Im späteren Verlauf wird durchaus deutlich, dass Juergens bei ihrem schauspielerischen Debüt vor allem stimmlich die notwendige Ausdrucksstärke fehlt, um vollständig in ihrem Charakter aufzugehen. Das macht sie allerdings mit einer außergewöhnlich kraftvollen Darstellung und ihrer eindrucksvollen Gegenwart in den Nahaufnahmen wett. Womöglich ist es sogar erst diese rohe, ungebündelte Energie, aus der sowohl Senuas Furcht als auch ihre Stärke als Kriegerin erwachsen.

Halluzinierte Erklärbären

Während man so einer beinahe leibhaftigen Protagonistin folgt, versteht man mehr und mehr, warum sie unter derart ausgeprägten Visionen leidet. Denn Antoniades inszeniert ihren Wahn nicht nur, um Kreaturen und Rätseln einen Daseinsgrund zu verschaffen. Vielmehr war sein Ziel offenbar eine vollumfassende Charakterdarstellung. Immerhin leuchtet er Senuas Vergangenheit über die gesamte Spielzeit hin ausgenommen sorgfältig aus: Er verankert ihre Geschichte mit gesellschaftlichen und religiösen Zusammenhängen, während etwa versteckte Runensteine nicht nur zum aufmerksamen Erkunden einladen, sondern gleichzeitig wichtige Teile der nordischen Mythologie beschreiben.

Etwas zu sehr verliert er sich dabei im Erklären und Beschreiben und Rückblicken, so dass man spätestens gegen Anfang des letzten Drittels mehr einem visuellen Hörbuch lauscht, anstatt durch eine komplett vereinnahmende Welt zu streifen. Viele Rätsel wirken dann auch wie künstliche Hindernisse und nicht wie organische Teile der Erzählung.

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Mit einer speziellen Fähigkeit macht Senua die Wesen der Finsternis erst verwundbar. © 4P/Screenshot

Im Gegenzug versteht man aber, dass Senuas Dunkelheit aus einer natürlichen Disposition heraus entstanden ist, was ihre soziale Prägung damit zu tun hat und wie sehr sie durch traumatische Erlebnisse verstärkt wurde. Und weil Teile ihrer Ängste, allen voran Dunkelheit und Feuer, auch spielerische Hindernisse sind, begreift man ihren aktuellen Zustand nicht zuletzt auf eine Art, die komplett verloren gewesen wäre, wenn wie in den meisten Spielen vielleicht zwei kurze Rückblenden die Kindheit der Figur nur umrissen hätten.

Fluch oder Segen?

Dass Hellblade trotz dieser detailversessenen Glaubwürdigkeit die Magie eines großen Fantasy-Abenteuers verströmt, verdankt es dem erzählerischen Geschick seines Regisseurs und Autors. Zum einen beschreibt er seine Heldin nämlich nie als arme Irre, sondern immer als starke Kämpferin und zum anderen deutet er ihre Halluzinationen als Erweiterung der ganz normalen menschlichen Fantasie und hatte diese Erkenntnis auch im Vorfeld schon hervorgehoben. Da jeder seine Umgebung lediglich interpretiert, anstatt unantastbar „richtige“ Erkenntnisse zu erlangen: Wer weiß schon, wie real unsere Wirklichkeit tatsächlich ist und ob Menschen wie Senua nicht Dinge wahrnehmen, die anderen einfach verborgen bleiben?

  1. Nach meiner kleinen Hitman 3 Session, steht nun Hellblade auf dem Programm.
    Ich habe das Spiel ständig vor mir hergeschoben und dank Corona jetzt damit angefangen. Ich wusste zwar das man eine Verrückte spielt, aber diese Intensität ist wirklich der Hammer besonders mit Kopfhörer erlebt man richtige Gänsehautmomente.

    Spoiler
    Show
    Den ersten Boss diesen Illusion Dämon habe ich gestern besiegt

