Der zweite Durchlauf

Es hat gedauert, aber beim erneuten Durchspielen der zahlreichen Haupt- und Nebenmissionen habe ich mir bewusst Zeit gelassen – nicht nur bei der Bewältigung des zweiten Kapitels mit seinen durchaus knackigen Herausforderungen, sondern auch auf dem Weg dorthin. Anstatt wie auf dem Review-Event unter Druck möglichst schnell voran zu kommen, ging ich bei meiner Rückkehr nach Afghanistan und Afrika deutlich entspannter vor, hatte viel mehr Zeit zum Experimentieren und für die Erkundung der Spielwelt. Und ja: Ich habe es dann auch mitbekommen, dass sich Snakes Splitter im Gehirn negativ auf sein Sprachzentrum auswirken und er deshalb kein Russisch mehr versteht (…wie er es noch im dritten Teil getan hat). Wahrscheinlich ging diese Information bei meinem ersten Durchlauf unter, weil ich gleichzeitig noch einer Kassette gelauscht und / oder auch noch der iDroid irgendetwas dazwischen geplappert hat.

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Es muss nicht immer der ganz große Metal Gear sein… © 4P/Screenshot

Die Kritikpunkte rund um das erste Kapitel bleiben zwar bestehen, doch die enormen spielerischen Freiheiten haben sich bei meinem zweiten Durchlauf nicht nur bestätigt, sondern für mich sogar noch an Bedeutung gewonnen. Ich habe einige der Missionen völlig anders gespielt und erlebt, fand mitunter komplett andere Zugangsmöglichkeiten für die Infiltrationen und landete teilweise sogar in Arealen, die ich zuvor gar nicht zu Gesicht bekommen hatte. Immer wieder gab es irgendwo etwas Neues zu entdecken – sei es durch Zufall oder weil ich bewusst andere Taktiken wählte. Und ich bin mir sicher, dass ich auch jetzt längst noch nicht alles gesehen habe, was mir dieses Umfang-Monster an alternativen Vorgehensweisen und Gimmicks bietet. Wenn ich alleine an den Sammelwahn der Fauna denke, mit dem sich vor allem Jörg infiziert hat, kann man sich zusammen mit der Suche nach Bauplänen und Musikkassetten schon stundenlang die Zeit mit reiner Erkundung vertreiben. Das ist einfach ganz große Klasse! Ich habe diesen Aspekt zwar schon im ersten Teil des Tests deutlich gelobt, aber muss es an dieser Stelle einfach noch einmal betonen: Hinsichtlich der Möglichkeiten und spielerischen Freiheiten bei der Gestaltung der Einsätze ist dieses Metal Gear allererste Sahne!  

FOB, oh weh!


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D-Dog leistet mit seiner Spürnase und dem Messer zwischen den Zähnen hervorragende Unterstützung, vereinfacht aber auch spürbar die Herausforderung beim Infiltrieren. © 4P/Screenshot

Für die Online-Infiltrationen, genannt FOB-Missionen, gilt das nicht unbedingt. Zwar ist die Idee theoretisch ähnlich spaßig wie die Hacker-Zwischenfälle in Watch_Dogs, doch schnell verlieren die Basis-Kämpfe an Reiz, weil sie zu sehr nach Schema F ablaufen und der Ausbau der eigenen Plattform mit Mikrotransaktionen beschleunigt werden soll. Hinzu kommt, dass sich die Onlineanbindung durch die trägere Bedienung des iDroids und längere Ladezeiten auch negativ auf das Solo-Erlebnis auswirkt. Wenn es denn überhaupt funktioniert, denn auch mehr als eine Woche nach dem Verkaufsstart hat Konami immer noch mit Serverproblemen zu kämpfen, die ganz besonders die Xbox One betreffen. Auf der Microsoft-Konsole war es mir bis heute nicht möglich, eine Verbindung herzustellen, während es auf PS4 und PC ebenfalls nur sporadisch funktioniert – und das, obwohl man schon das Angebot an Online-Features künstlich reduziert hat. Wenn man jetzt schon solche Probleme hat, sehe ich für den Start von Metal Gear Online im Oktober Schwarz.  

