Dieses ermüdende Dé­jà-vu wird dadurch verstärkt, dass sich Kamurocho in mehr als 20 Jahren offenbar kaum verändert hat. Denn obwohl Yakuza 0 im Jahr 1988 beginnt und an der späteren Stelle eines modernen Wolkenkratzers alte Häuser stehen, sehen die Mauern im Wesentlichen wie in den späteren Jahrzehnten der Vorgänger aus. Den Fassaden könnte ich das Überstehen der Zeit dabei sogar nachsehen – dass sich aber selbst die Inneneinrichtung fast aller Geschäfte praktisch nicht verändert haben soll, zerstört die Illusion einer Zeitreise.

Schade auch, dass in den englischen Untertiteln auffallend viele gegenwärtige Begriffe und Redewendungen auftauchen, die zur Zeit der Handlung nicht in dieser Form verwendet wurden. Ganz allgemein vermisse ich an vielen Stellen Anspielungen auf die Zeit. Hält man einen der Vorgänger und Yakuza 0 nebeneinander, wird kaum deutlich, dass sie in verschiedenen Dekaden verortet sind.

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Mit Anspielungen verortet Sega die Schauplätze in der Vergangenheit – insgesamt gleichen die Kulissen denen der Gegenwart aber sehr. © 4P/Screenshot


Dabei statt mittendrin

Immerhin: Die Erzählweise ist über weite Strecken dermaßen altmodisch, dass sie der dargestellten Ära näher ist als dem modernen Videospiel. So blitzt in einigen Filmszenen zwar die Brillanz durch, mit der Yakuza anno 2005 erstmals von sich reden machte, über weite Strecken wirkt der aktuelle Krimi aber schlicht veraltet.

Ich sage das mit einem lachenden und einem weinenden Auge, denn so sehr ich lebensnahe Dramen liebe, so sehr mag die überzogene Dramatik der japanischen Popkultur sowie ihren naiven Blick auf eine Welt, in der Männer Freunde werden, nachdem sie sich praktisch zu Tode geprügelt haben. Dass viele Unterhaltungen als reines Klickwerk nicht eingesprochen wurden, stört mich nicht, die meist starre Kameraarbeit ebenso wenig.

Ärgerlich finde ich allerdings, dass mir die interaktive Regie fast alle Entwicklungen sowohl im Rahmen des roten Fadens als auch der zahlreichen Kurzgeschichten einfach vorliest. Viel zu oft muss ich einen Haufen Bösewichte verprügeln, weil die Action nun mal Spielinhalt Nummer eins ist, trage aber nichts zur eigentlichen Lösung eines Problems bei. Die wird im stattdessen einfach vorgesagt – weil sich alle Beteiligten plötzlich einsichtig zeigen und das

Einige der Minispiele sind auch vom Hauptmenü aus

online oder offline spielbar

.

Die offline spielbaren sind Darts, Poolbillard, das Tanzen-Rhythmusspiel und Bowling. Bei den online spielbaren handelt es sich um Poker, Ma-Jongg und das Würfelspiel Cee-Lo. © 4P/Screenshot

Erschaffen aktiver Spielinhalte vielleicht zu aufwändig gewesen wäre.

Große Probleme, alberner Quatsch

Dabei steht Kiryu ständig im Mittelpunkt eigentlich interessanter Begebenheiten, darunter der Auftritt einer Punk-Band, deren Mitglieder brave Normalos sind, oder die Begegnung mit einem Mädchen, das seine Unterwäsche verkauft. Das sind mal alberne, mal ernste Themen, die dem Gangster-Krimi Farbe verleihen, und mitunter verkündet Sega bei der Gelegenheit gut gemeinte Lebensweisheiten. Doch auch die meisten dieser Nebenmissionen sind übertrieben knapp gefasst. Binnen eines Dialogs bringt Kazuma den vermeintlichen Punkern etwa den Sprech ihrer Zielgruppe bei – schon ist der Auftrag erledigt. Nicht einmal die Tatsache, dass man den Verlauf mancher Unterhaltungen durch die Wahl verschiedener Antworten lenkt, hat auf das

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Doch! © 4P/Screenshot

Ergebnis einen Einfluss.

Zu allem Überfluss werden die Minigeschichten viel zu hastig abgespult: Ich habe nicht gezählt, aber gefühlt werden sie häufiger an Ort und Stelle durchexerziert, wo sie in früheren Yakuza-Spielen an zeitlich und örtlich getrennten Stationen erzählt wurden.
Das Kind im Manne

Als unzeitgemäß empfinde ich außerdem die Charakterzeichnung Kiryus. Denn obwohl er ein taffer Schläger ist, verhält er sich in manchen Nebenmissionen und Minispielen wie ein vergnügtes Kind. Warum tritt er in Filmszenen meist mit einem schlecht gelaunten Stirnrunzeln auf, lässt abseits der zentralen Erzählung aber wie der Held einer Teenager-Komödie albernen Unsinn über sich ergehen? Es wäre ein Leichtes, Erzählung und Spiel zumindest so weit zusammenzuführen, dass sie wie Teile derselben Geschichte wirken. Die Spielewelt hat sich in den vergangenen zehn Jahren verändert hat – Yakuza kam in dieser Zeit jedoch kaum voran.

