Wie gut ist das Kampfsystem? Die famos inszenierten Gefechte laden immer wieder zum Ausprobieren ein, denn Eis und Feuermagie, ein Zeitlupenfokus sowie spektakuläre Verwandlungen sorgen für jede Menge Abwechslung: Ihr könnt Feinde z.B. mit Frostspitzen eindecken oder sie komplett einfrieren. Ihr könnt Gegnern Seelenkraft rauben, sie verlangsamen oder komplett lähmen. Oder die Gestalt einer riesigen Kröte annehmen, um mit eurer peitschenden Zunge alle Getroffenen zu vergiften. Später könnt ihr sogar als riesiger Golem mit zwei Äxten alles kurz und klein hacken.
Meister Kang ist der Experte für Explosionen, Fluggeräte und Experimente. |
Gerade die Verwandlungen sehen klasse aus. Aber können die Kämpfe auch spielerisch überzeugen? Zunächst ist man fasziniert vom einfach zu bedienenden, aber dennoch komplex anmutenden System: Ihr könnt in der Verteidigung blocken, nach rechts und links wegrollen, nach hinten über Rückwärtssalti ausweichen und sogar eine akrobatische Sprung-Pirouette über euren Gegner aufs Parkett legen – nur Konter à la Soul Calibur sind Fehlanzeige. Die akrobatischen Ausweichmanöver sind dafür sehr effektiv.
Im Angriff sind zwar keine ausufernden Beat’em Up-Kombinationen möglich, aber neben einfachen Hieben sowie Zwei- und Dreifachschlägen gibt es schwere und Chi-Attacken sowie Rundumschläge. Und wer seinen Gegner sofort töten will, muss eine harmonische Kombo einleiten und diese erfolgreich abschließen. Gestorbene hinterlassen ab und zu Energie in drei möglichen Farben, die sofort euren Körper, den Geist oder die Seele heilen können.
Taktik ohne Hektik
Ich war im Vorfeld sehr skeptisch, ob ein Rollenspiel mit fernöstlichen Echtzeit-Kämpfen nicht in eine hektische Actionorgie ausarten würde. Aber Bioware hat das Buttonmasher-Gespenst mit zwei Sicherungen verjagt: Erstens sind die Kämpfe nicht über blindes Draufhauen zu meistern, sondern verlangen immer eine Taktik nach dem Schere-Stein-Papier-Prinzip: Blockt euer Gegner, hilft nur ein schwerer Schlag; bereitet er eine schwere Attacke vor, könnt ihr sie mit einfachen Schlägen stoppen. Hinzu kommt, dass manche Feinde gegen bestimmte Angriffstypen immun sind: Einen Geist oder Dämon könnt ihr z.B. nicht mit allen Stilen in Verlegenheit bringen. Zweitens kann man die Taktik bequem über das Digipad wechseln und jederzeit pausieren! Das sorgt dafür, dass man in aller Ruhe selbst in kritischen Situationen zwischen Nah-, Fern- und Magiestil umschalten kann.
Magie schwächt Spielbalance
Aber das System hat bei allem Komfort und bei aller Taktik einen gravierenden Schönheitsfehler: Die Kämpfe sind ab einem bestimmten Zeitpunkt viel zu leicht. Zu Beginn gerät man noch gehörig ins Schwitzen, wenn man z.B. von mehreren Gegnern umzingelt wird oder große Dämonen mit Bereichsschaden für Angst und Schrecken sorgen. Aber sobald man einen Nahkampfstil gemeistert hat oder die Verwandlung in einen Pferdedämon beherrscht, laufen selbst Arenakämpfe gegen groß
Feuermagie im Einsatz. Leider wurde die Pferdedämon-Verwandlung zu mächtig. |
angekündigte Top-Krieger wie von selbst – man kommt kaum noch in Verlegenheit. Da hilft nur eine Anhebung des Schwierigkeitsgrades, um die Spielbalance zu retten. Aber selbst dann ist man nicht auf andere Kampfstile angewiesen: Es gibt zwar erfrischend viele, aber ihre Wirkung ist so ähnlich, dass man sich auf zwei konzentrieren kann und nicht in die Breite experimentieren muss. Ob ich mit Stab oder Schwert, Feuer oder Eis attackiere, macht keinen Unterschied.
Vor allem der Pferdedämon ist mit seiner Feuermagie viel zu stark: Wenn man den Anführer eines Kung Fu-Klosters in drei Sekunden verbrennt oder selbst große Elefantenkrieger in null Komma nichts in Rauch aufgehen lässt, bleibt die Herausforderung auf der Strecke. Ich habe später freiwillig auf diese Verwandlung verzichtet, um die Kämpfe genießen zu können. Aber selbst mit einem reinen Nahkampfstil wie der Tigerkralle wird man kaum gefordert, denn die Gegner sind zu leicht zu durchschauen: Sie agieren immer nach Schema F, blocken viel zu lange oder sinnlos und nutzen selten Lücken in der eigenen Abwehr. Nur in der Überzahl kommt Spannung auf, wenn man gegen mehr als ein halbes Dutzend Widersacher antritt, die von Fernkämpfern unterstützt werden. Aber gerade der Nervenkitzel von Auge in Auge-Duellen fehlt. Und weil Jade Empire den Kampf dermaßen in den Vordergrund stellt, dämpft diese simple Manöver-Routine den Spielspaß. Denn wenn man selbst Bosskämpfe gegen gottgleiche Wesen kinderleicht meistert, geht selbst einem epischen Abenteuer die dramatische Luft aus.
Jade Empire war (leider) nicht gerade ein erfolgreiches Spiel.
Hingegen hat BioWare aber alle Hände voll zu tun mit Mass Effect 3, Dragon Age 3 und natürlich TOR, allesamt Melkmaschinen.
Ich kann mir kaum vorstellen, dass man sich da allzu viel Zeit für JE nehmen wird, daher würde ich auf solche Gerüchte nicht allzu viel geben. :wink:
Edit:
Du beziehst Dich vermutlich auf diese Aussage von Muzyka: Aber im Endeffekt heißt das auch nur:
"Ja, wir mögen JE, aber andere Spiele sind momentan wichtiger. An JE2 arbeiten tun wir jedenfalls gerade nicht, aber vielleicht irgendwann in Zukunft."
Soll mir aber auch recht sein. ME und DA sind mindestens genauso interessant.
Edit 2:
Oh, da gibt's ja auch nen ganzen Thread drüber..
Inzwischen sind ein paar Jährchen vergangen, wir schreiben 2011, und es gehen Gerüchte von einem JE- Sequel um- Grund genug sich noch mal Jörgs alten Test vorzunehmen.
Und, Jungejunge, nur etwas über dreissig Kommentare für einen Jörg-testet-ein-dolles-Rollenspiel-Test ?
DAS waren noch Zeiten.
Aber Gnade dir, Jörg, wenn du es WAGEN solltest ein eventuelles Sequel unter 80 zu bewerten- jetzt KENNEN wir das Ding
Ich hab die Spiele auf dem PC durchgespielt und kann beide für Leute, die auf Action-RPGs stehen, empfehlen. Gute Story, gute Action. Wer reinrassige Rollenspiele erwartet, wird aber enttäuscht. Ist eher was für zwischendurch.
Ich hab es auf dem PC gespielt. Ist wirklich ein gutes Spiel. Die 10 Euro, die es mittlerweile kostet, ist es auf jeden Fall wert.