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<\/figure>\n\n\nIch gebe unumwunden zu: Pentiment ist nicht f\u00fcr jeden Spielertyp geeignet \u2013 viele werden sich wegen des z\u00e4hen Tempos abwenden oder schlicht kein Interesse an einem textlastigen Krimi-Adventure ohne R\u00e4tselkomponente haben. Aber die Themen, die dieses Spiel behandelt, sind so erfrischend anders, dass es eine Freude ist, damit in einem Videospiel konfrontiert zu werden: In Pentiment geht es darum, wie sehr der Abt eines Klosters die Bauern mit immer h\u00f6heren Steuern auspresst, man erlebt die gesellschaftlichen und moralischen Zw\u00e4nge innerhalb einer streng gl\u00e4ubigen Dorfgemeinschaft. Es geht auch um Hunger und kranke Kinder, um Unfreiheit in der Ehe, um Neid und Misstrauen zwischen den unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, um Ehebruch und Missbrauch. Gleichzeitig sehen wir, wie Menschen durch Bildung den Aufstieg schaffen k\u00f6nnen oder welche Auswirkungen die Erfindung des Buchdrucks hat, wir erleben Solidarit\u00e4t innerhalb der kl\u00f6sterlichen Gemeinschaft und k\u00f6nnen ans Herz gewachsenen Protagonisten zusehen, wie sie ihr mitunter hartes Leben meistern, Kinder gro\u00df ziehen und Feste feiern.<\/p>\n
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<\/figure>\n\n\nPentiment ist ein buntes, greifbares Panoptikum sp\u00e4tmittelalterlichen Lebens, es zeigt mit dem Brennglas auf die Sorgen der Menschen und bewegt den Spieler, ohne mit dem moralischen Zeigefinger zu winken. Ich f\u00fchlte mich dabei mehr als einmal an den au\u00dfergew\u00f6hnlichen Film Boyhood<\/a> erinnert, weil auch in Pentiment nicht blo\u00df ein kurzes Abenteuer oder eine turbulente Episode im Leben dieser Menschen gezeigt wird \u2013 diese Figuren existieren wirklich in der Spielwelt, sie werden erwachsen oder altern, sie verzweifeln am Leben oder bekommen Nachwuchs, und sie erinnern sich viele Jahre sp\u00e4ter an meinen Spieler-Charakter. All das verleiht dem Spiel eine Gr\u00f6\u00dfe, eine Bedeutung wie sie nur relative wenige Spiele erlangen k\u00f6nnen.<\/p>\n\n\n <\/p>\n In puncto Spielemechanik war ich nicht entt\u00e4uscht, aber doch \u00fcberrascht, wie sehr Pentiment die Dialoge in den Vordergrund r\u00fcckt. Von ein, zwei kleinen Knobel-Momenten abgesehen existieren keine Denkaufgaben \u00e0 la Monkey Island<\/a>. Es gibt auch kein Inventar, kein Kombinieren von Gegenst\u00e4nden, kein Durchprobieren von L\u00f6sungsoptionen \u2013 Pentiment ist viel mehr Visual Novel als klassisches Adventure. Wenn man das wei\u00df und von den etwas tr\u00e4gen Bewegungen des Herrn Maler nicht genervt ist, dann kann man sich auf das Abenteuer einlassen und in der hervorragend aufgezogenen Spielwelt versinken. Im Dorf gibt es viele Wege und begehbare Geb\u00e4ude, im weitl\u00e4ufigen Kloster kann man sich schon mal verzetteln \u2013 dazu kommen Nebenschaupl\u00e4tze wie M\u00fchle oder Wald sowie ein paar Extra-Locations, die man im Storyverlauf einmalig erkundet.<\/p>\n Einerseits vermittelt diese Spielwelt den Eindruck, dass man ein geschlossenes, \u00fcberschaubares \u00d6kosystem vor sich hat, dass man nach 15 oder 20 Spielstunden dann auch richtig gut kennt, andererseits gibt es so viele Figuren, R\u00e4ume und Wege, dass sich das Hin- und Herlaufen sowie das Erkunden niemals nervig anf\u00fchlen. St\u00e4ndig gibt es nach Ereignissen neue Dialog-Optionen und andere Personenkonstellationen, immer wieder verquatscht man sich oder st\u00f6\u00dft auf dem Hof am Ostrand oder in der Krypta unter der Kirche noch auf ein \u00fcbersehenes Detail oder eine doch endlich redselige Person.