Ein Spielprinzip für die Ewigkeit

Der City-Builder Pharao ist ein Klassiker, dessen Mechanik auch 2023 noch richtig gut funktioniert. Punkt. Auf den geistigen Nachfolger von Ceasar 3 lasse ich nichts kommen, denn die komplexe Konstruktion von lebenswerten Städten der ägyptischen Antike, gigantischen Monumenten und schlagkräftigen Armeen erzeugt bei mir nach wie vor eine unfassbare Sogwirkung. Und das gilt uneingeschränkt auch für das Remake A New Era, welches den Klassiker von Impressions Games generalüberholt. Aus dem Nichts des Wüstensandes stampfe ich Straßen und Häuser, umsorge meine Bewohner mit Feuerwehr, Statikern und Polizei, richte Arztpraxen und Gotteshäuser ein. Ich muss für Unterhaltung sorgen sowie Nahrung und Arbeitsplätze beschaffen – letztere werden vor allem in der Industrie der Frühzeit geschaffen, also bei Keramik, Papyrus, Bergbau oder Ziegelei.

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Leben wie Osiris im alten Ägypten: Bei Pharaoh – A New Era plane ich ganze Städte. © 4P/Screenshot

Die Lebensmittel-Versorgung hängt oft von der Gunst des Nils ab, der über Jahrtausende mit seiner fruchtbaren Flut die Lebensader des unwirtlichen Landes darstellte. Dazu muss ich vorgelagerte Farmen betreiben, die regelmäßig überschwemmt werden. In der Flut-Zeit muss die Nahrung also in großen Lagern vorgehalten werden, damit meine hungernde Bevölkerung nicht von Dannen zieht. Dazu kommen Luxusgüter wie Bier, Management von Steuern und Ausgaben, Handel mit fernen Städten in anderen Landesteilen und die Armee, die meine blühende Stadt gegen fiese Aggressoren verteidigt.

Komplex und belohnend


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Im Einklang mit dem Takt des Nils: Die Felder rechts werden regelmäßig überflutet. Dann muss ich genug Nahrung in den Lagern bis zum Frühjahr haben. © 4P/Screenshot

Das Jonglieren von Warenketten, Dienstleistungen, Lagerfläche und Anforderungen ist nach wie vor wahnsinnig komplex und wird von einer durchaus knackigen und ordentlich umfangreichen Kampagne flankiert, die mich immer wieder mit neuen Herausforderungen und Einschränkungen konfrontiert. Mal greifen wiederholt aggressive Beduinen an, mal muss ich fast alle Rohstoffe importieren. Langweilig wird es hier selten. Dazu kommen im Remake die Szenarien der Erweiterung Cleopatra, die die Anzahl der spielbaren Karten auf 53 anwachsen lässt. Gleichzeitig sind auch immer noch alte Probleme mit dabei: Die zufälligen Laufrouten der Träger lassen sich nur durch Sperren indirekt beeinflussen, was bei wichtigen Versorgungsgebäuden schnell nerven kann. Hier ist der geistige Nachfolger Nebuchadnezzar etwas weiter. Immerhin lässt sich der Arbeitsmarkt im Remake so vereinfachen, sodass jetzt alle angeschlossenen Gebäude Arbeitskräfte finden – und nicht erst mühsam rekrutieren müssen. Das ist eine schlüssige Vereinfachung eines ohnehin umfangreichen Spielprinzips.

Die echte Kür von Pharao, sind aber die alles überragenden Monumente, die im Spiel eine echte Herkulesaufgabe darstellen und Unmengen von Zeit, Ziegeln und Arbeitskräften verschlingen. Zur Hochphase des ägyptischen Reiches schufen die Baumeister beeindruckende Bauten wie die Jahrtausende überdauernden Pyramiden, die mit ihrer glänzenden Spitze und weißer Marmor-Verkleidung einen unvergleichlichen Anblick geboten haben müssen. Nur um die monumentale Wucht in einen Kontext zu setzen: Wenn zu Christi Geburt jemand in Gizeh die Pyramiden bestaunte, war er zeitlich vom Bau so weit entfernt, wie wir heute von ihm. Irre.

Kein gelungenes Facelift


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Neuanfang am Nil: Hässlich ist das Remake sicher nicht. Der Grafikstil verliert aber im Vergleich zum Original stark an Charakter. © 4P/Screenshot

Ganz so alt wie die Pyramiden ist Pharao natürlich nicht, aber der technische Unterbau aus dem Jahre 1999 konnte eine Frischzellenkur dennoch gebrauchen. Immerhin lief der 2D-Aufbau nur in 4:3 und in aus heutiger Sicht niedrigen Auflösungen. Zusätzlich entstammte das Nutzer-Interface einer Periode, in der man atmosphärische Symbole und unleserliche Schriftarten statt klarer Icons und eindeutiger Fonts nutzte. Und hier liefert das Remake a New Era auch zeitgemäß ab. Alle gängigen Auflösungen werden unterstützt, die Menüs sind klar entzifferbar, alle Texte sind gut zu lesen – und aus den eher matschig anmutenden Pixeln werden knackscharfe Gebäude. Letzteres ist allerdings Fluch und Segen zugleich. Denn: ich bin zum Teil kein großer Fan des neuen Looks von Pharaoh – A New Era.

