Die gute alte Prügelzeit

Das hierzulande indizierte Zombie-Schnetzeln als seitwärts scrollende Acton mit 16-Bit-Retrodesign? Das klingt doch nach einem Streets of Dead oder Final Island? Also einer Umsetzung eines Konzepts, das Sega und Capcom Anfang der neunziger Jahre mit ihren Prügelserien etabliert haben. Und zumindest hinsichtlich der audiovisuellen Arbeit kann Dead Island Retro Revenge punkten. Das verantwortliche Team von Empty Clip, das vorher an dem musikalischen Shooter Symphony arbeitete, hat sich die Vorbilder gut angeschaut und akkurat repliziert: Farbpalette, Animationen, dazu ein herrlicher Elektro-Soundtrack, verknackste Sprachausgabe und dumpfe Soundeffekte. Man hat wirklich das Gefühl, ein Prügeljuwel aus der guten alten Mega-Drive- bzw. SNES-Ära vor sich zu haben. Wer das Retro-Design bis zum Letzten auskosten möchte, kann zudem das Bild in einen emulierten Röhrenbildschirm umschalten, der auch mit Interlaced-Linien ausgestattet wurde.

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Hinter Retro Revenge versteckt sich kein klassischer Prügler à la Streets of Rage, sondern ein Runner mit Prügeleinlagen. © 4P/Screenshot

Mechanisch hingegen herrscht auf den ersten Blick Ernüchterung vor. Zwar kann man wie bei Streets of Rage oder Final Fight von links nach rechts laufen, während man von Zombiehorden und später auch von menschlichen Gegnern am Vorwärtskommen behindert wird. Und man darf sich auch mit Händen und Füßen, gelegentlich mit einer Smartbomb oder einer aufzuladenen Spezialwaffe zur Wehr setzen. Und dennoch trennt die Retro Revenge Welten von den Klassikern. Denn anstatt wie früher Bewegungsfreiheit zu haben, läuft der Held Max, der übrigens auf der Suche nach seiner entführten Katze ist (!), automatisch. Man kann nur zwischen drei Spuren wechseln und muss im richtigen Moment mit einer der vier Angriffstasten den Zombie ausknocken, wobei manche auch mehrere Treffer einstecken können, wenn man nicht auf Anhieb den perfekten Moment erwischt.

Runner statt Prügler

Richtig: Empty Clip hat aus der viel versprechenden Action alter Schule einen der vor allem auf Smartphones populären “Runner” gemacht. Und das musste ich erst einmal verdauen. Vor allem habe ich etwas länger benötigt, um mir die Frage “Wieso nur?” aus dem Hirn zu dreschen und mich auf die veränderte und so gar nicht mit meiner Hoffnung übereinstimmenden Grundkonstellation einzustellen. Denn auch wenn ich Runner nicht zu meinen favorisierten Spieletypen zähle, kenne ich natürlich auch den einen oder anderen Vertreter, sei es nun mobil oder stationär. Und im Rahmen dessen macht Retro Revenge seine Sache ordentlich. Man hat wohlweislich darauf verzichtet, einen “Endless Runner” aus dem Thema zu machen. Stattdessen zählt mit jedem geschafften Meter und mit jedem vernichteten bzw. hinter einem

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Die Kulisse gibt sich keine Blöße. Auch die Spezialangriffe werden stilistisch einwandfrei umgesetzt. © 4P/Screenshot

gelassenen Gegner ein Prozentzähler nach oben. Hat man 100 Prozent erreicht, ist der jeweilige Abschnitt beendet und Max schnauft erst einmal durch, bevor es mit dem nächsten, natürlich noch schwierigen der insgesamt über 20 Level weitergeht.

Erst auf den zweiten Blick habe ich die Feinheiten der auf vier Knöpfe eingeschränkten wahrgenommen. Denn ebenso wie X bzw. Quadrat für Schläge nach hinten und damit auf von links in das Bild laufende Gegner am effektivsten ist, haben auch die anderen drei richtigen Vorzüge. In späteren Abschnitten kommen Gegner hinzu, die auf einen zu rutschen oder springen und nur durch eine bestimmte Taste gestoppt werden können, bevor sie einem bei Berührung einen der nur spärlichen drei Lebenspunkt abziehen. Während es auch zunehmend Hindernisse gibt, denen man ausweichen muss, gibt es aber auch Fässer, die man jonglieren und mit einem gezielten Schlag auf die Gegner schmettern kann. Hier geben die Tasten die Richtung der Bahn vor, in die man das Geschoss feuern möchte. Übrigens kann man auch die Zombie-Hunde für die Wurf-Angriffe benutzen.

Kollisionswarnung

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Wahlweise kann das Geschehen auch in der “Röhren-TV”-Ansicht dargestellt werden. © 4P/Screenshot

Die ersten Abschnitte sind noch relativ harmlos, so dass man mit guten Reaktionen das Ziel weitgehend unbeschadet erreichen sollte und man sich dementsprechend auf den Aufbau einer Punkte spendenden Kombo konzentrieren kann. Doch spätestens mit der zweiten der drei thematisch gegliederten „Welten“ nimmt Trial&Error massiv zu. Fehler werden kaum verziehen. Man sollte tunlichst die Abfolge der Zombies verinnerlichen, genau wissen, welche Gegenstände man idealerweise in welche Bahn schmeißt, um die dort laufenden Gegner zu vernichten und immer die richtigen Momente für den Einsatz von Spezialangriffen abpassen. Immerhin verzichtet man auf zufällige Ereignisse oder Reihenfolgen.

Allerdings auch auf eine hundertprozentig funktionierende Kollisionsabfrage. Immer wieder kommt es zu Situationen, in denen man nur Bruchteile einer Sekunde zur Verfügung hat, um einem Hindernis bzw. einem Gegner im letzten Moment auszuweichen. Und immer wieder wird einem ein Lebenspunkt abgezogen, obwohl es eigentlich so aussah, als ob man eigentlich alles im Griff und den Spurwechsel zum richtigen Zeitpunkt durchgefürt hatte. hatte. Das sorgt zusammen mit dem bereits erwähnten Auswendig-Lernen für unnötigen Frust bei dem eigentlich auf unkomplizierten Retro-Spaß ausgelegten Zombiemetzeln.

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