Modular und wertig

Löblich ist, dass sich wie beim ähnlich robusten, professionell verarbeiteten Vorgänger viel mehr einstellen, austauschen und reparieren lässt als bei der Konkurrenz – vom Gesichtspolster am Klettverschluss bis hin zum Kopfriemen. Die dicke Rundum-Polsterung sorgt übrigens für einen sehr bequemen, sicheren Sitz. Da die Ränder so gut abschließen, machte sich allerdings schon nach rund einer Stunde die starke Wärmeentwicklung bei der Technik im Headset bemerkbar – gerade noch erträglich, aber sogar wärmer als bei der Index. Die neuen doppelten Linsen schlagen sich beim Thema Glare (Überstrahlen bei starken Kontrasten) etwas besser als die Valve Index (ebenfalls mit dualem Linsen-Design). Auch hier erkenne ich bei weißen Buchstaben vor pechschwarzem Grund deutlich die Fresnel-Ringe sowie störende Spiegelungen und Lichtkegel (God-rays). Der Effekt ist allerdings deutlich weniger ausgeprägt als bei der Valve Index: Mit der Vive Pro 2 tanzen lange nicht so viele mehrfach gespiegelte weiße “Blobs” über die Linse.

Raver dürften sich über die knalligen Farben des Displays freuen: Die Farbtöne des recht hellen, kontrastreichen Displays wirken hier deutlich kräftiger, so dass bunte Kunststoff-Oberflächen fast schon neonartig leuchten. Im Vergleich zu den gedämpfteren, aber realgetreueren Farben der Index ist es weitgehend Geschmackssache, welche Farbdarstellung man bevorzugt. Doch wie sieht das Bild in finsteren Horror-Spielen wie Wraith: The Oblivion – Afterlife aus, in denen die Quest 2 einem die Gruselstimmung schon mal mit ihrem Grauschleier verderben kann? Die Schwarzwerte der Vive Pro 2 sind für LCD-Verhältnisse ordentlich. Sie bleiben aber weit von der Finsternis eines OLED-Displays wie in der PlayStation VR oder gar auf einem aktuellen LG-Fernseher entfernt. Das blasser wirkende Bild der Quest 2 hinkt übrigens in fast allen genannten Aspekten hinterher – abgesehen von der recht guten Auflösung von 1832 x 1920 Pixeln pro Auge (Index: 1440 × 1600).

Mit IPD-Regler und Viveport

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Project Cars 3 zeigte sich nicht ganz so überfordert von der hohen Auflösung wie sein weniger arcadelastiger Vorgänger (Foto durch die Linse). © 4P/Screenshot

Es wird Zeit, über die Strippe zu diskutieren, an der man über die Roomscale-Spielfläche schreitet. Die fünf Meter Kabel bis zur Breakout-Box (löblicherweise mit Ein-/Ausschalter) sind an sich eine ordentliche Länge. Bei mir wurde die nutzbare “Leine” allerdings ein wenig verkürzt, da sich die Steckdosenleiste weiter hinten in der Raumecke befindet. Zusätzlich zum dem Display-Port-Stecker (1.4 für volle Auflösung nötig!) und dem USB-Kabel (ab 3.0 alias “3.2 gen1”) gibt es nämlich erneut einen Netzteil-Stecker, der mit seiner fetten Bauform gleich über zwei Steckdosen ragt. Geht es nicht wenigstens hier mal etwas schlanker, HTC? Alles andere als schlank ist dagegen das Spektrum des bewährten mechanischen IPD-Reglers von 57 bis 72 Millimeter. Bei Facebook muss man auf solch einen “Luxus” verzichten, da die Quest 2 nur drei grobe Einrastungs-Stufen für den persönlichen Pupillen-Abstand bietet.

So viel zur Hardware, doch wie sieht es beim Betrieb auf dem PC aus? Nach Anschluss und Einrichtung mit der Viveport-Software (ein registrierter Account ist Pflicht) erkennt das SteamVR-Tracking das Headset und sorgt für verlässliche Unterstützung mit der Steam-Bibliothek. Ein Vorteil am alternativen Viveport-Store ist auf Wunsch natürlich die Möglichkeit der umfangreichen Spiele-Flatrate Viveport Infinity zum Festpreis (ähnlich wie der Xbox Game Pass). Im Gegensatz zu Facebooks VR-Systemen muss man bei HTC aber auf große Exklusivtitel im Stil von Lone Echo 2 verzichten (bzw. man kann sie lediglich auf Software-Umwegen per “Revive” spielen).

Software-Probleme

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Wem beim Begriff Augen-Tracking das Wasser im Mund zusammenläuft, wird mit dem entsprechenden Modul “Droolon F2” bedient. Das Zubehör vom chinesischen Partner-Hersteller “7invensun” soll im dritten Quartal 2021 erscheinen und ist auch mit HTCs Standalone-Headset Vive Focus 3 kompatibel. Letzteres ist im Gegensatz zur Vive Pro 2 ausschließlich für den Geschäftskunden-Bereich gedacht. © 4P/Screenshot

Als deutlicher Nachteil erwies sich im Test mal wieder, dass HTCs Software bei weitem nicht so sauber und problemlos funktionierte wie bei Facebook oder der Index. Neben SteamVR lief z.B. immer auch die “Vive Console” nebenher, die gerade bei einem derart hochaufgelösten Headset für ärgerliche Probleme sorgte. Die native Auflösung von 4896 x 2.449 (90 Hz) konnte ich z.B. manuell nicht zum Laufen bringen. Obwohl mein PC alle Hardware-Voraussetzungen erfüllte, klappte stattdessen lediglich höchstens die verringerte Auflösung von 3.672 x 1.836 (90 Hz) oder eine “automatische” Einstellung. Diese Automatik wählt laut HTC die bestmögliche Auflösung für die jeweilige Grafikkarte – nähere Details dazu konnte man uns bisher aber nicht verraten. Auch ob oder wann die “Display Stream Compression” (DSC, ab DisplayPort 1.4) zum Einsatz kommt, wurde noch nicht erläutert. 120 Hertz sind theoretisch auch mit nativer Auflösung möglich – bei uns führte diese Einstellung aber lediglich zu Fehlermeldungen.