Die Tücken der offenen Welt


Darüber hinaus bin ich bei der weiteren Offline-Erkundung auf Dinge gestoßen, die mich gestört haben. So räumte ich im Rahmen einer Hauptmission eine Basis komplett mit der Betäubungspistole leer, holte jeden einzelnen Soldaten mit den Fulton-Ballons raus und verließ zu Fuß mit meinem Ziel das Missionsgebiet. Nach dem Einblenden der Statistiken dann die Überraschung: Zurück in der Spielwelt, am gleichen Ort, habe ich plötzlich einen Truck im Rücken und werde umgehend von Gegnern entdeckt. Der war doch vorher nicht da? Also sprinte ich zurück in die Basis, um dort Unterschlupf zu finden – immerhin hatte ich sie eine Minute zuvor erobert. Doch schon folgte die nächste Überraschung, denn die Wachtürme, Höfe und Gebäude waren schon wieder komplett mit Feinden besetzt. Sowas schmerzt einfach und trägt nicht gerade zur Motivation bei, die Stützpunkte zu erobern. Auch wenn Far Cry 3 viel falsch macht: Hinsichtlich der Stützpunkte hätte ich mir eine ähnliche Mechanik gewünscht wie in Ubisofts Open-World-Shooter. Wie cool wäre es gewesen, wenn man z.B. den Mudschaheddin die eroberten Basen überlassen könnte? Dann bekäme man sie wenigstens abseits vereinzelter Geiselrettungen auch mal zu sehen, anstatt überwiegend auf Tonbändern oder in Gesprächen von ihnen zu hören. Hätte man zusätzlich auch noch dynamische Kämpfe um diese Basen zwischen den Gotteskriegern und den russischen Besatzern inszeniert, hätte

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Miller und Ocelot vertreten oft unterschiedliche Standpunkte. Leider kann man als Big Boss in den Streitgesprächen nicht aktiv Stellung beziehen. © 4P/Screenshot

man im Spiel sogar direkt Zeuge dieses Krieges werden können, der hier gefühlt nirgends stattfindet. Das hat Kojima doch schon im Einstieg von Metal Gear Solid 4: Guns of the Patriots hinbekommen, als man mit Snake zwischen die Fronten von Rebellen und Söldnern geriet. Warum denn nicht hier, wo es sich ebenfalls angeboten hätte?

Und auch hinsichtlich der Spielmechanik wäre noch mehr drin gewesen – Stichpunkt: Schlösserknacken. Hier sind genreverwandte Titel wie Splinter Cell oder andere Open-World-Abenteuer wie Dying Light immer noch weiter, da dort etwas mehr gefordert wird, als einfach nur einen Knopf gedrückt zu halten. Dabei hätte man das Element so schön mit den erweiterbaren Fähigkeiten der Armprothese verknüpfen können, wonach sich manche Schlösser z.B. erst ab einer bestimmten Stufe hätten knacken lassen. Gleichzeitig hätte ein solches System noch stärker dazu motiviert, bekannte Gebiete erneut aufzusuchen – vergleichbar mit den Schlüsselkarten in Metal Gear Solid, mit denen man erst nach und nach Zugang zu bestimmten Räumen bekam.     


  1. Steppenwaelder hat geschrieben: Na da ist aber jemand richtig sauer dass das böse böse 4p das Spiel nicht so bewertet wie man es gerne hätte. Nächstes mal versuchen wir es noch mit Argumenten und ich kann vielleicht sogar inhaltlich drauf antworten, bei dem Gestammel leider nicht möglich.
    Da liegt zum Glück der Unterschied zwischen uns, ich hänge meine Emotionen nicht an irgendwelchen Zahlen fest für ein PC-Game :lol:
    Mal mehr raus gehen und so, tut dir bestimmt mal gut :Häschen:
    Ich habe den von dir zitierten Beitrag auf den letzten zwei Seiten nicht entdecken können. Nur einen derart alten Beitrag auszugraben, um schwerlich etwas on topic, sondern viel mehr um zu provozieren solltest du in Zukunft sein lassen. Eine gelbe Karte gibt es dafür. - Gez. Oynox

  2. Mal ne völlig blöde Frage: ich bin in Kapitel 2... muss ich jetzt die ganzen alten Missionen nochmal auf Extrem/bla spielen um "neue" freizuschalten? Meinen die das ernst?

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