Zurück auf die Schulbank

Takayuki Yagami schnüffelt wieder. Nachdem der Privatdetektiv und gelernte Anwalt bereits in Teil eins das übernahm, was Kazuma Kiryu kurz zuvor aufgegeben hatte (Bösewichte in martialischer Manier verprügeln, um guten Menschen tausend Gefallen zu tun), beginnt auch sein zweites Abenteuer in Tokios Vergnügungsviertel Kamurocho, bevor er nach Yokohama kommt, genauer gesagt den Stadtteil Isezaki Ijincho. Kommt euch bekannt vor? Sollte es. Denn das ist der Ort, an dem Yakuza: Like a Dragon spielt. Sega nutzt seine virtuellen Sets also weiterhin als beständige Kulissen, anstatt komplett neue zu entwickeln – auch wenn in Lost Judgment jetzt eine Schule dort steht, wo sich Like a Dragon noch ein sehr unscheinbares Gebäude befand. Yakuza-Rollenspieler dürften in Lost Judgment daher vom Start weg alle Wege kennen.

Doch warum ausgerechnet eine Schule? Für gewöhnlich ist das ja nicht gerade das Milieu, in dem die unter Gangstern aufgewachsenen Charaktere zugange sind. Ganz einfach: Takayuki will befreundeten Ermittlern einen Gefallen tun und greift ihnen deshalb bei einem Fall unter die Arme, in dem es um Mobbing zu gehen scheint. Schon bald stellt er deshalb Untersuchungen in besagter Schule an, wofür er als eine Art Erzieher einspringt. Um die gewünschten Informationen zu erhalten, leitet er also verschiedene Clubs und macht die Bekanntschaft mit Schülern, denen er je nach Ausgangslage unter die Arme greift oder eine Lektion erteilt.

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Lost Judgment spricht mit Mobbing ein ernstes Thema an und beleuchtet es teils recht ausführlich… © 4P/Screenshot

Keine Angst: Natürlich geht es in Lost Judgment nicht darum, dass die Anke dem Peter sein Frühstücksbrot gemopst hat. Vielmehr wird schnell klar, dass die Ereignisse in der Schule mit einem Mord verbunden sind, dessen genauer Hergang sich einmal mehr hinter einem vielschichtigen Gebilde zahlreicher Motive und Geschehnisse verbirgt. Deshalb ermittelt Takayuki nicht nur in Yokohama, sondern auch in Kamurocho und reist meist frei zwischen beiden Schauplätzen hin und her.

Richtige Idee, falsches Spiel

Dass Lost Judgment dabei nicht nur den großen Fall Ernst nimmt, sondern sich auch lange und eindringlich mit Ursachen und  Auswirkungen von Mobbing beschäftigt, rechne ich ihm hoch an. Das Thema zieht sich als roter Faden durch einen längeren Teil der Geschichte und serientypisch erklärt die Erzählung viele der damit verbundenen Probleme, was der Geschichte nicht nur mehr Substanz verleiht; es erdet sie auch auf eine Art, wie es einem Plot im Gangstermilieu sonst schwer fällt.

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… wenn auch auf eine Art und Weise, die dem Thema bei aller Liebe für japanische Quirligkeit nicht wirklich angemessen ist. © 4P/Screenshot

Und trotzdem bin ich über das Einbinden dieses Stoffs nicht wirklich glücklich, denn in meinen Augen ist ein Lost Judgment dieser Bauart ein denkbar ungünstiges Spiel, um sich auf sinnvolle Art der Thematik zu nähern. Das liegt an zwei Dingen: Zum einen kennt es nur Problemlösungen, die dem Problem nicht angemessen sind und zum anderen ist Takayuki nicht der richtige Protagonist, um in diesem Umfeld zu agieren.

Ersteres wird gleich bei seinen ersten Schritten in der Schule deutlich, wenn er und seine Kollegen eine Mobbing-Situation durch einen blödsinnigen Trick lösen, der weder besonders unterhaltsam noch in irgendeiner Form glaubwürdig ist – auf gar keinen Fall aber der Realität gerecht wird, mit der sich Mobbingopfer und Beobachter konfrontiert sehen. Das Ansinnen ist ein lobenswertes, die Ausführung aber dennoch hirnrissig.

