden aber nicht nur die Nebentätigkeiten, mit denen man Dutzende Stunden verbringen kann, sondern auch das Prügeln mit den zahlreichen Ganoven. Immerhin beherrscht Takayuki jetzt gleich drei Kampfstile, zwischen denen er jederzeit wechseln kann: Tiger zum Austeilen starker Tritte und Schläge, Kranich zum schnellen Ausweichen und Beherrschen größerer Gruppen sowie Schlange zum Kontern ankommender Attacken. Mit Letzterem lässt er Angriffe dabei nicht nur ins Leere laufen, sondern führt Finisher auch so aus, dass Gegner ohnmächtig werden, ohne getroffen zu sein. Ob Sega damit das Verprügeln von Schülern rechtfertigt? „Man muss sie ja nicht Ausknocken!“ Falls ja, bleibt es leider bei der guten Idee, denn tatsächlich spielt es praktisch keine Rolle, ob man sich für die sanftere Gangart entscheidet oder nicht.

  1. Xris hat geschrieben: 08.10.2021 17:23 Den Test finde ich übrigens gut. Viele deiner Kritikpunkte kann ich gut nachvollziehen (das erste Drittel, die aufgesetzten Dektiveinlangen sind verschenktes Potenzial) Aber die 69% sind in meinen Augen zu tief gegriffen. Denn in der Wertungsregion befinden sich etliche Spiele die mich nicht mal 10 Stunden haben durchhalten lassen. Und so geht es halt vielen Spielern. Mittlerweile schauen die Meisten schon bei weniger als 80% zwei mal hin.
    Jedenfalls sry. Ich wollte dir nicht die Kompetenz absprechen. ;)
    Alles gut. :) Hatte mich auch gar nicht auf dich bezogen.
    Und das mit den 80% ist natürlich richtig. Aber was willste dagegen tun? Jedem Spiel einfach 'ne hohe Wertung verpassen und die zuvor argumentierte Einordnung damit im Grunde torpedieren? Ich weiß, dass ich so was noch weniger lesen will als eine Kritik, die meiner eigenen Meinung komplett widerspricht.
    Für mich kann ich eh sagen, dass ich schon so manchen 60-er und sogar 50-er länger als zehn Stunden gespielt hab - von 70-ern (bzw. knapp drunter) ganz zu schweigen. Das sind immerhin noch befriedigende Erlebnisse und oft genug hält einen das gerade bei einer grundsätzlich tollen Serie locker bei der Stange.

  2. Ich mag das Spiel. Dass es simpel ist, stellt für mich keinen Kritikpunkt dar. Es ist ein großer Abenteuerspielplatz, der etwas Ablenkung von der verrückten Welt bietet und dennoch einige der momentanen Probleme adressiert. Dass es dabei unnötig brutale Szenen gibt liegt in der Natur der Serie, der Zeitgeist hat "das bisschen Gewalt" aber längst überholt.

  3. 4P|Benjamin hat geschrieben: 07.10.2021 17:17 Warum braucht ihr eigentlich derart unsinnige Querschüsse, um eure Meinung kundzutun? Es ist doch absolut unnötig eine andere Person als eh nicht "deiner" Gruppe angehörig abzustellen oder willkürlich irgendein Motiv zu unterstellen, um ihre Meinung weniger wertvoll erscheinen zu lassen. Wobei Letzteres ja ohnehin grundsätzlich Quatsch ist.
    Es ist doch immer wieder schade, wie oft man mit anderen Spielern nicht einfach über Dinge quasseln kann, die einem Spaß machen oder eben nicht, um am Ende festzustellen, dass man halt verschiedener Meinung ist. Mensch, Leute...
    Und auch wenn es keine Rolle spielt: Wo sind denn neben HighFleet, Deathloop, Cotton Reboot, SkyDrift, Chivalry 2, Star Hunter DX, Xuan-Yuan Sword 7, FF7 Remake oder Manifold Garden die "vielen" abgestraften Spiele? Auf Insurgency: Sandstorm, das ich im Moment mit riesiger Begeisterung zocke, geh ich mal gar nicht weiter ein. Und dass ich Yakuza vom ersten Teil an trotz seiner (über die Jahre imho zunehmenden) Schwächen sehr mochte, weshalb ich außer Ishin! sowie dem zweiten "Black Panther" jede nicht hier erhältliche japanische Version sogar importiert habe, dürfte aufmerksamen Lesern ebenfalls kein Geheimnis sein.
    Den Test finde ich übrigens gut. Viele deiner Kritikpunkte kann ich gut nachvollziehen (das erste Drittel, die aufgesetzten Dektiveinlangen sind verschenktes Potenzial) Aber die 69% sind in meinen Augen zu tief gegriffen. Denn in der Wertungsregion befinden sich etliche Spiele die mich nicht mal 10 Stunden haben durchhalten lassen. Und so geht es halt vielen Spielern. Mittlerweile schauen die Meisten schon bei weniger als 80% zwei mal hin.
    Jedenfalls sry. Ich wollte dir nicht die Kompetenz absprechen. ;)

  4. DancingDan hat geschrieben: 08.10.2021 13:21 Meinst du den hier?
    Nein, das war ein hühne. Es muss nicht 0 gewesen sein, vielleicht kiwami?
    Trotzdem danke, nach der Arbeit suche ich dann selbst, dachte nur bei so vielen Experten hier wüsste das jemand. ^^

  5. Spiele es auch gerade. Und ja, ist das was man erwarten kann. Schön ist das die Kampfstile sich mehr voneinander unterscheiden als im Vorgänger. Leider hat man auch hier wieder die altbekannten Schwächen (miese Kamera in Kampfarenen z.B.) beibehalten, und an dem Punkt glaube ich man hat sich damit abgefunden es nicht besser zu können. Schade.
    Was mir Sorge bereitet ist eine gefühlte „Verwestlichung“ der Spielwelt, sprich: Sie wird immer größer, verliert dabei aber auch immer mehr an Charme und Individualität. Diese „Mein Kiez“ Atmosphäre war immer eine Besonderheit der Yakuza Reihe, und das geht bei der Größe sichtlich verloren.
    PS: Der Bosskampf auf dem Gehweg könnte auch eine Mr. Shakedown Begegnung gewesen sein.

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