Familiengeschichten

Dabei ist das Skript grundsätzlich interessant, weil der Plot um die Klüngelei in den Reihen japanischer und chinesischer Clans clever konstruiert ist und als ständig Form und Farbe wechselnde Karotte hervorragend funktioniert. Zudem ist nicht nur der rote Faden um Kazuma, Haruka und ihren Nachwuchs gewickelt; nahezu jede Kurzgeschichte und sogar einige Minispiele machen die Familie zum Thema, sodass die Erzählung kompakt und vielschichtig wirkt.

Mir scheint nur, Sega hätte sich spätestens mit Teil drei damit abgefunden, dass die in Japan extrem erfolgreiche, im Westen aber kaum wahrgenommene Serie weder erzählerisch noch spielerisch große Schritte machen kann und deshalb gar nicht

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Eine gute Idee: Plaudern bei einem Drink. Leider inszeniert Sega die Gespräche aber als Minispiel, das man gewinnen muss. © 4P/Screenshot

erst versucht, beide Aspekte zu modernisieren. Stattdessen wurde die Erzählweise, vielleicht um überhaupt eine Steigerung zu erreichen, zu einer Karikatur ihrer selbst überhöht, während sich das Spiel trotz der erwähnten inhaltlichen Anbindung viel zu offensichtlich nur als Sammlung verschiedener Herausforderungen präsentiert.

Altmodischer Pragmatismus

Symptomatisch dafür ist ein Minispiel, in dem sich Kazuma immer wieder mit den Besuchern einer Kneipe unterhält und so nach und nach Freundschaften knüpft. Das schafft er, indem er mit ihnen Dart spielt, Karaoke singt sowie ausführliche Gespräche führt, in denen er sich an mehreren Stellen für eine Antwort entscheiden muss. Das riecht nach einer Prise Telltale oder gar Bethesda…

… aber der Eindruck täuscht. Die Unterhaltungen haben nämlich in keiner Form damit zu tun, dass man etwa einen selbst gewählten Standpunkt vertritt oder gar unterschiedliche Arten von Beziehungen mit ein und derselben Person aufbauen darf. Ganz profan geht es vielmehr darum, das Minispiel zu gewinnen, indem man möglichst viele der einzig richtigen Antworten findet – Punkt. Bis das klappt, kann man das Gespräch beliebig oft wiederholen sowie jederzeit abbrechen, um es später von vorn zu versuchen. Geschafft ist es auf jeden Fall erst, nachdem man ausreichend viele korrekte Antworten gefunden hat. Mit einer zeitgemäßen interaktiven Dialogkultur hat das selbstverständlich nichts zu tun.

Man muss sich im Klaren darüber sein, dass Yakuza 6 an keiner Stelle den großen Schritt hin zu einer dynamischen virtuellen Welt macht, sondern seine bezaubernde Kulisse mehr als die meisten Open-World-Abenteuer wie ein interaktives Menü nutzt, in dem Herausforderungen immer genau am vorgesehenen Fleck darauf warten angeklickt zu werden.

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Die Minispiele sind toll, manche großartig – eins sticht allerdings aus der Reihe: Der Chat mit sich bis auf die Unterwäsche entkleidenden Damen ist nicht nur erschreckend unsexy, sondern auch spielerisch ein kompletter Rohrkrepierer. Was sich Sega dabei gedacht hat… © 4P/Screenshot

Segas Spielwiese in einer Spielwiese

Und vielleicht liegt es daran, dass es sich so überzeugend natürlich anfühlt, Kazuma durch diese einfach strukturierte Kulisse zu bewegen. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich Yakuza wie einem alten Freund wahrnehme, dem man anmerkt, dass er sein Bestes gibt. Auf jeden Fall habe ich mich mit den krummen Eigenheiten abgefunden – was auf jeden Fall auch daran liegt, dass alleine die Minispiele nach wie vor zum Besten und Umfangreichsten gehören, mit dem man sich in den offenen Welten der Videospielwelt die Zeit vertreiben kann!