Doch selbst mit all diesen Mankos sorgt das meist nicht mehr sichtbare Pixelraster für einen beeindruckend detailreichen Eindruck! Selbst feinste Texte in den Heften des Überlebens-Abenteuers The Walking Dead: Saints & Sinners lassen sich gestochen scharf lesen und in Half-Life: Alyx wirken aufgeschlitzte Leichen plötzlich deutlich plastischer und ekliger! Im Physik-Shooter Boneworks profitieren vor allem die Spiegelungen und feinen Oberflächen von der gestiegenen Detailfülle. Außerdem fiel mir erst nach dem Absetzen des Headsets auf, wie erstaunlich entspannt sich meine Augen anfühlten. So sorgt also auch die Detailtreue dafür, dass längere Spiel-Sitzungen möglich werden als mit anderen Headsets.

  1. Schöner Artikel,
    ich bin schon lange an VR interessiert, konnte mich aber bisher nie so ganz in die Materie einfuchsen.
    Nachdem diese Woche meine antiquierte GTX680 final (nach dem letzten Backen hat sie noch ein Jahr gehalten :D ) den Löffel abgegeben hat und ich meinen PC auch zur Arbeit benötige, kam mir der 3070Ti Launch recht naheliegend vor (ich weiß, wenig Mehrwert gegenüber der 3070), die 3080 war mir mit den aktuellen >2k€ Preisen dann doch zu teuer. Ich habe trotzdem eine extrem überteuerte Custom-Karte (die MSI GeForce RTX 3070 Ti SUPRIM X 8G) ergattern können, diese ist ja eher als 1080p/1440p Karte ausgeschrieben, weswegen mich die Mindestanforderungen von der HTC Vive Pro 2 etwas irritieren.
    Ohne jetzt weiter groß auszuführen...
    Könnt ihr mir eine Einsteigerkombi empfehlen? Mir geht es primär um hohe Wiederholraten statt enormer Auflösung, was ja bei besseren Settings (sofern ich das richtig verstanden habe) mit meiner Grafikkarte eher mit der Index zu erzielen wäre? Also einfach das Index Set holen oder überwiegt doch der WOW-Moment der ersten Minuten in Alyx mit hoher Auflösung und somit dann lieber die VP2 + 2xSteam Basis + Index Tracker? Sind dort mit meiner Grafikkarte allgemein stabile Frameraten zu erwarten (finde wenige Tests hierzu)? Die 3070Ti ist ja in etwa auf dem Level der hier für den Test verwendeten 2080Ti.
    Bin kompletter VR-Noob und hatte noch nie eins der Geräte auf dem Kopf, primär will ich erstmal Spiele wie Alyx, BeatSaber und Squadrons austesten, das sollte auch stabil & flüssig laufen. Bei Oculus passt mir der Facebook Zwang nicht und bei der Index bin ich mir unschlüssig, da doch schon etwas älter (wenngleich die Lautsprecher besser zu scheinen sein). Ist der Gebrauchtmarkt hier zu empfehlen? Die VP2 lässt sich ja wohl auch besser nachrüsten (Facial Tracker, Eye-Tracking folgt scheinbar noch).
    Mir ist klar, dass das auch sehr viel mit persönlichen Präferenzen zu tun hat.
    Würde mich dennoch über eine Empfehlung freuen.
    Grüße

  2. 4P|Jan hat geschrieben: 30.05.2021 01:00 Okay, kurzes Update zum Mod mit dem Cool XG Foam Replacement Set for Oculus Quest 2 (das schmalere der zwei beiliegenden Polster): Das Gesichtspolster passt recht gut per Klettverschluss an die HTC Vive Pro 2 und das FOV ist durch den geringeren Abstand dann bei mir deutlich besser: Vertikal 90 statt 72 Grad und horizontal 112 statt 96 Grad (also etwa in meinen Index-Bereichen von 106/106, nur breiter und nach oben/unten hin schmaler). Die Probleme im Bereich Binocular Overlap werden dadurch auch etwas kleiner, da sich das Stereo-Bild beider Augen auf einer spürbar größeren Fläche überschneidet (trotzdem noch kleiner als bei Quest 2 oder Index).
    Warnung: Allerdings stößt dann auch meine Nase vorne ans Plastik und die Linsen beschlagen schneller. xD Für mich ist die Mod also nicht praxistauglich.
    Per Mod mit dem dickeren der zwei Cool-XG-Polster sind es vertikal noch 86 Grad und horizontal 108 Grad, doch auch hierbei stößt die Nasenspitze vorne dauerhaft gegen das Gehäuse.
    Zur Einordnung: Meine Nase ist schon eher groß als klein, aber auch nicht wirklich ein großer Zinken. ;)
    Danke für deine breaking news!

  3. Ich werde mit Kabeln nicht mehr warm.
    Wenn man einmal eine Quest hatte, will man wirklich nichts anderes mehr.
    Da bin ich sicher. Auch wenn das Bild besser ist. Die Möglichkeit sich im Raum zu bewegen ist unglaublich.
    Auch als Erfahrung. Also mitten im Spiel sein. Es gibt nichts besseres.
    Aber es muss ja auch jeder selber wissen. :D

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