Gesten, Dialoge und Konsequenz
Allerdings hat man sich unter der kreativen Leitung von Altmeister Peter Molyneux nicht nur auf Altbewährtes gestürzt, sondern einige neue Ideen einfließen lassen. Das alles jedoch nach der Prämisse “Qualität statt Quantität”. Dementsprechend gibt es im Vergleich zum üblichen Action-Rollenspiel vergleichsweise wenige Missionen. Diese jedoch werden sehr stimmungsvoll transportiert. Überhaupt muss man sagen, dass Erzählstil und -Tempo, natürlich von euch und euren Entscheidungen beeinflusst, angenehm wechseln – ohne euch jedoch irgendwann unter Druck zu setzen.
Von Momenten, in denen ihr anderen aus der Patsche helfen müsst, bis zu Situationen, in denen ihr um das knallharte Überleben und das Bewahren eures guten (oder schlechten) Gewissens kämpft, werdet ihr durch ein ganzes Meer an Emotionen gezogen. Und immer kommt man an den Punkt, an dem man Entscheidungen nicht nur zu treffen, sondern auch zu verantworten hat. Teilweise haben mich diese sogar stärker angesprochen und beeinflusst, als es die Meisterwerke von Bioware geschafft haben.
In einem Punkt kann Lionhead allerdings bei den kanadischen Rollenspiel-Experten lernen: Einem vernünftigen Dialogsystem. Das bereits aus dem Vorgänger bekannte und auch hier eingesetzte Gestensystem erfüllt zwar seinen Zweck und es ist damit in vielerlei Hinsicht auch differenzierter möglich, seine Gefühle zum Ausdruck zu bringen als in Bioware-
Epen. Doch auch die weit reichende Auswahl an Ausdrucksformen kann nicht verhindern, dass ich irgendwann an den Punkt kam, wo ich mir wünschte, dass der namen- und stimmlose Held mir auch die eine oder andere Textmöglichkeit zur Auswahl
Die Kommunikation mit anderen Bewohnern Albions verläuft über ein Gestensystem – Dialogauswahl gibt es keine. |
geben würde. Denn nur über Rülpsen, Tanzen, anzügliche Bemerkungen oder wenig subtile Bedrohungen mit den jederzeit auf die Figur reagierenden Stadtbewohnern zu agieren, verliert auf Dauer seinen Reiz. Hier setzt irgendwann der Oblivion’sche Überzeugungszyklus ein: Man schaut, welche Vorlieben oder Abneigungen die jeweilige Figur hat, bedient ganz gezielt mit ein, zwei Gestenformen eben diese Präferenzen und schwupps: Hat man beinahe schon einen Freund fürs Leben.
Eventuell wäre dies sogar noch ein glaubwürdigeres Mittel, wenn mein Gegenüber oder die Menschenmasse auch in Form von Gesten reagieren würde. Doch da die NPCs meist mit passenden und wie fast alle Texte supersauber gesprochenen Dialogen vertont wurden und ausgerechnet der Held stumm bleibt, entsteht hier ein kleiner Bruch.
Zeitvertreib
Ihr habt keine Lust, der Hauptquest zu folgen? Überhaupt kein Problem. Albion bietet euch zahlreiche Möglichkeit, Zeit totzuschlagen. Ihr könnt verschiedene Jobs (z.B. Holzhacker, Schmied oder Wirt) annehmen und dort mit einem kleinen, unkomplizierten Reaktionsspielchen Geld verdienen. Dieses wiederum dürft ihr nicht nur für Ausrüstung, persönliche Verschönerungen wie Tätowierungen oder eine neue Frisur ausgeben, sondern auch Gewinn bringend in Immobilien anlegen. Denn nahezu jedes Gebäude in Albion lässt sich nicht nur von euch betreten (Vorsicht vor Hausfriedensbruch), sondern auch kaufen. Und ab hier sind wieder Entscheidungen gefordert.
Vermietet ihr das Gebäude oder schmeißt ihr die Bewohner raus, um selber einzuziehen – oder auch nicht? Erhöht ihr die Miete? Senkt ihr sie? Versucht ihr, den gegenwärtigen Besitzer zu töten, um so günstig an sein Eigentum zu kommen? Auch hier sind zahlreiche Gedankenspiele möglich – und dass, obwohl Immobilien & Co nicht einmal zum Kernspiel gehören, sondern nur eine von zahlreichen möglichen, aber nicht aufgezwungenen Aktivitäten und Geheimnissen außerhalb der Hauptgeschichte darstellen.
