Charon mal anders<\/strong><\/p>\n \u00a0<\/p>\n Der aus der griechischen Mythologie stammende Charon ist ein wiederkehrendes Motiv in der Kunst – einst zierte er viele attische Vasen, in der Renaissance verewigte ihn Michelangelo (nein, nicht der Turtle!) in der Sixtinischen Kapelle. Oft wurde der finstere F\u00e4hrmann als Greis mit fahler Haut dargestellt, der seine Barke mit einem oder mehreren Verblichenen \u00fcber den Totenfluss Acheron lenkt. Am Ufer dieses Flusses kann es tats\u00e4chlich gruselig werden – ich konnte mir im Nordwesten Griechenlands selbst vor Ort ein Bild machen. Nat\u00fcrlich nur, um nachzupr\u00fcfen, ob eher Gustave Dor\u00e9s ber\u00fchmte Schwarz-Wei\u00df-Illustration<\/a> oder doch die Charon-Bossk\u00e4mpfe in God of War: Chains of Olympus<\/a> oder Dante’s Inferno<\/a> der Realit\u00e4t am n\u00e4chsten kommen. Fazit: Vor allem im abendlichen Zwielicht sieht es am Acheron zwar so aus, als w\u00fcrden die kahlen \u00c4ste der B\u00e4ume nach einem greifen. Aber von einem hageren F\u00e4hrmann oder seinem Kahn fehlte jede Spur\u2026<\/p>\n \u00a0<\/p>\n Das Charon-Thema immer nur klassisch umzusetzen ist irgendwie langweilig: Thomas Mann verkleidete ihn in \u201eDer Tod in Venedig\u201c bereits als Gondoliere, die Kanadier von Thunder Lotus w\u00e4hlten gar einen radikal anderen, erfrischenden Ansatz, um das antike Motiv in ein modernes Videospiel zu gie\u00dfen: In Spiritfarer \u00fcbernimmt die fr\u00f6hliche junge Frau Stella den unbeliebten Job des Seelen-Begleiters. Unter ihrer Regie wird die Totenbarke im Comic-Look zum Mikro-Management-Schauplatz mit vielen Gespr\u00e4chen, Minispielen und lockerem Crafting. Anfangs befindet sich auf dem 2D-Kahn nur eine Koje, in der Stella samt ihrer Katze Daffodil die Nacht verbringen kann. Hinzu kommt ein Kartenraum, wo man die Route \u00fcber das weitl\u00e4ufige Meer festlegt. Auf diese Weise erkundet Stella nach und nach die ausladende Spielwelt und hat w\u00e4hrend der Seefahrten viel Zeit, um Ressourcen zu ernten oder etwas herzustellen.<\/p>\n \u00a0<\/p>\n Immer was zu tun<\/strong><\/p>\n \u00a0<\/p>\n \u00a0<\/p>\n chten, sich am Essen erfreuen oder einfach den Frust von der Seele reden wollen, bevor sie von Charon\u2026\u00e4h\u2026Stella zur Everdoor geleitet werden, um ins Licht zu gehen. Ihre W\u00fcnsche fallen unterschiedlich aus: Mal soll nur das Lieblingsgericht serviert werden, andere bitten um Bringdienste oder w\u00fcnschen, dass Stella f\u00fcr sie Gespr\u00e4che mit verschiedenen Personen <\/p> f\u00fchrt. W\u00e4hrenddessen entsteht ein Band zwischen euch und den Verstorbenen: Man erf\u00e4hrt viel \u00fcber ihre Gef\u00fchle, was ihnen im Leben wichtig war oder womit sie nie richtig abschlie\u00dfen konnten. Die schrullige Igeldame liest gerne Groschenromane und h\u00e4lt Stella schon mal f\u00fcr ihre Nichte, der gut aussehende L\u00f6we hat in jedem Hafen eine andere Braut, beauftragt euch aber, Rosen f\u00fcr seine einzige wahre Liebe zu besorgen. All das sorgt auf eine sensible, unaufdringliche Weise daf\u00fcr, dass man Anteil an ihren Schicksalen nimmt. Auch bei der optischen Ausarbeitung der G\u00e4ste haben die Entwickler von Thunder Lotus hervorragende Arbeit geleistet: Die antropomorph dargestellten Pers\u00f6nlichkeiten wie elegante Hirschfrau, verfressener Froschmann oder dynamisches Stier-Kolibri-Duo sind fast durch die Bank liebenswert gestaltet. Und interessant obendrein: Gerne parliert man mit ihnen, erf\u00fcllt ihre individuellen Wohnw\u00fcnsche oder versucht herauszufinden, welcher Gaumenschmaus ihnen am meisten mundet.