 

  1. Spiritflare82 hat geschrieben: Das Game ist übrigens der totale Retro Knaller- altbacken ohne Ende mit richtig guter Story, absolut witzigen und beknackten Nebenmissionen und einer Portion Oldschool Brawler
    Finde die Nebenmissionen und die Mini-Games leider eher fad. Teilweise bringen sie mich in Ansätzen zum Schmunzeln (die Nebenmissionen) aber meistens nerven die.

  2. rDy2Die hat geschrieben:Die Yakuza Reihe gibt es locker 15 Jahre länger als GTA wie kann das Spiel dann bitte ein GTA Verschnitt aus?
    Wenn dann ist GTA der Verschnitt.
    Laut meinen Recherchen ist GTA älter. Ist für diese Diskussion aber egal, weil man es dennoch nicht vergleichen kann.
    EDIT: GTA 3 (2001), Yakuza PS2 (2005)

  3. 4P|Benjamin hat geschrieben:[
    und die "albernen" Sidequests eigentlich schon immer dazu gehörten?
    Darauf geht der Text sogar recht deutlich ein.
    Das die albernen Nebenmissionen schon immer dazu gehören, macht sie für mich nun mal nicht besser. Wie beschrieben: Die Spielewelt hat sich in den vergangenen zehn Jahren gerade erzählerisch stark entwickelt - Yakuza tritt allerdings auf der Stelle. Ich mag es trotzdem, sehe aber nicht, weshalb das nicht kritikwürdig sein sollte.

    Komsich, die absolut beschissenen, seelenlosen Nebenquests bei anderen SPielen (FF XV!!!) fallen kaum ins Gewicht, während die liebevoll erzählten bei Yakuza 0 schlecht sein sollen?! Wo genau gibt es denn bessere Nebenquests als hier? In CRPG´s vielleicht, aber die leben auch davon. Die Spielewelt hat sich eben nicht weiter entwickelt in der Hinsicht, sonst würden Spiele wie Final Fantasy XV mit seinen p2w MMO Level Quests keinen Award kriegen.
    Jeder einzelne Nebenquest hier war erinnerungswürdiger als die gesamte Story von FFXV, Mafia 3 usw.
    Abgesehen von Witcher 3 die besten die ich kenne.
    4P|Benjamin hat geschrieben:
    Melcor hat geschrieben:Amerikanische Jugendsprache von '88 ist vom Japanischen Original genauso weit entfernt wie die Jugendsprache von heute.
    Richtig, aber sie würde die Texte zumindest in der richtigen Zeit verorten.
    Dem zufolge könnte ich mich auch darüber aufregen, dass im Witcher 3 die Synchro nicht Mittel-Hoch Deutsch ist.
    DitDit hat geschrieben:
    Spiritflare82 hat geschrieben:
    Würde auch jedem der Persona und co gutfindet empfehlen hier unbedingt mal reinzuschauen- denn letztendlich ist Yakuza auch eine Art von klassischem JRPG, nur halt mit Straßenkämpfen anstelle Rundenbasiertem Kämpfen...
    Für das was es tut wäre es für mich persönlich locker ein 85%+ Spiel, aber das liegt halt im Auge des Betrachters
    überzeugt
    gekauft
    :D
    also nach dem test war ich ja echt skeptisch ob ich mich drann trauen soll weil ich auch kein fan von open world games bin aber nachdem ich die kommentare...

  4. Mein erstes Yakuza Spiel, weil ich letzte Gen nur ne 360 hatte und auf der PS2 ging die Serie irgendwie an mir vorbei...
    Hammer!!! bin hin und weg. Kann mich nicht erinnern, wann mir ein Spiel das letzte Mal ein debiles Dauergrinsen ins Gesicht gezaubert hat. Diese charmant-dämlichen Side-Quests düpieren sogar die Witcher 3 Quests in Sachen Unterhaltungswert (mein bisheriger Favourite: die Sekte, lol) und das Kampfsystem macht richtig Laune, weil es brutal aber nicht typisch westlich brutal ist. Ne Orange in dem Mund eines auf dem Boden liegenden Gegners zu zertreten ist schon stylisch :lol:
    Mir ist auch aufgefallen, dass diese typisch japanischen Spar-Dialoge (also mit Text, weniger Animation, dafür Laute)
    teilwiese besser kommen, als wenn man versucht schlechte Schauspieler zu imitieren, wie es oft in westlichen AAAs der Fall ist. Nach Gravity Rush 2 die zweite schöne Überraschung so früh in diesem Jahr :P

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