Mechanisch entfernt sich Limbic Entertainment als neuer Regisseur der Machtspiele im karibischen Staat Tropico gar nicht so weit von dem, was PopTop bei Teil 1, Frog City Software bei Teil 2 und vor allem Haemimont als Hauptverantwortliche f\u00fcr die letzten drei Ausgaben als Fundament gelegt haben: Man ist als \u201eEl Presidente\u201c einer fiktiven Republik nicht nur f\u00fcr den Auf- und Ausbau von ziviler, milit\u00e4rischer oder \u00f6konomischer Infrastruktur verantwortlich: Um alles finanzieren zu k\u00f6nnen, muss man Produktionsketten aufbauen und verwalten, Handel mit anderen Nationen betreiben, kann sich auf Tourismus verlassen, sicherstellen, dass genug Arbeitskr\u00e4fte vorhanden sind und daf\u00fcr sorgen, dass diese zufrieden sind. Man kann verschiedene politische Gruppen wie z.B. Revolution\u00e4re, Kirchenvertreter, Kommunisten oder Kapitalisten unterst\u00fctzen oder bek\u00e4mpfen, was jeweils mit Vor- und Nachteilen belegt ist. Wenn alle Finanzstricke rei\u00dfen oder man sich einfach nur ein Geldpolster schaffen m\u00f6chte, kann man sich \u00fcber illegale Aktivit\u00e4ten zus\u00e4tzliche Einnahmen verschaffen. \u00dcber die \u201ePiratenbucht\u201c kann man sp\u00e4ter sogar ausgewachsene Touristenattraktionen wie Stonehenge, die Hagia Sophia oder das Brandenburger Tor stehlen, die schlie\u00dflich mit Helikopter eingeflogen werden. Allerdings sollte man aufpassen: Denn wenn man die an einen herangetragenen W\u00fcnsche nicht erf\u00fcllt und die Bev\u00f6lkerung ignoriert, kann es sein, dass man den Denkzettel bei den n\u00e4chsten Wahlen bekommt \u2013 es sei denn, man manipuliert diese.
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<\/figure>\nZwar kann man in seinen Metropolen auch stattliche Einwohnerzahlen versammeln, doch im Gegensatz zu anderen Aufbau-Titeln geht es Limbic wie auch vorher Haemimont nicht um die anonyme Masse von zig Tausenden grauen M\u00e4usen, sondern um die Pers\u00f6nlichkeit der Bewohner Tropicos. Man kann alle Figuren, die sich im Lande tummeln (inkl. Touristen) anw\u00e4hlen, ihren Status einsehen, ihre W\u00fcnsche und Bed\u00fcrfnisse betrachten und in zunehmenden Ma\u00dfe beeinflussen. Man kann z.B. ihren Arbeitsplatz wegrationalisieren oder durch eine qualifiziertere Kraft aus dem Ausland besetzen. Falls es sich um einen politischen Gegner handelt, kann man ihn auf verschiedene Wege diskreditieren, festnehmen oder gar einen Attentatsversuch anordnen. Mit zig Industrien, einem Batzen an m\u00f6glichen, teils voneinander abh\u00e4ngigen Geb\u00e4uden in unterschiedlichen Kategorien von Wohnanlagen bis Casinos, die sp\u00e4ter auch mit Spezialisierungen oder Verbesserungen ausgestattet werden d\u00fcrfen, stehen einem mehr als genug Optionen zur Verf\u00fcgung, um seine Fantasien als Karibik-Diktator ausleben zu k\u00f6nnen. Allerdings muss man darauf achten, dass man keine gro\u00dfe Landmasse zur Verf\u00fcgung hat, sondern dass das bebaubare Gebiet aus zahlreichen Inseln besteht. Da diese nat\u00fcrlich mitunter unterschiedliche Rohstoffquellen bieten und auch f\u00fcr die Besiedlung nicht gleicherma\u00dfen geeignet sind, bekommt Tropico 6 ein zus\u00e4tzliches Planungselement, das vor allem der Langzeitmotivation hilft. Dabei gibt man sich allerdings sehr \u201evolksfreundlich\u201c: Mit Ausnahme der Positionierung bestimmter Verwaltungsstrukturen