Exotischer Power-Zwerg

 

Wer im Deutschland der 1980er und 1990er Jahre Kind war und sich in dieser Zeit ins Video- und Computerspielen verliebt hat, der wird die damit verbundenen Geräte wohl nie vergessen: NES und Game Boy, C64 und Amiga, Mega Drive und Super Nintendo. Pixelige Grafik, piepsiger Sound, kaputte Joysticks, Reinpusten in Module. Doch nur die, die Ende der 1980er schon Hardcore-Zocker waren und über die finanziellen Mittel verfügten, Importspielen nachzujagen, kennen das Gefühl, das Japanern bereits 1987 die PC Engine bescherte. Alle anderen müssen wohl oder übel glauben: Das Ding war eine Sensation!

 

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Das Hauptmenü ist ähnlich dem anderer Mini-Konsolen – lediglich der Switch zwischen Japan- und US-Software (das Icon ganz rechts unten) ist einzigartig. © 4P/Screenshot

Nur ein Jahr nachdem in Europa das olle NES aufschlug, ermöglichte der 16-Bit-Grafik-Chip der PC Engine bereits deutliche feinere Grafiken, fast ohne Sprite-Flackern und mit bunterer Farbpalette. Oftmals waren die mit Abstand besten Arcade-Ports jener Zeit auf der PC Engine zuhause! Fabrikant NEC, in der zweiten Hälfte der 1980er der weltgrößte Chiphersteller, hatte zusammen mit dem Spiele-Spezialisten Hudson Soft ein 25.000 Yen (ca. 140 Euro) teures Gerät auf die Beine gestellt, das auch aus heutiger Sicht rundum erstaunlich ist: Es maß nur 14 x 14 x 4 cm (das entspricht circa 4 aufeinander gelegten CD-Hüllen) und wurde mit Spielen auf HuCards gefüttert – das waren circa Kreditkarten-große Speicherkarten. Sega hatte beim Master System mit den Sega Cards anfänglich auf ein ähnliches Speichermedium gesetzt. Die PC Engine war in Japan richtig erfolgreich und e

in ernstzunehmender Herausforderer für Nintendo und Sega – das Gros der sieben Millionen verkauften Gerät ging im Mutterland über den Ladentisch. Dort erschienen auch zahlreiche Updates, Add-ons und Spezialvarianten: Neben einem CD-ROM-Laufwerk, das bereits 1988 erhältlich war (!) und diversen äußerlichen Unterschieden (Form, Farbe) gab es z.B. eine Version mit verbesserter Grafik-Hardware (SuperGrafx) oder integriertem Laufwerk (PC Engine Duo). Sogar zwei Handheld-Versionen erschienen in Fernost 1990 bzw. 91: Die PC Engine GT wirkte wie ein bulliger schwarzer Game Boy, die graue PC Engine LT mit ihrer Klapp-Funktion wie der Urahn des Game Boy Advance SP. In die USA kam die PC Engine übrigens, in größerem schwarzen Gehäuse und leidlich erfolgreich, als Turbo Grafx-16 auf den Markt, in Europa war das Gerät aufgrund der schwachen Performance in Nordamerika nur in sehr geringer Stückzahl in England und Spanien erhältlich.

 

Exklusive Neuauflage

 

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Schlichtes Karton-Design, guter Inhalt: Neben dem Gerät und einem Pad (mit drei Meter Kabel) liegen HDMI- und USB-Kabel plus eine Anleitung bei. © 4P/Screenshot
12 x 11,5 cm misst die vor mir liegende, graue Variante der PC Engine Mini – „PC Engine Core Grafx Mini“ prangt auf dem Karton. Das Gerät gibt es nämlich in drei Varianten: Japaner erhalten eine kleine weiße PC Engine, Amerikaner die der Turbo-Grafx-16-Form nachempfundene, schwarze Variante Turbo Grafx-16 Mini und wir Europäer eben die 4Players vorliegende, graue PC Engine Core Grafx Mini. Das Gerät stammt von Konami, weil die seit knapp zehn Jahren alle Markenrechte des ehemaliger Entwicklers Hudson besitzen, und wird exklusiv über den Versandriesen Amazon vertrieben. Allerdings nicht in Deutschland (wir berichteten), sondern nur in drei europäischen Ländern: England, Frankreich und Italien. Aufgrund der Corona-Krise konnte der ursprünglich für März anberaumte Release nicht eingehalten werden, mittlerweile ist das schicke Teil aber immerhin über amazon.co.uk für 100 Pfund (112 Euro) erhältlich.