<\/p>\n\n\n\n\n\n Zwei lange Kriminalf\u00e4lle sowie ein weiteres Kapitel (zu dem wir euch rein gar nichts verraten!) sind die gro\u00dfen Ankerpunkte im Spiel: Weil unser Charakter damit beauftragt wird, die Schuldigen der Morde zu finden, wird er zum Mittelalter-Sherlock, der die B\u00e4uerinnen und Handwerker, die M\u00f6nche und Nonnen, die Adligen und Landsknechte mit Fragen l\u00f6chert. Wer war wann wo? Wer hat Gespr\u00e4che belauscht oder tr\u00e4gt Feindseligkeiten gegen andere im Herzen? Andreas Maler hat vor seiner K\u00fcnstlerlaufbahn im Ausland studiert \u2013 wo und in welcher Fachrichtung, das gibt man selbst per Auswahl fr\u00fch im Spiel vor. Diese Entscheidung will wohl \u00fcberlegt sein, hat sie doch Einfluss darauf, ob Andreas z. B. in Gespr\u00e4chen von medizinischem Fachwissen oder rhetorischen Kniffen profitieren kann, ob er lateinische Texte \u00fcbersetzen oder Kr\u00e4uter-Knowhow einsetzen kann, ob er Ankn\u00fcpfungspunkte zu anderen Figuren hat, die auch schon in Basel oder London weilten. Das er\u00f6ffnet euch in den Gespr\u00e4chen zum Teil andere Dialogoptionen oder erm\u00f6glicht das Finden zus\u00e4tzlicher Beweise.<\/p>\n Um zu verstehen, warum z. B. ein hartn\u00e4ckiger Gespr\u00e4chspartner nun gerade doch nicht \u00fcberzeugt werden konnte, hilft eine kleine Plus-Minus-Rechnung, bevor im Gespr\u00e4ch eine Entscheidung f\u00e4llt: Diese zeigt euch \u00fcbersichtlich an, welche eurer vorherigen S\u00e4tze und Handlungen f\u00fcr Zustimmung sorgten oder Misstrauen beim Gegen\u00fcber hervorriefen. Das sorgt f\u00fcr eine gewisse Transparenz und einen Lerneffekt, hilft einem aber nicht, falls man mit den Konsequenzen unzufrieden ist. Denn: Es gibt in Pentiment zwar drei Spielst\u00e4nde, jedoch keine M\u00f6glichkeit des freien Speicherns und Hereinladens \u2013 in diesem Titel m\u00fcsst ihr mit euren Entscheidungen und den Konsequenzen daraus leben.<\/p>\n\n\n <\/p>\n Generell ist das Spiel eines voller Kompromisse: Ihr werdet nie alle Mitmenschen gl\u00fccklich machen und herausfinden, ob eure Schlussfolgerungen die ultimativ richtigen waren. Stattdessen gebt ihr euer Bestes, f\u00e4llt schwierige Entscheidungen in allen Graubereichen menschlicher Moral und ringt mit der stetig voranschreitenden Zeit. Das reine Umherlaufen, Plaudern oder Suchen kostet keine Stunden auf der h\u00fcbsch altmodisch dargestellten Tageszeitleiste, doch ausgiebige Gespr\u00e4che beim Mittag- oder Abendessen, das Zuschauen bei einer Obduktion oder ein Jagdausflug treiben den Stundenanzeiger gnadenlos voran. Alles ausprobieren, jeder Spur nachgehen, in jedem Haushalt zur Vesper einkehren und die Leute studieren \u2013 das geht nicht. Nur wer Pentiment erneut in seiner G\u00e4nze bew\u00e4ltigt, kann alternative Dinge ausprobieren \u2013 denn auch eine Kapitelauswahl fehlt. Das kann man konsequent finden und es passt zweifelsohne zum Ansatz des Spiels \u2013 ich kann aber nicht leugnen, dass ich an ein paar Stellen gerne “zur\u00fcckgespult” h\u00e4tte.<\/p>\n Wie ungew\u00f6hnlich und gleichzeitig prachtvoll das Spiel in all seinen Facetten aussieht, das erkennt ihr auf den Screenshots \u2013 den kreativen Umgang mit Schriften und Ger\u00e4uschen m\u00f6chte ich aber noch erw\u00e4hnen: Pentiment zeigt den gesellschaftlichen Hintergrund und Bildungsgrad seiner handelnden Personen auch im Schriftbild: Bauern “sprechen” mit krakeligen Lettern, w\u00e4hrend ihre Worte erscheinen, werden live Rechtschreibfehler ausgebessert. Die Worte von M\u00f6nchen und Nonnen aus besserem Hause werden mit sauberer Frakturschrift aufs digitale Pergament gesetzt und auch f\u00fcr den Buchdrucker des Ortes haben sich die Spielmacher eine pfiffige L\u00f6sung \u00fcberlegt. Der mal ruhige, mal bedrohliche Akustik-Soundtrack passt trefflich zum Setting des Spiels und sogar die Schreib- und Kratzger\u00e4usche, welche die Dialogzeilen im Bild untermalen, werden als Stilmittel eingesetzt.