<\/p> Inselhopping<\/strong><\/p>\n \u00a0<\/p>\n Dass Stella bei all diesen T\u00e4tigkeiten nicht nur von links nach rechts und oben nach unten \u00fcber ihr Schiff huscht, sondern im Spielverlauf auch kleine und gro\u00dfe Inseln und D\u00f6rfer erkundet, sorgt f\u00fcr optische Abwechslung und befriedigt eure Entdeckerlust. Es geht zu beschaulichen Flecken samt schrulliger Einwohner, durch H\u00f6hlen voller Edelsteine, auf luftige Himmelspfade oder zu einem Ort, der nur aus Neonreklamen und Werbeschildern zu bestehen scheint. Etliche hohe Plattformen sind anfangs unerreichbar, manche T\u00fcren verschlossen – das kann schon mal nerven, weil man einen weiten Seeweg auf sich genommen hat und vor Ort noch nicht alles erledigen kann; andererseits lohnt es sich, viele Orte nach Stunden erneut zu besuchen. Und obendrein trifft Stella in den Weiten der Meere schon mal riesige Schildkr\u00f6ten oder funkelnde Drachen – eine Fahrt lohnt sich also fast immer.<\/p>\n \u00a0<\/p>\n nd R\u00e4umlichkeiten mit ihren individuellen Arbeiten (h\u00e4ufig als Buttondr\u00fcck-Spielchen umgesetzt), die Charakter-spezifischen Sammelaufgaben, Stellas eigene Geschichte, die in stimmungsvollen Standbildern erz\u00e4hlt wird, oder das bereits erw\u00e4hnte Anlanden an allerlei K\u00fcsten (Stella steigt dazu ins Beiboot) gibt es in der Welt von Spiritfarer immer etwas zu tun. Von einem so abwechslungsreichen Tages- und Nachtprogramm und Aufgabenportfolio konnte der antike Charon nur tr\u00e4umen!<\/p>\n \u00a0<\/p>\n Licht und Schatten<\/strong><\/p>\n \u00a0<\/p>\n \u00a0<\/p>\n Motivierendes Management-Spiel mit kreativem Ansatz, einf\u00fchlsamer Geschichte und tollen Charakteren – gravierende Bugs (auch Wochen nach Launch) kosten jedoch viele Nerven. Und noch mehr Prozentpunkte.<\/p><\/div><\/div> Anzeige: Skybound Spiritfarer – [PlayStation 4] kaufen bei <\/figure>\n
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Fazit<\/strong><\/h3>\n\n\nSchade, schade, schade: Schade um den verschenkten Gold-Award. Schade um die vielen Stunden, die man vergebens investiert hat. Schade, dass dieses kreative Kleinod auf der Technik-Zielgerade stolpert. Spiritfarer ist ein so tolles, charmantes und liebenswertes Spielerlebnis, das mit vielen kleinen Aufgaben zum t\u00e4glichen Spielen motiviert und es trotzdem schafft, eine wichtige Geschichte zu erz\u00e4hlen. Dabei dr\u00fccken die Storyschreiber von Thunder Lotus nicht plump auf die Tr\u00e4nendr\u00fcse – in Spiritfarer geht es zwar ums Sterben, um das Loslassen vom Leben, aber das wird auf so feinf\u00fchlige Art getan, dass es mir warm ums Herz wurde. Hauptfigur Stella muss man einfach m\u00f6gen, auch die bunte Cartoon-Kulisse finde ich ausgesprochen gelungen. Von den kurzweiligen Minispielen \u00fcber die vielen Koch-M\u00f6glichkeiten bis hin zum flexiblen Geb\u00e4ude-Editor stimmt auch das Ger\u00fcst. Begegnet euch jedoch einer der gravierenden Bugs, auf die ich im letzten Textabschnitt eingegangen bin, kann das Spiel pl\u00f6tzlich vorbei sein. H\u00e4tte Thunder Lotus diese fatalen Fehler behoben, w\u00e4re Spiritfarer ein Kandidat f\u00fcr das beste Indie-Spiel des Jahres und h\u00e4tte locker 85 Prozent abgestaubt. So bekommt es letztlich nur unser G\u00fctesiegel \u201emangelhaft\u201c.<\/span>\n<\/div>\n<\/div>\n\n
Wertung<\/strong><\/h3>
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