Die Liste der enthaltenen Spiele ist lang – und etwas komplizierter als wir es von Mega Drive Mini & Co. gewohnt sind: 51 unterschiedliche Titel sind auf der europäischen Variante enthalten. Die teilen sich, auch im Menü, in zwei separate Lager auf: japanisch und englischsprachig. Die Sektion „japanisch“ umfasst 32 Titel, trotz der Sprachbarriere sind die meist tadellos spielbar: Hüpfspiele und 2D-Shooter zum Beispiel. Von den enthaltenen Rollenspielen oder Kojimas frühem Adventure Snatcher lässt sich dies freilich nicht behaupten – dafür erfahrt ihr in unserem Rückblick, warum das eines der besten Cyberpunk-Spiele ist. Die Sektion „englischsprachig“ umfasst 25 Spiele, darunter auch storylastige RPGs oder Action-Adventures z.B. Ys Book 1&2 oder Neutopia. Wer jetzt flugs 32 und 25 addiert, kommt natürlich nicht auf die weiter oben proklamierte Summe von 51 Titeln – das liegt aber lediglich daran, dass sich einige Titel in beiden Lagern doppeln. Eine komplette Liste findet ihr auf Konamis offizieller Produktseite.

  1. ;sabienchen hat geschrieben: 28.06.2020 11:08 Ist nun angekommen.
    Heute Abend wird das gute Stück (vermutlich) ausprobiert. ..^.^''
    Und? Ist der Plastikschrott schon langweilig geworden? 😆
    Habe hier noch NES, SNES Mini und Neo Geo X rumliegen. War ein Abend lang ganz lustig, danach Staubfänger.

  2. Hans_Wurst80 hat geschrieben: 18.06.2020 08:30Damals konnte ich die Spiele dieser Konsole höchstens in der Video Games bildhaft anschmachten
    Ja genau :lol: so wars bei mir auch, wie alt war ich da ... so 7 oder 8 oder so? Das ging völlig über meine Vorstellungskraft hinaus, dass es da diese mythische Konsole geben soll, die hier unmöglich zu bekommen sein soll.
    Rückblickend sowas von überhaupt kein Verlust, so wirklich was zu bieten hatte das Teil nun echt nicht - abgesehen vom vermutlich besten 16 Bit Castlevania (streiten sich die Leute immer noch, welches der 3 es sein soll, ob Rondo, Super oder Bloodlines) und Shmup über Shmup über Shmup (von denen es auf den beiden anderen Konsolen, gerade auf dem Mega Drive, ebenfalls mehr als genug hervorragende Titel gab, Aleste, Thunder Force, R-Type ...).
    Technisch/grafisch sehen die übrigen Spiele nun auch eher wie ein Zwischenschritt von 8 und 16 Bit aus.

  3. HellToKitty hat geschrieben: 18.06.2020 14:04
    Fox81 hat geschrieben: 17.06.2020 18:19 Von Konamis Seite aus ist das aber sicher nicht vorgesehen.
    Wenn das nicht (inoffiziell) vorgesehen wäre, gäbe es sehr einfache Möglichkeiten dies hardwaretechnisch zu verhindern, bzw. extrem zu erschweren. Die einfache Modbarkeit der Minikonsolen ist Kalkül, seitens der Hersteller.
    Das kann man natürlich so Interpretieren.

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