Auf die harte Tour?

Doch man muss nicht mal vorher einen Verdachtsmoment hegen oder einfach nur die Geduld verlieren. Wenn man möchte, kann man jede Figur, die einem begegnet, aus heiterem Himmel abschießen – muss dann aber mit den Konsequenzen leben. Und nur selten sind die so glimpflich wie beim eigenen Onkel, der nach seinem gewaltsamen Tod durch den namenlosen Helden als Geist weiter beratend zur Seite steht. Figuren, die Aufträge hätten, die einen dem Ziel näherbringen, können aus der Welt entfernt werden und stehen dann natürlich nicht mehr zur Verfügung. Nimmt man den Bob-Marley-Song als Vorbild und erschießt den lokalen Gesetzeshüter Nummer 1 kann man keine Kopfgelder mehr einstreichen und hat es dementsprechend schwer, sich genügend Geld für neue Ausrüstung in Form von Schießprügeln oder Hüten zu verdienen. Und wer im Stadtzentrum oder im Saloon wild um sich ballert, braucht gar nicht erst versuchen, sich hier wieder blicken zu lassen: Sobald man sein Gesicht zeigt, ziehen die übrigen Bewohner ihre Knarren. Wenn man will, kann man übrigens auf Dauertod schalten, ansonsten verliert man die Hälfte seines mitgeführten Geldes und wacht am letzten Kontrollpunkt wieder auf. Doch Vorsicht: Die Gesinnung der Bevölkerung bleibt auch nach dem Ableben des Helden aktiv.

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Geld kann man sich u.a. mit Kopfgeldern verdienen © 4P/Screenshot

Wer sich hauptsächlich bar jeglicher möglicher Dialog-Diplomatie durch den Westen ballern möchte, muss allerdings auch abseits des dann massiv ansteigenden Schwierigkeitsgrades ein paar Punkte beachten: Geschossen werden kann nur horizontal. Dadurch bekommen die Auseinandersetzungen eine besondere Dynamik, werden aber bei größeren Gegnergruppen unübersichtlich. Zumal die KI nicht sehr clever agiert und mitunter in einem großen Pulk horizontal auf einen zustürmt. Außerdem muss vor jedem Schuss der Hahn in Stellung gebracht werden, während das Nachladen ebenfalls für jede Patrone einzeln passiert, so dass hektische Gefechten zu einer kleinen Klickorgie mutieren können. Zu guter Letzt muss man immer im Kopf behalten, dass der Unterschied zwischen Leben und Tod in der Kopfbedeckung zu finden ist. Trägt man einen Hut, ist der Treffer nicht tödlich – stattdessen wird ähnlich wie bei Doc Brown in Zurück in die Zukunft 3 der Stetson vom Haupt geschossen. Bis zu zwei Ersatzhüte führt der Held mit sich und setzt sie eloquent wieder auf. Und wenn man sich beeilt, kann man seinen dadurch symbolisierten Lebenspunkt-Vorrat auch wieder auffüllen, indem man die Kopfbedeckungen der Gegner aufsammelt und seiner Sammlung zufügt. Alternativ kann man bei Huthändlern auch welche kaufen.

Subtiler Humor


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Man kann überall und (fast) jederzeit seine Knarre ziehen, muss aber mit den Folgen leben (oder sterben). © 4P/Screenshot

Westerado geht sehr selbstironisch mit der Materie „Western“ um und reiht sich irgendwo zwischen dem Mel-Brooks-Film Blazing Saddles und dem bereits erwähnten Zurück in die Zukunft 3 ein, die beide auf ihre Art ähnlich süffisant sowie mitunter sehr subtil Westernmythen aufs Korn nehmen. Allerdings muss man der englischen Sprache mächtig sein und die gut geschriebenen Texte studieren, deren Schrifttyp nicht jedermanns Sache sein dürfte. Es gibt weder Sprachausgabe noch eine deutsche Lokalisierung, so dass evtl. vieles abseits der offensichtlichen Anspielungen wie den Gründer der Stadt Clintville (East Clintwood) verloren geht, wenn man nicht aufmerksam mitliest. Doch egal ob man nun sämtlichen Humor versteht, der die bitterböse Rachegeschichte versüßen möchte oder nicht: Das Zusammenspiel der Pixel-Kulisse und sehr stimmungsvoller Musik-Kompositionen sorgt für ein gelungenes Western-Feeling.

  1. Wurmjunge hat geschrieben: Minimalistische Grafik stört meine Immersion nicht im geringsten, minimalistisches Gameplay auf der Basis umständlicher Bedienelemente dagegen sehr.
    Das ist eben ein wichtiger Punkt, die Spielbarkeit ist halt ein immenser Faktor, auch wenn man oft zuerst auf Umfang, Grafik und Geschichte achtet.
    Ich stimme v3to zu, dass es eine sehr große Herausforderung ist ein funktionierendes Team aufzustellen, also 8bitLegend hat sich da trotz seiner noblen Ansichten in ein Thema verrannt. Es ist ja nicht so, dass nur Eigenbrötler Indie-Spiele machen, denn ein größeres Team frisst doch auch mehr finanzielle Mittel auf, braucht viel mehr organisatorischen Aufwand. Wenn man dann seine ersten Spiele konzipiert wird man schnell mal scheitern, Metascore technisch gesehen.
    Auch erfolgreiche Schwarmfinanzierungen reichen da nicht immer aus, um den ganzen Bedarf zu decken. Es kommt der Punkt an dem man eben Kompromisse eingehen muss um das Ganze endlich fertig zu kriegen. Gerade das Artwork ist ja eine heikle Sache und v3to hat da wie ich finde einen tollen Einblick gegeben.
    Schneller ginge es vielleicht mit richtigen Investoren, aber da ist man hierzulande einfach zu skeptisch oder es fehlt schlicht das Geld.

