Kriegsnebel mal anders

Die Erzählstruktur ist aber nicht die einzige Überraschung, die einen erwartet. Auch das Artdesign ist sehenswert. Dabei ist es nicht der isometrische Comic-Look mit seinen handgezeichneten Abschnitten, sondern vor allem die Art und Weise, wie die abwechslungsreichen, meist farbenfrohen Gebiete um einen herum aufgebaut werden.  Mit jedem Schritt in unbekanntes Terrain schießen Landschaftsteile und andere Versatzstücke von unten nach oben und bauen sich unter den Füßen  zusammen.

Der Effekt, wenn sich die Landschaft während der Bewegung zusammensetzt, wird nie langweilig.

Der Effekt, wenn sich die Landschaft während der Bewegung zusammensetzt, wird nie langweilig.

Auch hier gilt: Die Idee ist einfach, die Umsetzung außerordentlich gut gelungen. Zusammen mit dem Kommentar hat man das Gefühl, das man aktiv an der Geschichte und dem (Wieder-)Aufbau der Welt teilnimmt.
Da aber Strukturen sowohl in der Erzählung als auch innerhalb der linearen Abschnitte unabänderlich sind, sprießt irgendwann die Erkenntnis, dass man die Erzählung nicht aktiv beeinflusst, sondern der Held nur seinem Schicksal folgt, das fremdbestimmt scheint. Man schreibt das Buch nicht selber, sondern wird lesend in einen Strudel der Ereignisse gesogen. Steckt hinter dem alten Mann vielleicht doch mehr, als man anfänglich vermuten möchte?

Zentraler Zufluchtsort


Die Bastion hat dem Spiel nicht nur dem Namen spendiert und ist ein Ankerpunkt in der Geschichte, sondern dient auch als Basis. Von dort bricht man per “Skyway” (einem Teleportsystem) zu den Ausflügen in die anderen Abschnitte auf. Dort versammeln sich zahlreiche Figuren, die man auf seinen Abenteuern aufliest und die dort nicht nur dumm in der Gegend herumstehen, sondern einen auch mit Informationen oder neuen Abschnitten versorgen.
Und man kann dort sechs Gebäude errichten, die mitunter entscheidenden Einfluss auf die Spielwelt haben. Das gilt vor allem für den Schrein, in dem man über zu findende oder im ebenfalls erst zu bauenden Kaufladen erstandene Götzenbilder Modikatoren hinsichtlich des Schwierigkeitsgrades setzen kann. Als Belohnung winken erhöhte Erfahrungspunkte sowie eine deutlich gesteigerte Ausbeute an Kristallen, die man wiederum als Währung benötigt.
Halbwegs erfahrene Spieler sollten zweifellos vom Schrein Gebrauch machen, da der Anforderungsgrad in Bastion mit wenigen Boss-Ausnahmen eher am unteren Ende des Spektrums angesiedelt ist und man über die Götzenbilder schließlich genau den Schwierigkeitsgrad findet, der für einen angenehm ist.

Das Waffenrepertoire, das man im Laufe des Spieles ansammelt, kann in der Schmiede in jeweils fünf Stufen aufgerüstet werden, wobei auch hier wieder eine (allerdings jederzeit änderbare) Wahl stattfindet: Soll die Schrotflinte z.B. einen höheren Gegnerrückstoß oder eine breitere Streuung haben?

Ein besonderes Augenmerk dürfte auch dem Saloon zukommen: Hier kann man pro Charakterstufe eine Alkoholsorte ins Regal stellen, die fortan als passive Verstärkung zum Einsatz kommt. Zur Auswahl stehen z.B. erhöhte Lebensenergie, die Möglichkeit, Kristalle wie ein Magnet anzuziehen oder  eine zweite Chance, falls einem doch irgendwann die Lebensenergie ausgeht und man auch keine Heiltränke mehr zur Verfügung hat.

Und im Arsenal schließlich kann man seine Bewaffnung festlegen, wobei man vollkommen frei ein Duo aus den bereits gefundenen Nah- und Fernkampfwaffen wählen und dies mit einer so genannten “Geheimen Technik” ergänzen kann, die mitunter auch von der geführten Waffe abhängig ist und die nur mit Hilfe eines besonderen Trankes aktiviert werden kann, von denen man nur ein paar mitnehmen kann.