Nicht nur das, viele der Aktivitäten wurden sogar gehörig aufgepeppt: im Baseball z.B. die Steuerung verbessert, in den Hostessen-Bars das Dialogsystem komplett erneuert und im Club Sega die Anzahl der Automaten vergrößert. So spielt Kazuma neben Outrun, Space Harrier und Super Hang-On auch Virtua Fighter 5: Final Showdown, Fantasy Zone sowie Puyo Puyo. Ich hatte mich schon immer lange mit den Minispielen beschäftigt, doch diesmal gab es nicht nur ein oder zwei Highlights, sondern gleich mehrere, sodass ich hatte nach Abschluss der Geschichte noch lange nicht genug davon hatte.

  1. bin nun fast durch...Story gefiel mir gut, Minigames gibts echt zu wenig und generell kommt das Spiel ein bissel gerusht rüber: unfertige Bereiche, komisches Kampfsystem im Gegensatz zu vorher (weniger Tiefe) und generell etwas kurz für ein Yakuza Game. Und VIEL zu einfach auf hard, das ist echt witzlos. Aber trotzdem gut, ich bin gespannt wie es ausgeht.
    Denke Kiwami 2 wird das insgesamt rundere Paket und hoffe, das das ganz neue Yakuza mit dem neuen Protagonisten nicht mehr allzu lange auf sich warten lässt

  2. Der Mehrwert würde sich meiner Vermutung nach in sehr überschaubaren Grenzen halten. Das Folgende enthält keine Spoiler, aber eine Beschreibung dessen, worum es grob geht, deshalb für alle Fälle mit Tag:

    Show
    Der sich durch alle Spiele ziehende rote Faden (um etwa eine Hand voll wiederkehrende Figuren, allen voran Haruka) ist nämlich eigentlich recht dünn und dient auch in Yakuza nur als Anstoß. Die eigentlichen Geschichten drehen sich vielmehr um Intrigen und Machenschaften in den Reihen der Yakuza, sind aber in sich abgeschlossen.
    Nur Kazumas Bestreben, sich ein Leben abseits seines Daseins als Tojo-Mitglied aufzubauen, und seine emotionale Bindung an Haruka sind für Yakuza 6 wichtig. Aber ich bin mir eben sicher, dass man nicht die anderen Spiele gespielt haben muss, um beides zu verstehen - was umso mehr gilt, wenn du nach Kiwami 1 die grundsätzliche Konstellation ohnehin schon kennst.
    Abgesehen davon noch mal als Empfehlung für einen Mittelweg: Was in Teil 6 eine halbwegs große Rolle spielt, bezieht sich vor allem auf Teil 1, 3 und 5.

  3. 4P|Benjamin hat geschrieben: 18.04.2018 09:08Der Punkt ist, dass es keine Rolle spielt, wenn man nicht das erste Mal die komplette Geschichte in der "richtigen" Reihenfolge erleben will. Man zockt einfach, worauf man Bock hat, MUSS aber vor 6 kein Yakuza gespielt haben, um das zu genießen.
    Da ich lange gepennt habe, was die Yakuza-Reihe angeht, muss ich da auch mal genauer einhaken:
    Wenn man wie ich mit Yakuza Kiwami eingestiegen ist und mit Yakuza Kiwami 2 weitermachen will/wird, macht es dann Sinn im Anschluss "Yakuza 6" zu spielen (und somit die Teile 3,4,5 außen vor zu lassen)? Ich spreche keinesfalls von der Spielmechanik, da ich schon gehört hatte, dass es keine große Weiterentwicklung gab, sondern alles rein story-bezogen.
    Oder sollte man vor dem 6er auf ein "Yakuza Kiwami 3,4,5" hoffen (oder alternativ die PS3 entstauben und sich diese per PSN Store beziehen).

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