  1. Xris hat geschrieben: 08.10.2021 17:23 Den Test finde ich übrigens gut. Viele deiner Kritikpunkte kann ich gut nachvollziehen (das erste Drittel, die aufgesetzten Dektiveinlangen sind verschenktes Potenzial) Aber die 69% sind in meinen Augen zu tief gegriffen. Denn in der Wertungsregion befinden sich etliche Spiele die mich nicht mal 10 Stunden haben durchhalten lassen. Und so geht es halt vielen Spielern. Mittlerweile schauen die Meisten schon bei weniger als 80% zwei mal hin.
    Jedenfalls sry. Ich wollte dir nicht die Kompetenz absprechen. ;)
    Alles gut. :) Hatte mich auch gar nicht auf dich bezogen.
    Und das mit den 80% ist natürlich richtig. Aber was willste dagegen tun? Jedem Spiel einfach 'ne hohe Wertung verpassen und die zuvor argumentierte Einordnung damit im Grunde torpedieren? Ich weiß, dass ich so was noch weniger lesen will als eine Kritik, die meiner eigenen Meinung komplett widerspricht.
    Für mich kann ich eh sagen, dass ich schon so manchen 60-er und sogar 50-er länger als zehn Stunden gespielt hab - von 70-ern (bzw. knapp drunter) ganz zu schweigen. Das sind immerhin noch befriedigende Erlebnisse und oft genug hält einen das gerade bei einer grundsätzlich tollen Serie locker bei der Stange.

  2. Ich mag das Spiel. Dass es simpel ist, stellt für mich keinen Kritikpunkt dar. Es ist ein großer Abenteuerspielplatz, der etwas Ablenkung von der verrückten Welt bietet und dennoch einige der momentanen Probleme adressiert. Dass es dabei unnötig brutale Szenen gibt liegt in der Natur der Serie, der Zeitgeist hat "das bisschen Gewalt" aber längst überholt.

  3. 4P|Benjamin hat geschrieben: 07.10.2021 17:17 Warum braucht ihr eigentlich derart unsinnige Querschüsse, um eure Meinung kundzutun? Es ist doch absolut unnötig eine andere Person als eh nicht "deiner" Gruppe angehörig abzustellen oder willkürlich irgendein Motiv zu unterstellen, um ihre Meinung weniger wertvoll erscheinen zu lassen. Wobei Letzteres ja ohnehin grundsätzlich Quatsch ist.
    Es ist doch immer wieder schade, wie oft man mit anderen Spielern nicht einfach über Dinge quasseln kann, die einem Spaß machen oder eben nicht, um am Ende festzustellen, dass man halt verschiedener Meinung ist. Mensch, Leute...
    Und auch wenn es keine Rolle spielt: Wo sind denn neben HighFleet, Deathloop, Cotton Reboot, SkyDrift, Chivalry 2, Star Hunter DX, Xuan-Yuan Sword 7, FF7 Remake oder Manifold Garden die "vielen" abgestraften Spiele? Auf Insurgency: Sandstorm, das ich im Moment mit riesiger Begeisterung zocke, geh ich mal gar nicht weiter ein. Und dass ich Yakuza vom ersten Teil an trotz seiner (über die Jahre imho zunehmenden) Schwächen sehr mochte, weshalb ich außer Ishin! sowie dem zweiten "Black Panther" jede nicht hier erhältliche japanische Version sogar importiert habe, dürfte aufmerksamen Lesern ebenfalls kein Geheimnis sein.
    Den Test finde ich übrigens gut. Viele deiner Kritikpunkte kann ich gut nachvollziehen (das erste Drittel, die aufgesetzten Dektiveinlangen sind verschenktes Potenzial) Aber die 69% sind in meinen Augen zu tief gegriffen. Denn in der Wertungsregion befinden sich etliche Spiele die mich nicht mal 10 Stunden haben durchhalten lassen. Und so geht es halt vielen Spielern. Mittlerweile schauen die Meisten schon bei weniger als 80% zwei mal hin.
    Jedenfalls sry. Ich wollte dir nicht die Kompetenz absprechen. ;)

  4. DancingDan hat geschrieben: 08.10.2021 13:21 Meinst du den hier?
    Nein, das war ein hühne. Es muss nicht 0 gewesen sein, vielleicht kiwami?
    Trotzdem danke, nach der Arbeit suche ich dann selbst, dachte nur bei so vielen Experten hier wüsste das jemand. ^^

  5. Spiele es auch gerade. Und ja, ist das was man erwarten kann. Schön ist das die Kampfstile sich mehr voneinander unterscheiden als im Vorgänger. Leider hat man auch hier wieder die altbekannten Schwächen (miese Kamera in Kampfarenen z.B.) beibehalten, und an dem Punkt glaube ich man hat sich damit abgefunden es nicht besser zu können. Schade.
    Was mir Sorge bereitet ist eine gefühlte „Verwestlichung“ der Spielwelt, sprich: Sie wird immer größer, verliert dabei aber auch immer mehr an Charme und Individualität. Diese „Mein Kiez“ Atmosphäre war immer eine Besonderheit der Yakuza Reihe, und das geht bei der Größe sichtlich verloren.
    PS: Der Bosskampf auf dem Gehweg könnte auch eine Mr. Shakedown Begegnung gewesen sein.

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