Vorzügliches Kampfsystem

Mit all diesen Möglichkeiten wird ein einfaches, aber ungemein effektives System angeboten, seinen Helden der eigenen Spielweise anzupassen – oder einfach nur herumzuexperimentieren. Was auch dadurch gefördert wird, da der Erzähler es sich nicht nehmen lässt, die Waffenauswahl zu kommentieren…

Hat man schließlich seine Entscheidung getroffen und trifft in den recht großräumigen Gebieten auf Widersacher, kommt das ausgefeilte Kampfsystem voll zur Geltung. Dessen Wurzeln liegen deutlich im Action-Rollenspiel, bieten jedoch weit mehr als ein “einfaches” Klick&Blöd-Tastengehämmer.

Mit der richtigen Taktik und entsprechender Bewaffnung stellen auch große Gegner kein Problem dar.

Mit der richtigen Taktik und entsprechender Bewaffnung stellen auch große Gegner kein Problem dar.

Es gibt eine Angriffstaste pro mitgeführter Waffe, wobei bestimmte Projektilwaffen nachgeladen werden können. Andere Schusswaffen kann man hingegen aufladen oder muss mit richtigem Timing den besten Abschusswinkel finden.
Zusätzlich kann man noch eine Ausweichrolle hinlegen. Und wenn es hart auf hart kommt, kann man mit dem Schild nicht nur blocken, sondern (wieder entsprechendes Timing vorausgesetzt) einen Konter initiieren, der vor allem bei Geschütztürmen verheerende Wirkung hinterlässt.

Von der Dynamik, die sich trotz oder gerade wegen der einfachen Kontrollmechanik in den Kämpfen entwickelt, können sich manch andere actionorientierte Rollenspielvertreter eine gehörige Scheibe abschneiden. Vor allem auch, da sich das Geschehen abhängig von der Waffenwahl anders darstellen kann, ohne jedoch Qualität einzubüßen oder gar die Balance aufs Spiel zu setzen. Einzig das manuelle Schalten durch Ziele ist bei größeren Gegnergruppen ein Ärgernis. Und den für mein Empfinden zu weit unten liegenden Grund-Schwierigkeitsgrad kann man ja über die Götzenbilder manipulieren – schon weit vor dem Start eines “New Game Plus”…

  1. mr archer hat geschrieben:
    Nuracus hat geschrieben:Was ist denn der Pile of Shame?
    Wer ihn nicht kennt, wird ihn noch kennen lernen. Den stetig anwachsenden Berg, die Halde der Dinge, die da kommen werden. Früher oder später.
    Die ewig wachsende Liste der Titel, die sich dank Mörderdeals in meiner Steambibliothek befinden?
    Dann kenn ich diesen Pile of Shame gut.

  2. Nuracus hat geschrieben:Was ist denn der Pile of Shame?
    Wer ihn nicht kennt, wird ihn noch kennen lernen. Den stetig anwachsenden Berg, die Halde der Dinge, die da kommen werden. Früher oder später.

  3. Ohje, Bastion liegt ja auch noch auf meinem, den ich gerade abarbeite...hab gestern erstmal Home abgehakt...verdammter Pile of Shame(jedesmal wenn ich momentan auf Steam einlogge, muss ich zähnknirchend den TW2 ignorieren, damit er nicht noch mehr anwächst), aber ich glaub als nächstes geh ich mal wirklich Bastion an.

  4. Das schöne am Pile of Shame ist ja, dass man einfach mal reingreifen kann, um was anzuspielen. Gestern habe ich mich mal wieder dem lange noch nicht vollständig gesichteten Inhalt des Humble Indie Bundles 5 gewidmet und Bastion installiert. Um dann den ganzen Tag lang nicht davon weg zu kommen. So ein schönes Spiel! Hach, ich bin richtig glücklich. 2011 war wirklich kein schlechtes Jahr fürs Hobby.

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