Die letzte PC-Bastion?

[GUI_PLAYER(ID=74798,width=400,text=Die eigentümliche Erzählstruktur und das Kampfsystem funktionieren auch auf dem PC richtig gut!,align=right)]Action-Rollenspiele nahmen auf PC ihren Anfang und erlebten mit Diablo 2 ihre Blütephase. Danach dümpelte das Hack& Slay auf Rechenknechten eher vor sich hin, während die Konsolen mit Titeln wie der Baldur’s Gate Dark Alliance-Serie, den Champions of Norrath oder Dungeons & Dragons Heroes zur Hochform aufliefen.
Und während alle Welt trotz kontroverser Diskussionen um Online-Zwang und Echtwährungs-Auktionen auf Diablo 3 wartet, liefern sich Konsolen und PCs ein Hin und Her. Torchlight nahm seinen Anfang auf dem Computer, bevor man auch auf der Xbox 360 durch die Dungeons stapfen durfte. Die anstehende Fortsetzung wiederum bleibt vorerst wieder nur den Keyboard-und-Maus-Spielern vorbehalten. Dungeon Siege 3 gab es für alle. Und das mit einem Bein aus dem Indie-Bereich stammende Bastion gab seine Premiere auf der Xbox 360 und ist nun auch auf dem PC zu haben.

Das Schöne daran: Inhaltlich hat sich zur bereits mit Gold prämierten Konsolenversion nichts geändert, so dass den 360-Lesern ein Großteil des nachfolgenden Textes bereits bekannt sein dürfte.
Technisch präsentiert sich Bastion auf dem PC ebenso ansehnlich wie auf der Konsole: Artdesign und Animationen überzeugen nach wie vor und mit den Mindestanforderungen in Form von 1,7 GHz Dual Core-Prozessor, 2 GB RAM sowie einer Shadermodel 2 unterstützenden Grafikkarte mit 512 MB lassen sich sehenswerte Ergebnisse erzielen – und das bei im direkten Vergleich deutlich verringerten Ladezeiten.

Bei der Steuerung versucht man, mit den drei zur Verfügung stehenden Optionen ebenfalls alle Geschmäcker zu bedienen. Mit einem kompatiblen Pad erreicht man zwangsläufig das gleiche gelungene Spielgefühl wie auf Konsole. Doch sowohl die WASD-Variante als auch die Bewegung über gehaltene Maustaste stehen dem in punkto Genauigkeit in Nichts nach. Allerdings wäre es wünschenswert, dass bei der Bewegungssteuerung über Tastatur eine Variante zu finden wäre, in der man beim Druck auf eine Taste nicht absolut, sondern relativ zur isometrischen Ansicht durch die Botanik stapft. Doch dies ist ein kleines “Nice-to-have”, das in keiner Form die Wertung beeinflusst und das in absehbarer Zeit mit einem Patch nachgerüstet werden könnte.

Nervfaktor?


Ihr kennt sie wahrscheinlich: Die Kinobesucher, die jede Situation, die sich auf der Leinwand abspielt, kommentieren müssen. Im Bestfall geben sie nur vollkommen störende Kommentare ab, im schlimmsten Fall spoilern sie die Szene, weil sie den Film schon kennen. Mir jedenfalls geht diese Zuschauer-Gruppe gewaltig auf den Geist.

Dass in Bastion nahezu alles, was ich mit meinem Helden anstelle, von einem Erzähler begleitet und kommentiert wird, stört mich jedoch gar nicht. Ganz im Gegenteil. Es beginnt bei den ersten Schritten, in denen er mir von einer Katastrophe berichtet, dank der die Fantasy-Welt, in der ich mich bewege, in mehrere schwebende Plattformen zerbrochen ist. Es geht weiter bei der Aufnahme meiner ersten Waffe, einem Hammer, der nach seiner Aussage zu einem guten Freund werden könnte. Und es endet erst bei Anmerkungen, wenn ich mal nichts tue (“Kid needs a break”) oder wie wild alles Mögliche mit dem Hammer zerkleinere (“Kid went on a rampage”). Gleichermaßen erklärt mir die Stimme, was es mit den Feinden oder der Hand voll freundlich gesinnter Charaktere auf sich hat, sagt mir, was sie von meiner Waffenauswahl hält usw.