<\/p>\n\n\n\n\n\n\n Pentiment funktioniert schon als bed\u00e4chtiges Kriminalspiel, irgendwo zwischen Mittelalter-Monk<\/a> und Der Name der Rose<\/a>, hervorragend \u2013 am meisten hat mich aber fasziniert, welche spannenden Schicksale und nachvollziehbaren Entwicklungen das Team von Obsidian mir da in ihrer, trotz der flachen Grafik, extrem plastischen Welt vorsetzt. Ich bin live dabei, wie die Thesen der Reformation in eine Gesellschaft hineinwirken, ich kann sehen, f\u00fchlen und sogar beeinflussen, ob ein Konflikt zwischen Bauern, Klerus und der Staatsmacht eskaliert und in einem blutigen Aufstand m\u00fcndet. Ich spreche mit einer Nonne, die von Visionen geplagt wird und sich f\u00fcr ein Leben als Inkluse (gerne googeln!) entschieden hat oder mache mir Gedanken, ob es rechtens ist, wenn der Abt die Nutzung des Waldes zum Feuerholz-Sammeln oder Fischen untersagt. Als ein M\u00f6nch im Angesicht dramatischer Entwicklungen der Stille ein erst zaghaftes, dann Mut machendes Kyrie eleison entgegensang, bekam ich G\u00e4nsehaut, als meine (eventuell unvollst\u00e4ndigen) Untersuchungen dazu f\u00fchrten, dass ein Mensch zum Tode verurteilt wurde, plagten mich Gewissensbisse. Habe ich mich von Gef\u00fchlen verleiten lassen oder war ich auch dem adligen Fatzke fair gegen\u00fcber? Ein schlechter Charakter allein ist ja schlie\u00dflich kein Verbrechen! Fast nichts in diesem Spiel ist plump schwarz oder wei\u00df, die Menschen struggeln und tun ihr M\u00f6glichstes, sind eben auch die Kinder ihrer Zeit, mit all ihren Regeln und religi\u00f6sen Vorstellungen. Ja, Pentiment ist oft sehr bed\u00e4chtig, stellenweise sogar z\u00e4h und h\u00e4tte sich ruhig ein paar Quality-of-Life-Features erlauben d\u00fcrfen \u2013 gleichzeitig ist es aber das unverbrauchteste und selbstbewussteste St\u00fcck Software, das mir in diesem Jahr untergekommen ist.<\/p>\n<\/div>\n<\/div>\n\n\n Einzigartig, aufregend und klug: Pentiment ist ein ebenso sch\u00f6nes wie lehrreiches Adventure – ein leises, aber wertvolles Juwel im Xbox Game Pass.<\/p><\/div><\/div> <\/div> \n\n\t\t\t "Wie negativ wirken sich zus\u00e4tzliche K\u00e4ufe auf das Spielerlebnis, die Mechanik oder die Wertung aus?"<\/p>\n\t\t\t\t Es gibt keine K\u00e4ufe.<\/p><\/li>\t\t\t\t\t\t<\/ul> \n\t\t\t\t\t<\/div>\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t<\/div> \n\t\t\t<\/div> \n\t\t\t\n\n\n\n\n\n\n Pentiment ist ein \u00fcber die Ma\u00dfen erstaunliches Videospiel: Es stellt eine gro\u00dfe, menschliche Erz\u00e4hlung in den Mittelpunkt und verwebt religi\u00f6se Fragen, famili\u00e4re Dramen sowie die Entscheidung \u00fcber Krieg und Frieden zu einem einzigartigen Kriminal-Adventure. Gleichzeitig jubelt es dem Spieler viel Geschichtswissen \u00fcber eine kaum behandelte, spannende Zeit unter – das ausgehende Sp\u00e4tmittelalter mit der Reformation und dem Deutschen Bauernkrieg. Schlie\u00dflich sind auch Grafik und Pr\u00e4sentation so einzigartig wie hochwertig – all das macht Pentiment zu einem der besten Spiele des Jahres!<\/p>\n","protected":false},"author":412,"featured_media":3201873,"comment_status":"open","ping_status":"closed","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"_acf_changed":false,"_yoast_wpseo_title":"Pentiment - Test, Adventure, Xbox Series X","_yoast_wpseo_metadesc":"Pentiment ist ein \u00fcber die Ma\u00dfen erstaunliches Videospiel: Es stellt eine gro\u00dfe, menschliche Erz\u00e4hlung in den Mittelpunkt und verwebt religi\u00f6se Fragen, famili\u00e4re Dramen sowie die Entscheidung \u00fcber Krieg und Frieden zu einem einzigartigen Kriminal-Adventure. 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Gar nicht.<\/h4>\n\t\t\t\t\t
\n\t\t\t\t\t\t\t
Pro & Kontra<\/strong><\/h3>\n<\/div>\n<\/div>\n\n\n\n
Gef\u00e4llt mir<\/h3>\n\n\n\n
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Gef\u00e4llt mir nicht<\/h3>\n\n\n\n
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