  2. Aidn hat geschrieben: 28.03.2018 16:26 Und ich bin voll im Thema drin, Nordische/keltische Mythologie, ruhiger Spielverlauf, geniales Charakter-Design, etc.
    Das ist eigentlich alles meins. Darum meine Enttäuschung, die ich schon ausreichend begründet habe.
    Ich glaube, da liegt dein Problem mit dem Spiel, du verkennst das Thema des selbigen und deswegen siehst du Lücken, wo eigentlich keine sind. Das ist, ohne dir zu nahe treten zu wollen, als würde man sich über oben oder unten liegenden Nockenwelle unterhalten und dein Kommentar dazu "ein richtiger Ferrari muss rot sein" wäre. Ich habe zwar auch ein paar Kleinigkeiten vermisst, aber ich fürchte, das sind ganz andere Sachen als bei dir.
    Aidn hat geschrieben: 30.03.2018 14:40 Wenn ich mal genug "krank im Kopf" bin kann ich dieses Spiel sicherlich in vollen Zügen nachvollziehen und genießen. :roll:
    Das Gegenteil dürfte der Fall sein, und das zeigt eigentlich nochmal sehr deutlich, dass du nicht "voll im Thema drin" bist.
    Aidn hat geschrieben: 28.03.2018 16:26 Am Rande: Warum ist heute eigentlich neben dem (weitestgehend) AAA-Rotz von UBI und EA (fast) alles darksoulig.? Warum muss die Herausforderung immer gnadenloser, immer extremer und immer unzugänglicher für Spieler mit geringerem Zeitkontingent werden?
    An dieser Stelle bin ich dann vollkommen verwirrt. Ich bin jetzt weder mit sonderlich viel Zeit gesegnet, noch ein Freund von "Scheitern als Konzept". Bei Senua's Sacrifice sehe ich das allerdings nicht. Zwar hab ich auch hier ab und zu ordentlich eins drüber gekriegt, aber das lag wohl eher daran, dass ich kein übermäßig guter Spieler bin, nicht daran, dass man hier zigmal die Gegner anlaufen muss, um ihre Schwächen zu finden und auch nicht daran, dass man sich über Stunden zig Kombos anlernen müsste.

  3. bnaked hat geschrieben: 15.04.2018 02:12 Gerade die alten Gamer, die mit absoluten Spielkram aufgewachsen sind, tun sich nun schwer damit, das Medium als Kunst zu verstehen.
    Das witzige ist, dass einige hier schreiben, dass sie ja so erwachsen und anspruchsvoll sind, und dann aber Hellblade kritisieren, weil es nicht mehr wie der alte kindliche Spielkram designt ist. ^^
    Hellblade ist schon ziemlich intellektuelle Unterhaltung, da geht es um Metaphern und Symbolik, man muss ständig interpretieren, selbst das Gameplay wird hier interpretiert, und wenn man dann erstmal diesen Wert erkennt, und wenn man erkennt, wie großartig hier alles harmoniert und Sinn ergibt, wie großartig hier Gameplay, Story, Art-Design, Sound und alles andere zusammenkommt und ein starkes Ganzes ergibt, dann ist es nunmal eine Offenbarung.
    Komich komich, ich zocke seit Zeiten des ZX Spectrum und kann den zweiten zitierten Absatz trotzdem nur unterschreiben. Selbst das im Fazit monierte lange Umherlaufen gehört für mich zwingend in das Spiel, genauso wie eben "erzählerisch interessanten Gegenstände zum Aufheben, Begutachten oder Kombinieren für Rätsel" nicht hinein gehören, denn die Monotonie und Einfachheit ist Teil des Gesamtwerkes. Letztendlich kann es also nicht am Alter liegen, wenn man mit dem Spiel nicht klarkommt.
    Btw, ja, Senua's Sacrifice ist in gewisser Weise ein interaktives Erlebnis. Andererseits ist es gut, dass es gleichzeitig "nur ein Spiel" ist.

  4. mr archer hat geschrieben: 21.07.2020 14:52 ABER: Wie kann man einem Spiel 90 Prozent am PC verpassen, bei dem es nicht möglich ist, das Movement frei zu belegen? So etwas ist im Jahr 2017 entwicklerseitig unentschuldbar und kann niemals eine Platin-Wertung erhalten. Zumal Ninja Theorie BIS HEUTE auf die Spielerkritik hierzu pfeift. Hier wurde ganz offensichtlich von Benjamin mit Controller gespielt. Da mag das dann alles schön fluffig laufen. Für mich war der Kampfteil des Spiels wegen der schlechten PC-Anpassung mehr Ärgernis als Thrill. So etwas sollte in einer Review schon Erwähnung finden.
    Hmm, da ich eine Niete am Controller bin, spiele ich zwar immer mit Maus und Tastatur. Dennoch bin ich sicher kein Tastenakrobat, hatte bei diesem Spiel aber keinerlei Probleme.
    Davon abgesehen, ich habe es gerade extra nochmal kurz gestartet, kann ich über Optionen - Steuerung die Tastenbelegung ändern. Nachdem der letzte Patch 2 Jahre alt ist, dürfte das kaum eine neue Funktion sein. Was genau meinst du also mit "das Movement frei zu belegen"?

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