Klar: Die 2D-Renderings der Landschaft, Gebäude und Wege sind vermutlich näher am Konzept-Ausgangsmaterial als die Darstellung von 1999. Trotzdem geht eben richtig viel Charakter verloren, wenn eine Kulisse dermaßen glattgezogen wird. Eben ein bisschen wie ein Bisschen-zuviel-Botox-Lifting, bei dem mit jedem Fältchen irgendwie auch das Gesicht des Menschen verschwindet. Gleichzeitig sind die Bilder nicht hoch genug aufgelöst – zoome ich in WQHD sehr nah ran, wird’s leicht unscharf. Das ist schwach, da man 2023 auch mit 4K-Auflösungen rechnen muss. Dazu kommt, dass die Figuren dramatisch im Stil geändert wurden. Was zuvor zwar auch irgendwie knuffig aber trotzdem noch halbwegs realistisch anmutete, ist in A New Era durch großäugige Riesenkopf-Comicfiguren ersetzt worden. Und das funktioniert für mich visuell einfach nicht. Pharao ist, bis auf ein paar Beschreibungstexte, ein verhältnismäßig ernsthaftes Spiel. Da passen alberne Comic-Bewohner nicht so richtig ins Gesamtbild.

Sparmaßnahmen im Detail?


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Ameisenkrieg: Die in separaten Fenstern gezeigten Schlachten funktionieren irgendwie nicht richtig. Die Ergebnisse werden aber immerhin korrekt ermittelt. © 4P/Screenshot

Das ist aber nicht das einzige Problem mit der neuen Kulisse. Wie bereits erwähnt wurde die Schriftart angepasst – allerdings auch dermaßen vergrößert, dass die ständigen Pop-Up-Nachrichten den ganzen Bildschirm füllen. Außerdem verdecken Missionsziele oder Warnhinweise im oberen Bereich einen ganzen Teil des Spielbildschirms. Das ist nervig – und überflüssig. Warum kann ich hier die Größe der Elemente nicht manuell anpassen? Störend ist außerdem, dass die im Original vorhandene Mini-Karte verschwunden ist. Warum? Keine Ahnung. Jetzt bin ich sehr viel mit Scrollen beschäftigt, um Dinge auf großen Maps wiederzufinden. Doch die größte Enttäuschung ist, dass sich die Kamera nicht mehr in 90-Grad-Schritten drehen lässt. Ja, auch im Original war die Funktion gut versteckt, aber in A New Era ist sie schlicht weg. Auch hier kann ich nicht sagen, warum eigentlich. Bei so manchem Bauprojekt hätte ich mir eine andere Perspektive aber deutlich mehr Sicht auf meine Pläne gegeben.

Größere, sichtbare Bugs oder Abstürze hatte ich im Test nicht zu verzeichnen, von fragwürdigen Geher-Laufwegen mal abgesehen. Außerdem stimmen die auf einem separaten Kampfbildschirm gezeigten Schlachten nicht mit dem Ergebnis überein – das lässt sich aber mit einem Klick überspringen. Vom Übergang der Test- zur Release-Fassung sind allerdings alle meine Speicherstände verschwunden. Ein nicht unüblicher Vorgang – allerdings las ich im Netz, dass wohl auch Spieler von kaputten Speicherständen berichteten. Seit Release gab es keine Fehler mehr, ganz auszuschließen ist das in der Zukunft aber nicht.

  1. Fargard hat geschrieben: 25.02.2023 17:15 Ich warte noch, ob/was/in welcher Geschwindigkeit sie noch patchen. Wenn das gut ist, wird gekauft, sonst halt probiert, ob mein altes Original noch läuft :)
    ich werde irgendwann in einem Sale dann auch bestimmt mal zugreifen, wenn es nochmal poliert wird. Das habe ich damals schon ordentlich gesuchtet. Ist die Frage, ob es dann über ein wenig Retro Feeling hinausgeht bei mir und die gleiche Sucht wie damals erzeugt. :-)

  2. Ich warte noch, ob/was/in welcher Geschwindigkeit sie noch patchen. Wenn das gut ist, wird gekauft, sonst halt probiert, ob mein altes Original noch läuft :)

  3. So sehr mir das Setting gefällt, das Micromanagement schreckt mich dann doch ab. Es kann doch nicht so schwer sein ein vernünftiges Aufbauspiel auf die Beine zu stellen. Nehmt die Bedürfnisse zur Erweiterung eines Anno mit Siedler 2. Fertig. :(

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