  2. Luststrolch hat geschrieben:Wenn man es mit Musik vergleichen möchte, dann würde man es wohl mit dem traditionellen Black Metal vergleichen.
    Auch übergreifend ein treffender Vergleich. Jedem seine Zielgruppe.
    Ich für meinen Teil genieße Pixelgrafik selbst auf Großbildleinwand, wenn sie gekonnt umgesetzt wurde.

  3. 8BitLegend hat geschrieben:Der Ansatz heutiger Indies mag vom Selbstverständnis her ein noblerer sein (Selbstverwirklichung statt Trittbrett), das Ergebnis ist dennoch eine Überflutung des Marktes mit einer Vielzahl irrelevanter Nischentitel.
    Es wäre wünschenswert, wenn sich das vorhandene Potential stattdessen bündeln würde. Das muss nicht zwangsläufig in die Überführung in klassische Strukturen münden. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass sich langfristig eine Parallel-Industrie entwickelt, die den heutigen Indies entspringt. Das wird nötig sein, um die skizzenhafte Natur der meisten heutigen Indie-Games zu überwinden und die guten Ideen auf ein Niveau zu bringen, das mit der audiovisuellen Qualität von Großproduktionen mithalten kann.
    Gerade die "irrelevanten Nischentitel" sind doch das tolle an der Indie-Szene und daß die aktuell so boomt wie ich es mir vor wenigen Jahren nicht hätte vorstellen können, liegt vor allem daran, daß es eine unheimliche Menge eben doch relevanter Nischen zu besetzen gibt.
    Der Anspruch auf eine auf dem aktuellen Stand der Technik bestmögliche audiovisuelle Präsentation hat ja erst dazu geführt, daß mit der Zeit immer mehr und mehr Nischen unbesetzt blieben.
    Ich denke es ist die Masse der Indieproduktionen, die Spielentwicklung wieder zur Kunstform erhebt, das breitere Spektrum ermöglicht erst die herausragenderen Werke.
    Aus der Not, mit geringsten oder gar keinen finanziellen Mitteln und den dadurch begrenzten technischen und personellen Möglichkeiten, eine Tugend zu machen und mit inhaltlichem und stilistischem Eigensinn und Schlüssigkeit , also mit stärkerem künstlerischen Ausdruck zu punkten - ich finds klasse, daß der Markt das aktuell hergibt und hoffe darauf, daß diese Phase noch ein paar Jahre anhält.
    Nichtsdestotrotz würde mir persönlich Westerado mit mausgesteuertem gezielten Schießen wohl wesentlich mehr Laune bereiten, ich werde mit den Kämpfen einfach nicht warm, das ist mir eindeutig zu viel des Guten....

  4. USERNAME_1494092 hat geschrieben:
    8BitLegend hat geschrieben:Klar - Reduktion ist immer dann ein Stilmittel, wenn einem technologisch gesehen aufwändigere Optionen zur Verfügung stehen. Was mache ich als Komponist, wenn ich keine Band und schon gar kein Orchester zur Verfügung habe? Ich kann hochqualitative Sample-Libraries nutzen und versuchen mich an eine entsprechende Referenz-Qualität heranzutasten.
    Und hier scheinst du meine posts nicht verstanden zu haben oder nicht verstehen zu wollen:
    Bleibe ich in deinem beispiel mit dem orchester entsteht pixel art eben oft so, dass Quasi das volle orchester aufgenommen wird und danach schritt für schritt zu chiptune dekonstruiert wird. Hier also davon zu reden, dass manchen pixel artists bestimmte sachen nicht zur verfügung stehen oder so etwas nicht können ist einfach falsch bzw. mangelnde kenntnis der materie. Ich hab schon mit leute zusammen gearbeitet die über 20 jahre im business sind, bei firmen wie Capcom und EA waren. Diese leute sind mit der industrie gewachsen und machen dir unglaublich gute highres art, wenn sie müssen. ihr herz schlägt aber insgeheim für pixel art. Und manche gehen beim erstellen dieser eben den beschriebenen langen weg über highres zu pixel weil das gerade bei den großen japanischen firmen früher so praktiziert wurde und sie es so gelernt haben. man hat dann am ende schon fast 2 grafik sets. Hier also davon zu sprechen, dass jemanden bestimmte techniken, fähigkeiten oder mittel nicht zur verfügung stehen ist falsch. es ist eine bewusste styl eintscheidung, die oft mehr arbeit ist und wesentlich mehr können abverlangt.
    Mir kommt es so vor, als ob du diesen punkt bewusst überspielst, um deine argumentation aufrecht zu erhalten obwohl sie einfach nicht richtig ist. aber ich denke argumentieren ist wohl einfach eine verlorene tugend...
    Wenn man es mit Musik vergleichen möchte, dann würde man es wohl mit dem traditionellen Black Metal vergleichen. Dort könnten (gerade die erfolgreicheren...

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