Die viele kniffligen Sprungpassagen durch Laserbarrieren, die Sprints über ausfahrbare Bodenstacheln oder das gehüpfte Umgehen von Feinden (eine Landung auf dem Kopf hilft nichts) werden von Horace’ Schildsystem erleichtert: Hat man das entsprechende Upgrade erworben, einen oder mehrere Schilde mitzuführen, kann man die als goldene Kugeln visualisierten Helfer an vielen Stellen im Spiel einsammeln. Sie verhindern, dass schon der erste Treffer Horace zum Startpunkt des aktuellen Raums zurückbeamt. Und sie können auf Wunsch in die Hosentasche gepackt werden. Soll heißen: Traut ihr euch zu, den aktuellen Abschnitt auch ohne Nutzen eines Schildes, dann aber vielleicht mit mehreren Versuchen, zu meistern, dann deaktiviert ihr sie einfach per Knopfdruck und schaltet sie erst im nächsten Raum wieder an.
Denn dort wartet ja vielleicht ein Boss: Die kreativen Kämpfe mit den Levelwächtern warten alle mit mehreren Phasen auf, driften schon mal in Wettrennen oder Retro-Minigames ab und können euch etliche graue Haare sprießen lassen. Zum Glück mindern Rücksetzpunkte das Frustpotenzial – und ehrlich gesagt sind alle der beinharten Passagen schlussendlich schaffbar, wenn man die Ruhe bewahrt und die Muster seiner Kontrahenten gut liest.
So viel zu tun
Story-Schreiber und Spieldesigner Paul Newman sowie sein Code-Hexer Sean Scaplehorn entwickelten Horace fast im Alleingang und verwandten ausgesprochen viel Mühe und Hingabe für die Nebentätigkeiten im Spiel: Neben der Müllsammelei füllt nämlich auch das Erledigen von Nebenjobs eure Kasse. Horace ackert als Tellerwäscher, stempelt Briefe oder formt Ziegel in der Fabrik – während ihr euch über die schrullig-pixelige Präsentation freut und rhytmusbasierte Geschicklichkeitseinlagen absolviert.
Die virtuellen Arcadegames in der städtischen Spielhalle gehen noch ein Stück über die kultige Arcade in Shenmue hinaus: Horace zockt spielerisch mitunter flache, aber stets liebevoll programmierte Hommagen an Pac-Man oder Space Invaders und versucht sich an Klonen der Yu-Suzuki-Hits OutRun und After Burner. Anabolympics, eine Hommage an Konamis Track & Field, schließlich martert eure Fingerkuppen und Rhythm King verballhornt das Guitar-Hero-Prinzip – mit erstaunlich gelungener Spielbarkeit, knuffigen Pixelbands und schräger Musik. Schließlich könnt ihr noch, ganz einfach während des Spiels, jederzeit eine Art In-Game-Videotext öffnen und darin schmökern, Mützen für Horace einsammeln und mit dem Kopfschmuck in Fotoautomaten schräge Selfies knipsen (Müll-Belohnung!) oder an Computer-Terminals in C64-BASIC-Manier kleine Unsinnigkeiten eingeben und sogar kurzfristige Cheats aktivieren.
Auch die Musik von Horace ist ausgesprochen gelungen: Anfangs wundert man sich noch über die häufige Verwendung klassischer (wohl rechtefreier) Melodien (z.B. Für Elise, Zauberflöte, An der schönen blauen Donau), später trumpfen auch die eigens für das Spiel komponierten Chiptune-Songs groß auf und untermalen das Bildschirmgeschehen passend mit treibenden bis elegischen Klängen.
Wäre cool, wenn dazu noch ein Videotest käme. Klingt top.
Schöner Test, das Lesen hat Spaß gemacht.