Die Frage der Kompensation

Aber dieses primitive Beutesystem kann man ja theoretisch ignorieren. Das ist nicht ganz leicht, weil man in das bekannte Hamsterrad des Aufrüstens und Verbesserns gesteckt wird – zumal Munition tatsächlich irgendwann knapp und teuer ist, wenn man sich denn auf Fernkampf spezialisiert. Trotzdem ist die inflationär verstreute Beute nicht zwingend ein Killer: Auch andere Spiele wie God of War oder The Witcher 3 konnten so einiges an Defiziten mit der Zeit und vor allem mit anderen inhaltlichen Qualitäten kompensieren. Was hat GreedFall also noch zu bieten? Zunächst einmal eine interessante politische Ausgangslage mit drei Mächten, die sich in einer gewissen Balance ausgleichen.

Da ist die Handelskongregation des Spielers mit seinem königlichen Vetter als neutrale Mitte. Hinzu kommen die im Krieg

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Man kann sowohl seinen eigenen Charakter als auch die Gefährten von Kopf bis Fuß individuell ausrüsten. © 4P/Screenshot

befindlichen Nationen von Thélème und die Brückenallianz, deren Botschafter man im Prolog besucht – beide halten natürlich nichts voneinander. Erstere verbreiten als Missionare den Glauben an ihren einen Gott, bekehren Einheimische und sind dabei ebenso rücksichtslos wie die alte Inquisition. Letztere erforschen als Wissenschaftler die Natur, suchen Rohstoffe und sind dabei ebenso rücksichtslos wie moderne Firmen.

Nicht nur Schwarz und Weiß

Man kann diplomatisch zwischen allen agieren, sich aber schon im Prolog entscheiden, ob man ihnen Ketzer oder Verräter ausliefert. Das scheinbar zweigeteilte Weltbild zwischen Glaube und Wissenschaft erreicht aber nicht die charakterliche und spielerische Verknüpfung wie etwa in Arcanum aus dem Jahr 2001 (zum Test: 82%), wo man ja selbst als Held einen speziellen Weg einschlagen, eine Fraktion unterstützen und

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Was hat es mit der seltsamen Krankheit auf sich, an der die eigene Mutter sterben wird? © 4P/Screenshot

wesentlich offener Rollenspielen konnte. Diese inhaltliche Tiefe erreicht GreedFall trotz einiger Ansätze nicht, aber die ideologischen Differenzen und die menschliche Gier auf allen Seiten wird auf erzählerischer Ebene gut veranschaulicht.

Alle Fraktionen bzw. Protagonisten wollen mehr Macht – vor allem in der neuen Inselwelt von Teer Fradee, in der sie jeweils eine Residenz in Form einer eigenen Stadt besitzen. Was weltanschaulich klar verteilt wirkt, überrascht dann mit inneren Konflikten, so dass nicht nur Schwarz und Weiß, sondern auch moralische Graustufen erkennbar werden. Jede Fraktion, auch die eigene und die Einheimischen, hat ihre Geheimnisse und Intrigen, ihre Gewalttäter und Fanatiker. Auch wenn ich mir noch mehr Konsequenzen und je nach Spezialisierung klarere Tabus bzw. Lösungswege für den eigenen Charakter gewünscht hätte, sorgt die Story, der man spätestens ab der Hälfte aufmerksam folgt, immer wieder für gute Unterhaltung in den Dialogen und der politischen Entwicklung.

  1. So meinen ersten Spieldurchgang habe ich nach 43 Spielstunden und 57 Minuten beendet.
    Gutes Spiel mit interessanten Charakteren, Fraktionen und einer soliden Geschichte, ich würde Greedfall eine glatte 80 % geben, für eine höhere Wertung wirkt vieles einfach nicht zu Ende gedacht, besonders das Leveldesgin ist teilweise einfach merkwürdig.
    Ich werde es definitiv nochmal durchspielen und mit dem diplomatischen Weg sieht man einfach mehr.
    Mein Ende

    Spoiler
    Show
    ich habe Constantin getötet und die Insel mehr oder weniger gerettet, wobei ich Ullan zum Hochkönig gewählt habe und der ist ja bekanntlich den Siedlern freundlich gesinnt, somit ging das fröhliche kolonisieren weiter, immerhin ist es mir gelungen die Inquisition so zu schwächen das der Orden aufgelöst wurde und die Missionare bekehren die Ureinwohner nicht mehr gewaltsam, sondern wollen mit ihnen zukünftig reden, was auch immer das heißen mag

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