Die Meister sind wieder da

Capcom gehört mit Street Fighter zweifellos zu den ganz Großen, die bei der Erwähnung von Prügelspielen genannt werden müssen. Namco mit Tekken ebenso. Doch die Hardcore-Fans schwören zusätzlich noch auf die meist nicht so bekannten Produktionen bzw. Veröffentlichungen von ArcSystem Works: Von Guilty Gear über Arcana Heart, die Beat-em-ups zu Persona 4 bis hin zu BlazBlue reicht das Portfolio, das klassischen Prügelspaß alter Schule mit schnieker sowie effektvoller 2D-Kulisse kombiniert und das meist mit ausufernden Erzählungen anreichert. Dementsprechend habe ich mich auch auf den mit dem ellenlangen Namen Melty Blood Actress Again Current Code versehenen Schlagabtausch gefreut, der bislang exklusiv am PC erhältlich ist.  

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Die Kulisse ist altbacken und bietet in keiner Form die filigranen Details, die man von ArcSystem gewohnt ist. © 4P/Screenshot

Abgesehen davon, dass ich keine Ahnung hatte, dass der auf einem Spielhallen-Automaten basierende Titel ursprünglich bereits 2011 in Fernost erschien und erst jetzt im Westen in der Version 1.4.0 auf Steam veröffentlicht wurde, muss ich auch zugeben, dass ich absolut keinen Schimmer davon habe, um was es im Comic geht, der als Quellmaterial verwendet wurde und dessen Geschichten hier wohl als Basis für die knappen Erzählsequenzen dienen. Darüber hinaus musste ich nach der Installation noch mit einer persönlichen Enttäuschung fertig werden. Denn ArcSystem fungiert hier nur als Publisher. Entwickelt wurde Melty Blood von Soft Circle French-Bread, die für ArcSystem auch an Under Night In-Birth sowie zusammen mit Sega an Dengeki Bunko: Fighting Climax gearbeitet haben – also immerhin keine blutigen Anfänger.

Solide alte Schule


Sowohl die Erfahrung der Entwickler als auch das eigentliche Alter des Spiels merkt man Melty Blood allerdings an. Dabei störe ich mich hinsichtlich Letztgenanntem weniger an der 4:3-Darstellung, die am rechten und linken Rand mit Streifen ergänzt wird, in denen man den gewählten Charakter und seine wesentlichen Special-Moves angezeigt bekommt. Es ist vielmehr das nach fünf Jahren und zahlreichen ansehnlichen 2D-Prüglern (u.a. auch von ArcSystem) spröde Design. Die Figuren sind zwar ebenfalls ordentlich animiert. Doch sie lassen viele filigrane Details zu wünschen übrig, die man von anderen zweidimensionalen Keilereien gewöhnt ist. Und selbstverständlich sind die Hintergründe der Arenen nur selten mit animierten Elementen versehen noch sind sie besonders aufwändig – aber höher aufgelöst als die Figuren, so dass ein

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Die Animationen gehen aber in Ordnung und die Gefechte sind flott. © 4P/Screenshot

uneinheitlicher Eindruck entsteht. Immerhin: Bei Sprüngen usw. gibt es einen schicken Zoom-Effekt, damit die Figuren nicht aus dem Bildfokus geraten. Auch die Effekte sind eine Klasse niedriger anzusiedeln als z.B. bei BlazBlue Chronphantasma Extend oder Persona 4 Arena Ultimax. Aber dafür ist das Geschehen angenehm schnell.

Schlagfolgen fließen aus den Fingern, sorgen so für dynamische Gefechte und werden akkurat umgesetzt, wobei Spieler auf ein Pad oder noch besser: einen Fightstick zurückgreifen sollten. Bei den Mechaniken bleibt man extrem klassisch: Es gibt drei Angriffsknöpfe (schwach, mittel, stark), die je nach gewählter der über 30 Figuren variieren, geblockt wird per Bewegung vom Gegner weg. Spezialangriffe werden in bekannter Manier, also z.B. per Viertelkreis nach vorne oder hinten, dem Z (auch invertiert), Halbkreis, aber auch den mir traditionell verhassten „Seitwärts-unten-schräg“-Bewegungen abgerufen und zu verheerenden Kombos verknüpft. Um zusätzlich zu den unterschiedlichen Kampfstilen weitere Modifkationen zur Verfügung zu haben, kann man aus drei Grundeinstellungen auswählen: Der Sichelmond-Stil ist auf Kombos ausgerichtet, der Halbmondstil  bietet ein vereinfachtes Kontrollschema und mehr Automatismen und der Vollmond-Stil schließlich setzt auf mächtigere Treffer. Durch diese für alle Figuren gleichbleibenden Modifikatoren kommt eine minimale taktische Komponente in die Auswahl, wobei es jedoch unter dem Strich kein „Schere-Stein-Papier“-Prinzip gibt, innerhalb dessen man mit dem einen oder anderen Stil einen Vorteil gegenüber einem anderen hätte.

Biedere alte Schule

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Es stehen drei Grundkombostile zur Verfügung: Sichel-, Halb- und Vollmond. © 4P/Screenshot

Hinsichtlich des Umfangs gibt man sich ähnlich spartanisch wie bei der Kulisse. Natürlich gibt es ein Training, bei dem man den Gegner mit bestimmten Verhaltensalgorithmen bestücken und einzelne Situationen üben darf. Eine Möglichkeit, ganz gezielte Bewegungen zu erlernen und einzustudieren fehlt allerdings. Und die Anzeige der Kontrollangaben samt dafür benötigter Frames(!) ist dafür nur ein schwacher Ersatz. Hat man seine Kombo-Fähigkeiten erweitert, kann man sich am Arcade-Modus versuchen, der einen mit jeder Figur durch eine rudimentär erzählte Story bis zum Finalkampf schleust. Und natürlich kann man sich einen zweiten Spieler schnappen und Duelle an einem Bildschirm ausfechten.

In der Theorie kann man auch die große weite Internet-Kampfwelt herausfordern. In der Praxis allerdings gestaltet sich dies als schwierig. Denn der Netzcode stellt sich als Problemkind heraus – wenn man tatsächlich mal in der unglücklichen Lage sein sollte, einen Kontrahenten vermittelt zu bekommen. Diese Schwierigkeiten sind bekannt und sollen in einem der kommenden Patches behoben werden. Doch zum Testzeitpunkt ist kein vernünftiges Online-Spiel möglich.

  1. Da der Autor es nicht erwähnt hat (oder gar herausfinden wollte).
    Melty Blood basiert auf den gesammelten Werken von Type-Moon.
    Einer japanischen Visaul Novel-Schniede, welche unter anderen Klassiker des Genres
    wie Fate/stay Night, Tsukihime oder Kara no Kyoukai geschaffen hat.
    Zumindest das hätte man wohl erwarten können, dass das recherchiert wird.
    Edit: Das Spiel scheint in der FGC auch nicht allzu schlecht angesehen zu sein und hat eine zwar kleine aber lebendige Fangemeinde.

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