Zu wenig Druck

Doch zurück zur Kampagne, die ihre ganz eigenen Probleme mitbringt. In den klassischen Gefechten wird man schlicht und ergreifend das Gefühl nicht los, dass sich auch ein erfahrenes Studio wie Respawn mit einem ambitionierten VR-Projekt übernehmen kann. Das Leveldesign mit seinen Rückzugsmöglichkeiten setzt den Spieler einfach nicht so geschickt unter Druck wie in Farpoint oder Lies Beneath, wo man zudem häufiger in Hinterhalte gerät. Zusätzlich wird der Spielfluss immer wieder durch die sehr kurzen Missionen mit ihren altmodischen Abschluss-Bildschirmen gestört. Das „Häppchen-Design“ sorgt zwar dafür, dass VR-Neulinge unkompliziert ein- und aussteigen können, doch häufige Speicherpunkte in längeren Levels wären hier die bessere Wahl gewesen.

Weil unheimlich viele Steuerungs-Feinheiten eingeführt werden, wirken nicht alle davon wirklich ausgefeilt. Sobald man z.B. das Kraxeln intus hat, kommt es kaum noch im Spiel vor – zumal die Klettertouren in Stormland und Population: One deutlich intuitiver umgesetzt wurden. Vor allem der Nahkampf wirkt oft reichlich erratisch. Manche der herumliegenden Büsten, Bücher oder Schraubenschlüssel darf man sich greifen, um sie dem Gegner überzubraten – andere Dinge von gleicher Größe aber nicht. Selbst das Anpeilen vorm Zugreifen klappt nicht so gut wie bei Valve. Relativ oft greift man sich versehentlich einen Apfel oder anderen unwichtigen Krempel statt der dringend benötigten Munition oder einer Granate.

Etwas fummelig

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Manche Geschütze werden mit den Händen bedient, andere direkt mit der Kopfbewegung wie in Gunjack. © 4P/Screenshot

Das im Prinzip gelungene Waffenhandling besitzt ebenfalls seine Tücken. Die Bewegungssteuerung – z.B. mit dem Karabinergewehr 98k – klappt mit den Touch-Controllern herrlich intuitiv und schafft so eine enorme Immersion. Einfach händisch anlegen, ein paar präzise Schüsse abgeben und zwischendurch den Verschluss mit einer Handbewegung bedienen. Klick, klack, peng – sehr befriedigend! Doch sobald keine Munition mehr in der Hüfttasche steckt, reißt man die Waffe plötzlich unbeabsichtigt wild herum, statt nachzuladen. Alles in allem also ein wenig holprig, auch wenn es richtig Spaß macht, mit Bleispritzen wie der M1-Garand Treffer zu verteilen. Auch an das absichtlich wacklige Handling von Maschinenpistolen oder Scharfschützengewehren gewöhnt man sich auf Dauer.

Vor allem auf große Distanz ergeben sich also richtig spannende Momente – etwa am Rande langer Feldwege, wenn man sich von Gehöft zu Gehöft an zertrümmerte Ortsteile heranarbeitet. Stellt die Steuerung im Hauptmenü am besten aufs stehende Spiel ein, weil ihr euch so am realistischsten bewegen könnt (auch im Sitzen auf dem Drehhocker klappt es recht gut). Wer beim Ausflug über einen feindlichen Übungsplatz nur noch wenige Energiespritzen übrig hat, bemerkt schnell, wie intensiv es sein kann, sich persönlich hinter eine niedrige Deckung zu schmeißen oder sich mit der Waffe um die Ecke zu lehnen. Danach macht es gleich doppelt so viel Spaß, penetrante MG-Schützen in den Ruinen auszuräuchern!

Nicht wirklich fertig?

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An diesem Speicherpunkt verschmelzen mal Figuren miteinander und mit der Umgebung – oder der Spieler selbst bleibt hängen und muss neu starten. © 4P/Screenshot

Schade allerdings, dass solche Momente in der Unterzahl bleiben und z.B. im deutschen U-Boot nur stumpfes Klein-Klein gegen die schwache KI auf dem Programm steht. Auch Schleich-Einlagen wie die Diebestour als Reinigungskraft sind zwar schön zum Durchatmen, sorgen mit ihren simplen Aufgaben aber nur bedingt für Spannung. Hier vorsichtig einen Schlüssel unter der schlummernden Wache hervor ziehen, dort ein Dokument stibitzen – und schon nach kurzer Zeit ist die Passage auf leisen Sohlen wieder vorbei. Noch störender fallen allerdings die Unmengen kleiner Bugs auf, die einem auf dem Weg nach Berlin begegnen. Gegner und ihre Schatten glitchen durch Wände und Decken oder wichtige Objekte wie Betäubungspfeile bleiben selbst nach einem Tod in der Luft hängen. Anderswo kann man sich sogar selbst nicht mehr bewegen und wird bei der Beendigung des Spiels mit einem Absturz der Unreal Engine 4 konfrontiert. Beim Bombenabwurf im Flugzeug fliegt sogar eine hektargroße Fabrikanlage über den Boden. War die Antigravitations-Technik hinter der Reichsflugscheibe etwa doch kein Mythos?

Der allgemeine Hardware-Hunger deutet ebenfalls darauf hin, dass EA noch nicht wirklich mit den Optimierungen fertig war. Als die hochauflösende Quest 2 am PC angestöpselt war, schaltete die dynamische Auflösung oft und gerne auf „Medium“ herunter, obwohl eine GeForce RTX 2080 Ti im Einsatz war. Mit der älteren Rift S war es spürbar besser, so dass es selbst auf „hoher“ Auflösung meist ruckelfrei blieb. Eine Ursache für die Performance-Probleme könnte der Prozessor i7-8700k gewesen sein, der nicht ganz die Leistung des empfohlenen i7-9700K erreicht. Trotzdem sollte mehr drin sein, wenn man bedenkt, wie gut Half-Life: Alyx selbst auf älteren Rechnern läuft. Falls die Gerüchte wahr sind und Respawn tatsächlich eine Umsetzung für den Mobilchip der Quest 2 plant, dürfte das Team bei der Optimierung also vor einer gewaltigen Herausforderung stehen!

  1. Wieder mal (leider) ein Shooter, der nicht versteht, dass die meisten Gamer Shooter nicht spielen, um eine unnütze Zwischensequenz nach der nächsten zu sehen, sondern salopp gesagt, um zu ballern.
    War schon bei Wolfenstein: The New Colossus unerträglich und ist hier nochmal schlimmer.

  2. Tas Mania hat geschrieben: 13.12.2020 22:22 Deswegen ist 4 Players mein Lieblingsmagazin.
    Faire und kritische Bewertungen und kein gehype wo keiner hingehört.
    Äh, 90% für Cyberpunk ohne jegliche Abwertung für Bugs?
    Da hätte ich es für angebracht gefunden zu sagen: "Jo, das Game ist von der Story her mega... aber wir empfehlen, mit dem Kauf bis Februar zu warten, da dem Spiel noch der nötige Feinschliff fehlt.", oder sowas in der Richtung.

  3. Habe das Spiel nun ein paar Stunden gespielt. Mir macht es als VR-Anfänger sehr viel Spaß. Ich habe auch HL:A gespielt. Wer einen actionreichen Shooter im WW2 spielen will, kommt hier auf jedenfall auf seine Kosten. Liegt bei mir vielleicht auch daran das die die Ersten Teile schon gespielt habe. Ich spiele das Spiel mit einer Oculus Rift S auf einem AMD FX-8350 und einer AMD Radeon R9 390 8GB und 16GB RAM ohne Probleme.

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