Die Kulisse zeigt sich farbenfroh und mit einem zielsicheren Gespür für gelungenes Artdesign.

Die Kulisse zeigt sich farbenfroh und mit einem zielsicheren Gespür für gelungenes Artdesign.

Dieser Kniff ist erzähltechnisch wunderbar gelungen und erinnert an den klassischen Film Noir. Allerdings geht man hier noch weiter: Während im Film Noir meistens der Hauptdarsteller vergangene Ereignisse Revue passieren lässt, bleibt der Märchenonkel hier in der Gegenwart und vermittelt dadurch einen beinahe allwissenden Eindruck, der außerdem eine gewisse (vollkommen wertfreie) Ausweglosigkeit beinhaltet. Der Pfad, den der namenlose Held beschreitet, scheint von einer höheren Macht (oder dem Erzähler?) festgelegt. Selbst den Entscheidungen, die man schließlich fällen muss, liegt kein moralisches “Gut-Böse-Prinzip” zugrunde, obwohl sie zum Nachdenken anregen.
Zudem bleibt er kein Unbekannter: Hinter der Stimme verbirgt sich ein alter Mann, der die Namen gebende Bastion gebaut hat, die allerdings auch von der Katastrophe in Mitleidenschaft gezogen wurde und die der Held erst wieder renovieren muss, bevor sie ihren Zweck erfüllen kann, der sich natürlich auch erst im Laufe der Geschichte erschließt.

Der einzige Wermutstropfen bei dieser Erzählstruktur ist, dass es nur englische Sprachausgabe gibt. Die wird von dem mir unbekannten Logan Cunningham zwar emotional voll auf den Punkt gebracht, während sie auch kleinste Nuancen von z.B. Melancholie, Euphorie oder Sarkasmus wunderbar widerspiegelt. Die größtenteils guten deutschen Texte tun ihr Möglichstes, um Spielern mit weniger ausgefeilten Fremdsprachen-Kenntnissen die erstaunlich ausgefeilte Geschichte zu vermitteln, deren Tragweite sich tatsächlich erst im Laufe der gut zwölf bis 15 Stunden Spielzeit erschließt.
Doch wenn ich jetzt überlege, dass auch markante deutsche Sprecher wie Sky Dumont oder Martin Keßler in der Lage wären, diese Emotionen glaubhaft zu vermitteln, ist es schade, dass Warner Bros. keine Komplettlokalisierung in Auftrag gegeben hat.




  1. mr archer hat geschrieben:
    Nuracus hat geschrieben:Was ist denn der Pile of Shame?
    Wer ihn nicht kennt, wird ihn noch kennen lernen. Den stetig anwachsenden Berg, die Halde der Dinge, die da kommen werden. Früher oder später.
    Die ewig wachsende Liste der Titel, die sich dank Mörderdeals in meiner Steambibliothek befinden?
    Dann kenn ich diesen Pile of Shame gut.

  2. Nuracus hat geschrieben:Was ist denn der Pile of Shame?
    Wer ihn nicht kennt, wird ihn noch kennen lernen. Den stetig anwachsenden Berg, die Halde der Dinge, die da kommen werden. Früher oder später.

  3. Ohje, Bastion liegt ja auch noch auf meinem, den ich gerade abarbeite...hab gestern erstmal Home abgehakt...verdammter Pile of Shame(jedesmal wenn ich momentan auf Steam einlogge, muss ich zähnknirchend den TW2 ignorieren, damit er nicht noch mehr anwächst), aber ich glaub als nächstes geh ich mal wirklich Bastion an.

  4. Das schöne am Pile of Shame ist ja, dass man einfach mal reingreifen kann, um was anzuspielen. Gestern habe ich mich mal wieder dem lange noch nicht vollständig gesichteten Inhalt des Humble Indie Bundles 5 gewidmet und Bastion installiert. Um dann den ganzen Tag lang nicht davon weg zu kommen. So ein schönes Spiel! Hach, ich bin richtig glücklich. 2011 war wirklich kein schlechtes Jahr fürs Hobby.

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