Civilization im alten China
Dabei bietet die Rundenstrategie im alten China im Kern kaum mehr als eine Variante der klassischen Civilization-Mechanik. Rundenweise errichte ich auf Hexfeldern Städte, baue diese mit Militäranlagen oder zivilen Gebäuden aus, achte auf Nahrungseinkommen, Bevölkerungswachstum, Zufriedenheit von Bauern und Adligen und versuche mit einem Verhandlungssystem, das nur unwesentlich mehr Möglichkeiten bietet als die der Konkurrenz, einen diplomatischen Vorteil zu erlangen. Jeder der einen Teil der Civ-Reihe gespielt hat, findet sich in kürzester Zeit zurecht, denn sowohl der Stadtausbau als auch der Fortschritt in der Forschung, die in vier Unterbereiche unterteilt ist, funktioniert sehr ähnlich. Unabhängige Städte oder abwechslungsreiche Quests wie bei der Konkurrenz gibt es hier allerdings nicht. Es regiert einzig das 4X-Prinzip aus Erkundung, Kolonisierung, Ausbeutung und totalem Krieg, bei dem der Sieg allerdings auf verschiedene Weisen, darunter auch Kulturpunkte, erreicht werden kann.
Spannend ist das Ausheben von Armeen, die in Stapeln ähnlichen denen der Total-War-Reihe bewegt werden. Dieses kostet nämlich nur Geld und einen Pool von kampfbereiten Rekruten, der über Gebäude wie den Palast oder die Kaserne vergrößert werden kann. Zeit spielt bei der Mobilisierung von Truppen keine Rolle, sodass bei entsprechendem Füllstand der Staatskasse auch in bedrohten Städten schnell sehr große, im Unterhalt unfassbar teure Armeen hochgezogen werden können. Auf diese Weise fordert Oriental Empires weniger die Errichtung eines großen stehenden Heeres, sondern das Vorhalten eines Armee-Potentials, welches im Kriegsfall blitzartig mobilisiert werden kann. Das fordert ein Umdenken von der gewohnten Total-War-Mechanik und sorgt für eine gewisse Unwägbarkeit bei der Einschätzung der militärischen Stärke feindlicher Fraktionen.
Taktische Rundenschlachten
Auch die Kämpfe weichen deutlich von der Vorlage ab – hier kombinieren die Entwickler von Shining Pixels nämlich die Rundenmechanik von Civilization mit der epischen Heeresgröße von Total War. Die Schlachten laufen zudem zwar automatisch ab, können aber mittels rudimentärer taktischer Vorgaben wie das Bilden von Schlachtreihen und Flankierungsmanövern im Vorfeld beeinflusst werden. Zudem beschränken sich die Scharmützel nicht nur auf ein einzelnes Hexfeld, sondern können auch mehrere Stapel sowie die weitere Umgebungen von Siedlungen einschließen.
Aufgrund der insgesamt eher schwachen Kulisse sind die Schlachten allerdings bestenfalls auf dem Niveau von Rome: Total War aus dem Jahre 2004. Zudem werden viele der taktischen Anweisungen nur halbherzig berücksichtig und es fehlt an übersichtlichen und detaillierten Rückmeldungen zum Erfolg einzelner Maßnahmen. So bleibt einem häufig nur übrig, den Angriffsbefehl zu erteilen und das Beste zu hoffen, zumal man nicht auf relevante strategische Änderungen auf dem Schlachtfeld reagieren kann – z.B. wenn weitere Truppen des Feindes auftauchen. Hier wäre ein Echtzeit-Kampfsystem im Stile eines Total War deutlich sinnvoller gewesen, denn so werden die guten Kampf-Ansätze schnell zu einer lästigen Pflichtübung.
Fehlende Übersicht
Generell schweigt sich Oriental Empires zu sehr über wichtige Statistiken des Spielablaufs und des eigenen Imperiums aus oder versteckt sie hinter Mouseover-Einblendungen, die pixelgenau angesteuert werden müssen. So kann ich z.B. nur sehen wie wertvoll eine Handelsroute genau ist, wenn ich mit der Maus darüber verweile – wieso kann ich mir das nicht in einem Untermenü der jeweiligen Stadt differenziert und präzise aufschlüsseln lassen? Auch fehlt es an einer visuellen Rückmeldung, welche Städte und Zielhäfen mit einer Handelsroute verbunden werden, wenn ich einen Hafen an der Küste errichte. Hätte man da nicht einfach einen grafischen Hinweis einbauen können?
Auch über wichtige Informationen wie die notwendigen Gesamt-Siegpunkte oder die Stärke der Kultur gibt es entweder keine Angaben oder man zeigt sie in winzigen Zahlen am Bildschirmrand, während man bei der Auschlüssung der Unzufriedenheit bestimmter Bevölkerungsgruppen große Anteile hinter kryptischen Begriffen wie „lokale Gegebenheiten“ versteckt, die mir bei der Behebung der Probleme in etwa genauso viel helfen wie ein eingeblendetes „Deal with it“.
EDIT: Ich habe aber afaik nur das Basisspiel von EL. Kann sein, dass die DLCs da noch ordentlich Gameplay-Elemente mit sich bringen.
EDIT 2: Was so für Zwischendurch recht amüsant ist, ist Warlock: Master of the Arcane. Das hat mich damals echt begeistert, weil man da richtig guten Progress machen konnte. Feindliche Monster / Rassen konnte man quasi annektieren und später selbst als Einheiten ausbilden, was einem eine richtig krasse Armeen-Variation einbrachte mit Werwölfen, Skelettmagiern usw.
Endless Space 2 nicht vergessen! Das ist für mich der aktuelle Maßstab hinsichtlich 4X - das spiel ich immer noch. Die Amplitude Studios sind jedenfalls der aufstrebende Vorzeige-Entwickler in diesem Genre neben Stardock. Nimmt man Galactic Civilizations 3 und Stellaris hinzu, passiert da doch recht viel im guten Bereich.
Apropos: Falls es eher Fantasy-4X sein soll, kann ich Sorcerer King wärmstens empfehlen, das einen kreativen Ansatz in der Ansprache hat; man fühlt sich fast von der teuflischen KI beobachtet: http://www.4players.de/4players.php/dis ... _King.html
Wieder so ein 79er Titel. Das 4X Genre wird praktisch dominiert von derartigen Spielen. Ich wünsche mir wirklich mal wieder ein durch und durch überzeugenden Titel. Am Ende des Tage lande ich stets doch wieder bei Civ V .