Altmodisch
„Warning: This game does not contain microtransactions!“ Mit diesem sympathischen Satz heißt der Twinstick-Shooter sein Publikum willkommen. Und mit einem sehr abstrakten Pixel-Look, den die Macher selbst als „1-Bit-Grafik“ bezeichnen. Was durchaus Sinn ergibt, denn man sieht stets nur zwei Farben gleichzeitig auf dem Screen: eine für den leeren Hintergrund und eine zweite für das eigene Schiff, Schüsse und Feinde. Klingt nach überschaubarem visuellem Input, doch wer im Menü den Punkt „shake when firing“ anhakt und zusätzlich „chromatic abberation“ (ein typischer Abbildungsfehler von Linsen, der für unschöne Farbsäume sorgt) aktiviert, der stößt nach spätestens 30 Minuten an seine Belastungsgrenze. Das Zusammenspiel von großem TV, Dauerfeuer, hoher Feindzahl und schmutzig-roher Pixelgrafik macht Null Drifter auf Dauer zu einem körperlich anstregenden Erlebnis!
Im Kern bietet Entwickler Panda Indie Studio eigentlich nur seine, sehr moderne Version des Kult-Automaten Asteroids an. Der Arcade-Hit schickte 1979 ein dreieckiges Raumschiff in den Kampf gegen heranrauschende Felsbrocken – und er sieht dank seiner gleißenden Vektorgrafik auch heute noch cool aus. In Null Drifter lenkt man ebenfalls ein kleines dreieckiges Schiff, kann aber in typischer Twinstick-Shooter-Manier während der Bewegung munter in alle Richtungen feuern. Dazu gesellt sich ein kurzer, aber lebenswichtiger Dash-Move, der einen feindliche Kugeln durchfliegen lässt und zudem als tödliche Rammattacke gegen Standardfeinde fungiert.
Schnelle Runde
Ein Durchlauf in Null Drifter umfasst nur wenige Minuten – wer in den letzten Jahren z.B. Downwell, GoNNER, Thoth oder Atomik: RunGunJumpGun gezockt hat, ist diesen Rhythmus vielleicht schon gewohnt. Während dieser Minuten wirft das Spiel einem alles entgegen, was es aufzubieten hat: zuckende Pixelmonstrositäten, wilde Schussmuster, nervige Mini-Feinde. Jedes Level dauert 20, 30 Sekunden, inklusive Bossfight. Man feuert, weicht aus, sammelt Kohle und Items auf, behält die Anzeige für Lebenspunkte links oben im Auge und freut sich über die kleinen Ausrufezeichen am Bildrand, die ankündigen, aus welcher Richtung der nächste Feind naht. Von Level zu Level halten selbst die kleinen Feinde mehr aus, der Bildschirm wird immer dramatischer mit Bullets geflutet.
Da kommen die erwähnten Aufsammel-Items gerade rechts: Die pimpen Schussgeschwindigkeit und -stärke, geben euch eine bessere Waffe, füllen die Lebensleiste wieder auf (fast jeder Boss hinterlässt ein Energie-Item) oder gewähren beim nächsten Einkauf einen Rabatt. Trotzdem ist meist nach ein paar Spielstufen Schluss – am Anfang freut man sich schon über das Erreichen von Level 5, später tanzt man auch in Level 13 (einigermaßen) elegant durch die Kugelteppiche. Was Null Drifter hervorragend gelingt, ist das kleine Belohnungsgefühl am Ende einer Runde: Mit der aufgesammelten Kohle kann man sich fast immer ein kleines Upgrade leisten, das einen dauerhaft verstärkt: höhere Fluggeschwindigkeit, schnelleres Aufladen des Ausweich-Dashs, mehr Feuerpower zum Start. Dazu gesellen sich temporäre Boni, die nur für die nächste Runde gelten: zum Beispiel einmalig mehr Kohle ernten oder aber den Level-10-Bug freischalten. Wer letzteres tut, freut sich im nächsten Durchlauf nach der zehnten Stage auf den geheimen Endboss. Allerdings müsst ihr dann auch soweit kommen – geht man im siebten Level drauf, hat man das Ticket zum Level-10-Boss umsonst gelöst.
Obendrein erhöhen die Entwickler die Langzeitmotivation mit einem simplen Kniff: Regelmäßig werden neue Farbschemata freigeschaltet (besucht dafür gerne unsere Bildergalerie). Das ist banal, verhindert aber Langeweile – nach zehn Minuten in der schwarz-weißen Kugelhölle ist es schlicht erfrischend, die nächste Runde in geld-roter oder orange-grauer Dualität anzugehen. Ach ja: Null Drifter erschien bereits 2019 auf Steam.
Das Game finde ich als alter "Shmupper" relativ gut, vor allem weil es schnell zur Sache geht. Und der kleine Preis ist auch fein.