Steigerung in der zweiten Hälfte

Die Aufgaben sind aber immerhin glaubwürdig in die Geschichte eingeflochten und treiben die Handlung voran. Nach ein paar Stunden stellt sich glücklicherweise ein besserer Spielfluss ein, wenn man erst einmal die Hauptakteure kennt und ihre Motivationen besser einschätzen kann. Tom Builder z.B. träumt seit jeher davon, eine Kathedrale zu bauen. Dieser Wunsch hat ihn allerdings schon einmal ins Verderben gestürzt, weil er in schweren Zeiten attraktive Angebote ausgeschlagen hat, an anderen Bauwerken zu arbeiten. Immer wieder hadert er mit seinen hohen Zielen, weil er ihnen nicht das Wohl seiner Familie opfern möchte. Dank Jacks sympathischer Persönlichkeit macht es mit ihm am meisten Spaß, die Umgebung zu erforschen. Bein Herumstöbern in fremden Angelegenheiten stößt er relativ häufig auf wichtige Hinweise – z.B., wenn er mit Tom und seiner Familie unterwegs ist und nach einer Arbeit für seinen neuen Versorger sucht.

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Auf der Jobsuche…kurz nachdem die Prinzessin einen Heiratsantrag prominent hat platzen lassen. © 4P/Screenshot

In den Befestigungen einer Burg findet er schnell Schwachstellen wie eine ungeschützte Holztür zum Keller. Anderswo muss er erst die Scherzfrage eines geschwätzigen, versoffenen Ritters lösen, damit er ihm einen Hinweis auf den baufälligen Brunnen gibt. Dessen Zerstörung könnte schließlich für ein Ende der erwarteten Belagerung sorgen. Der Trick am Dialog: Da der Ritter ihn bittet, sein „Geheimnis“ zu bewahren, muss man einfach schweigen statt zu antworten. Andere Personen wie der hinterlistig anmutende Subprior Remigius mögen es dagegen gar nicht, wenn man einfach die kleine Sanduhr ablaufen lässt: Sie interpretieren die Stille als Schwäche.

Etwas zu hölzern?

Vor allem im Umfeld des Klosters klingen die Dialoge etwas zu hölzern und hochgestochen. Das passt natürlich zum Schauplatz, trotzdem würde ich erwarten, dass sich selbst Mönche zu jener Zeit etwas lockerer miteinander unterhalten haben. Durch den eher abgeschotteten Klosteralltag müssten sie sich schließlich gegenseitig schon ziemlich genau kennen. Nur ab und zu schleicht sich hier und da ein schmutziger Witz ein, z.B. wenn respektlose Novizen über ihre imaginären Sexabenteuer diskutieren. Der in vielen anderen Daedalic-Spielen eingeflochtene Humor fehlt diesmal aber fast komplett.

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Vorsprechen beim Bischoff: Die deutschen Dialoge wurden professionell vertont. © 4P/Screenshot

Sobald sich Philip ein wenig an die Lage herangetastet und einen Einblick in die politischen Hintergründe erlangt hat, werden seine Abschnitte aber zu den interessantesten Passagen der ersten Episode. Er muss einige schwerwiegende Entscheidungen treffen, bei denen selbst ein Prior mit seiner Autorität ab und zu ins Stottern kommt. Als er von seinem Bruder erfährt, dass ein Krieg droht, macht er sich auf zum Bischoff Waleran Bigod, um ihm einen wichtigen Brief zu überbringen. War es richtig, dem Bischoff vom drohenden Umsturz zu erzählen? Philip will dem Klerus schließlich ebenfalls zu mehr Macht verhelfen. Sein Antrieb ist allerdings mehr Stabilität und Frieden im Lande – bei einigen anderen machtgierigen Akteuren ist er sich in diesem Punkt nicht so sicher. Zudem sorgt sein Wirken auch in der heruntergewirtschafteten Mutterpriorei für Probleme: Nach dem mysteriösen Tod des letzten Priors wäre es für Philip nur konsequent, seine Führungsqualitäten als neues Oberhaupt des Klosters zu nutzen.

Ansehnliche Animationen

Doch auch dort scheint er mit Subprior Remigius einen Gegenspieler zu haben. Seine Entscheidungen wirken sich wie bereits erwähnt nur bedingt auf die Handlung aus: Verpfeift er z.B. einen faulen, stehlenden Novizen aus Kingsbridge, wird der später derart vom übertrieben brutalen Oberhaupt geschlagen, dass er kurzerhand aus dem Kloster flüchtet. Aber auch einige von der Geschichte vorhergesehene brutale Konsequenzen stellen Philip und seine Glaubensbrüder später vor schwere Aufgaben und sorgen oft für Gewissenbisse. Visuell wirkt die Umsetzung des Szenarios gelungen: Die Kulissen versprühen zwar nicht die magisch angehauchte Detailverliebtheit von The Whispered World. Die finsteren Zeichnungen spiegeln aber die bedrückende Stimmung wider, zumal die Figuren auch relativ viele Animationsphasen zeigen. Die ruhige Musik hält sich passend dazu meist im Hintergrund.

 

  1. Wer sich die Computerbild-Spiele kauft, bekommt auch noch einen Gutschein für die anderen beiden Teile, die später kommen. So bekommt man das komplette Spiel für insgesamt 12,59€. Für Fans sicher kein schlechtes Angebot.

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