Wie viel Wert das Team auf die Verknüpfung auch der abwegig erscheinenden Mechanismen legt, zeigt dieses Beispiel: Dass ihr bei einem Ladenbesitzer, der euch Miete zahlt, einen besseren Preis bekommt, scheint logisch. Doch wo ihr eure Sachen kauft, hat einen direkten Einfluss auf die Konjunktur des jeweiligen Gebietes. So könnt ihr z.B. in einem abgehalfterten Städtchen alle Geschäfte und Stände zu einem Spottpreis bekommen. Nun nutzt ihr eure Berühmtheit als Held und kauft wie verrückt dort ein. Dadurch steigt der wirtschaftliche Wert der Region, die Geschäfte gehen besser und euer Anteil an den Einnahmen steigt. Natürlich ist Albion kein Beispiel für eine funktionierende Marktwirtschaft in jeglicher Form, doch auch hier wird deutlich, wie selbst eine kleine Entscheidung, irgendwo seine Heiltränke zu kaufen, im Nachhinein größere Auswirkungen zeigt.
Aber vollkommen gleichgültig, ob ihr euch herrlich beleidigende Gargoyles jagt, versucht, Silberschlüssel ausfindig zu machen, auf Schatzjagd geht, versucht, die Rätsel der neun Dämonentüren knackt, eine Familie gründet und euch um sie kümmert oder eine der unwichtigen Nebenmissionen annehmt: Alles wirkt sehr rund und hinterlässt den Eindruck, dass
selbst Hol- und Bringdienste, die in vergleichbaren Titeln nur noch für ein müdes Lächeln sorgen, hier ein Puzzleteil für die Ausbildung der Psyche meines Alter Egos darstellen.
Falsche Entscheidungen
Angesichts der inhaltlichen Vielfalt, der sozialen und “moralischen” Verknüpfungen sowie dem Fokus auf “Entscheidungen” ist es bedauerlich, dass das Team in einigen Punkten eine wenn schon nicht “falsche”, dann in jedem Fall einige unglückliche Entscheidung getroffen hat.
So sind z.B. die Menüstrukturen hinsichtlich des Inventars sehr unübersichtlich und erfordern unnötig kompliziertes Navigieren. Noch schlimmer ist allerdings die Karte der jeweiligen Gebiete Albions. Zwar sind alle wesentlichen Infos wie Questziel bzw. Ausgang zum Gebiet, in dem das Ziel anzutreffen ist, vorhanden, doch selbst auf großen Bildschirmen (>40 Zoll) wirkt der Kreisausschnitt des Gebietes verschwindend klein.
Viel schwerwiegender ist allerdings, dass angesichts des umfassenden Entscheidungs-/Konsequenz-Zusammenhanges verpasst wird, das Bild einer wahrhaft epischen Welt zu zeichnen.
Damit meine ich weniger die Entscheidung, Albion in zehn Gebiete aufzuteilen, die jeweils an der “Grenze” nachgeladen werden müssen – obwohl die Ladezeit nicht unerheblich ist und an den Nerven zehren kann. Dass ich aber kein Gefühl für die wahre Größe der Fantasy-Welt bekomme, da es keinerlei Übersichtskarte gibt, auf der ich mich zurechtfinden könnte oder die mir anzeigt, wie welche Gebiete zusammenhängen und wo ich hingehen müsste, stößt mir sauer auf. Denn so werde ich nicht nur immer wieder aus der hervorragenden Atmosphäre heraus gerissen, die in den einzelnen Abschnitten durch die Lebendigkeit von Charakteren, Flora und Fauna aufgebaut wird, sondern verliere auch komplett den Bezug zu der Welt.
In modernen Gebieten gesprochen, könnte die eine Mission in Sydney stattfinden, die andere in Berlin und eine dritte wiederum in Johannesburg. So beraubt sich Fable 2 leider etwas des Zaubers, der sich bereits mit dem ersten Einschalten einstellt.
Ich grab das jetzt nochmal auf und frage hier an die Runde, ob das Spiel gut gealtert ist.
Würdet ihr es für die Xbox One empfehlen? Ist mir bei den abwärtskompatiblen Spielen aufgefallen..
Endlich mal wieder ein gutes "westliches RPG"
Dieses "Japano" Genre geht mir schon sowas von auf den Keks.
hammer gutes spiel
wüsste nicht, dass das funktioniert.
Kann man eigentlich immer noch wie im ersten Teil Köpfe der Zivilisten abschlagen und in der Gegend rumkicken? Fand ich damals zugleich lustig aber auch ziemlich krank fürn Spiel ab 12