Alt trifft auf neuen Zufall und Lemmy

Die Story der Basiskampagne wird keine Preise gewinnen: Der Dämonenjäger Victor Vran, der in seinem Standardkostüm leicht an Neocores Van Helsing erinnert, wird in die Steampunk-Stadt Zaguravia (bei Van Helsing: Borgovia) gerufen, um dort das Mysterium anderer verschwundener Jäger aufzuklären. Um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, muss er auch das Rätsel seiner eigenen Vergangenheit lösen – und erfährt auf diesem Wege vielleicht auch, was es mit der merkwürdigen Stimme auf sich hat, die ihn ständig piesackt und seine Aktionen süffisant kommentiert. Die Geschichte wirkt in vielen Momenten umständlich bemüht und wird zumeist nur über spröde Standbilder inszeniert. Dennoch schafft sie es, dank sehr guter Sprecher für Atmosphäre zu sorgen. Im Englischen ist der Protagonist mit Doug Cockle besetzt, dessen markante Stimme zuletzt auch Geralt von Rivia Charakter verlieh, während der ebenfalls Videospiel-erfahrene Andrew Wincott als „Die Stimme“ dagegen hält. Im Deutschen ist das Gespann sogar noch dynamischer besetzt: Martin Keßler (Victor Vran), den die meisten als deutsche Stimme von Nicholas Cage oder Vin Diesel kennen, liefert sich herrliche Duelle mit Torsten Michaelis (Sprecher von u.a. Wesley Snipes, Sean Bean oder Martin Lawrence), der in seiner Rolle voll aufgeht. Die beiden schaffen es, der Story mehr Leben einzuhauchen, als sie eigentlich herzugeben scheint. Immerhin gibt es abseits der Geschichte zahlreiche Anspielungen und Easter Eggs, von denen Elsa als Name einer mit Frost um sich schmeißenden Zwischengegnerin oder die Spinnen Itsy & Bitsy (basierend auf dem englischen Kinderreim „An itsy bitsy spider“ noch die offensichtlicheren sind. Störend vor allem in deutschen Switch-Version ist allerdings die Tonabmischung. Während es bei den anderen bisher veröffentlichten keine Probleme gab, wirken die Stimmen hier merkwürdig übersteuert, was natürlich nicht nur am heimischen Fernseher, sondern auch mobil mit Kopfhörern unangenehm auffällt.

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Die Motörhead-Kampagne mit Lemmy Kilmister in einer Gastrolle ist deutlich düsterer als die Hauptgeschichte und zeigt auch ein deutlich interessanteres Artdesign. © 4P/Screenshot

Wie schon auf PS4 und One sind in der Overkill-Edition auf Switch auch die beiden Add-Ons Fractured Worlds und Motörhead: Through the Ages integriert. Ersteres hetzt einen durch einen endlosen Fluss an zufällig generierten Dungeons, die auf bekannten Karten basieren und sorgt durch täglich neue Herausforderungen für zusätzliche Motivation. Und die Motörhead-Kampagne, an der die britische Band samt Frontmann Lemmy Kilmister vor seinem Tod kreativ mitgearbeitet hat, führt Victor in diverse abgefahrene Areale, die von Covern oder Songs der Metal-Legenden inspiriert sind. Erzählerisch zusammengehalten von Lloyd Kaufman (Gründer  und Chef der Troma-Studios) in einer gelungenen Gastrolle kommt Lemmy zwar nur kurz vor, aber mit Zitaten und Gimmicks, die man in der düsteren, von fiesen Dämonen heimgesuchten Spielwelt finden kann, ist er omnipräsent. Doch auch hier gibt es keine nennenswerte Dramaturgie. Zudem kann man jederzeit mit seiner Figur von Welt zu Welt springen. Das kann vor allem in der Anfangsphase zu leichten Balance-Problemen und gewissen Atmosphäre-Paradoxa führen, wenn man z.B. relativ früh die erste der Motörhead-Welten abschließt und als Belohnung eine Gitarre als Waffe bekommt, mit deren enormer Reichweite man in der Fantasy-Welt Zaguravia aufräumt. Doch die Freude über die scheinbare Überlegenheit währt nur von kurz, da man schließlich in allen drei Welten durch die schiere Anzahl an Gegnern sowie die mitunter bunt gemischten Angreifer mit ihren Nah- und Fernattacken sowie Bereichsschäden gefordert wird. Dafür jedoch kann man nun auch lokal kooperativ in die Gefechte ziehen, um die Waage wieder zu seinen Gunsten ausschlagen zu lassen – ein nicht zu unterschätzender Spaßfaktor. Dieser wird allerdings weiterhin durch den fehlenden Splitscreen ausgebremst – beide Spieler müssen auf einem Bildschirm Platz finden. Durch das Herauszoomen bei zunehmender Entfernung wird zwar versucht, den Zwang zur „Nähe“ etwas abzumildern, das Ergebnis stellt jedoch nur leidlich zufrieden.  

Hack&Slay mit Kick und Problemen

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An Effekten etc. wird nicht gespart. Leider zeigt der Grafikmotor aber trotz reduzierter Auflösung eine Stotter-Tendenz. © 4P/Screenshot

Eine gelungene Dramaturgie wäre allerdings nur die Kirsche auf der Sahne. Die Erzählung ist bei einem Hack&Slay oder Action-Rollenspiel oder Kloppmist oder wie man es auch immer nennen mag nur Mittel zum Zweck. Und der ist wie üblich „Jagen&Sammeln“. Oder genauer: Monster dem Erdboden gleich machen und Beute einheimsen. Im Gegensatz zum Raubgut-Überfluss, den man von Blizzard oder Runic kennt, lässt es Victor Vran vergleichsweise gemütlich angehen. Die Ratio aus getöteten Feinden, ausgeschütteter Beute und dabei gefundenen sinnvollen Gegenständen ist sehr angenehm und ein Stützpfeiler der Motivation. Abgesehen von der erwähnten Belohnung in Through the Ages sind legendäre Waffen tatsächlich rar. Sehr schön: Haemimont hatte bereits im Hauptspiel auch abseits der Jagd nach immer besserer Ausrüstung einige Mittel und Wege gefunden, wie man die Spieler auch nach Abschluss der Geschichte nach Zagurovia locken kann. Und mit den neuen Kampagnen hat man in dieser Hinsicht nochmals aufgestockt. Es warten auf jeder der umfangreichen Gebietskarten z.B. jeweils fünf Herausforderungen, für die es als Belohnung entweder Gold, Erfahrungspunkte oder Ausrüstungsgegenstände gibt. Zu diesen optionalen Aufgaben gehören das Entdecken von Geheimnissen, Zeitlimits, Gesundheitswerte, die nicht unterschritten werden dürfen, Gegner, die man nur mit bestimmten Waffen töten darf und vieles mehr.


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