wie Kliniken, Feuerwache etc. mit ihrem individuellen Einflussbereich oder der Stromverteilung \u00fcber die Inseln hinweg ist es weitgehend unerheblich, wo die Geb\u00e4ude aufgestellt werden. Man muss nicht wie bei den Siedlern f\u00fcr optimierte und entsprechend kurze Lieferwege f\u00fcr die Industrien sorgen. Im Zweifelsfall reicht es auch, wenn man auf einer Insel seine Zuckerrohrplantagen pflegt und auf einer anderen die Destillerie aufbaut. Allerdings sollte man sowohl mit Wohngeb\u00e4uden sowie Transportb\u00fcros daf\u00fcr sorgen, dass die Grundlagen f\u00fcr m\u00f6glichst kurze Wege geschaffen sind \u2013 wobei dies schon der gesunde Menschenverstand gebietet: Wenn die Besch\u00e4ftigten die H\u00e4lfte ihres Tages mit dem Transfer zur Arbeit besch\u00e4ftigt sind, geht die Produktivit\u00e4t nach unten. Doch diese Oberfl\u00e4chlichkeit und die gewisse karibische Leichtigkeit, die einen nur selten in stressige Situationen bringt, sorgt zusammen mit dem auch hier wieder gut eingesetzten Aquariumeffekt daf\u00fcr, dass man sich gerne in Tropico aufh\u00e4lt. \u00a0 W\u00e4hrend man in den 15 Missionen mit stets neuen Anforderungen konfrontiert wird, die bestimmte Spielweisen forcieren und die einen jeweils ein paar Stunden besch\u00e4ftigen k\u00f6nnen, darf man sich im freien Sandkastenspiel auf den mitgelieferten Karten oder einer zuf\u00e4llig generierten Insel vergn\u00fcgen, wobei man hier sogar mit unbegrenzten Geldmitteln arbeiten kann. Doch egal ob man sich in der Kampagne aufh\u00e4lt oder versucht, optional ohne Einfluss von Katastrophen oder mit nur geringem politischen Widerstand die Bananenrepublik seiner Tr\u00e4ume zu entwickeln, wird man irgendwann auf Probleme in der Benutzerf\u00fchrung sto\u00dfen. Mit den Unmengen an Statistiken sowie Einflussm\u00f6glichkeiten, die man hat, zeigt Limbic, dass die einzelnen Spielsysteme bis hin zur rudiment\u00e4ren Diplomatie oder den \u00fcber verschiedene Epochen hinweg freigeschalteten Verfassungs\u00e4nderungen gut miteinander verzahnt sind. Allerdings bieten sie im Vergleich zu \u201espezialisierter\u201c Strategie oder \u201eechtem\u201c Stadtaufbau eben nur oberfl\u00e4chliche Entscheidungsvielfalt und mitunter wei\u00df man schlichtweg nicht, wo man ansetzen soll, um diesen oder jenen Aspekt der Optimierung voranzutreiben. Zu h\u00e4ufig sind die Auswirkungen eher gering. Und im Falle von W\u00fcnschen, die von den verschiedenen Fraktionen ge\u00e4u\u00dfert werden, gibt es viel zu wenig Abwechslung. Das sorgte in einer Mission z.B. daf\u00fcr, dass ich schlie\u00dflich f\u00fcr meine gerade mal 250 K\u00f6pfe umfassende Bev\u00f6lkerung satte f\u00fcnf Kapellen aufgebaut habe, weil ich die Revolution\u00e4re den Kapitalisten vorgezogen habe. Und in einem Punkt entfernt sich dieses Tropico, das sich in vielerlei Hinsicht als \u201eGreatest-Hits-Sammlung\u201c der Vorg\u00e4nger-Elemente pr\u00e4sentiert, zunehmend von den bisherigen Teilen: Hatte der karibische Aufbau stets einen satirischen Unterton, geht der Humor hier sehr h\u00e4ufig verloren. Zumindest bei mir z\u00fcnden die zwanghaft gesetzten Pointen und die aufgesetzt wirkenden Akzente der ansonsten guten deutschen Sprecher \u00fcberhaupt nicht. Da man den Anteil an \u201eWitz\u201c aber ohnehin zur\u00fcckgeschraubt hat, kann ich mit diesen Mankos leben und mich nach dem Wegklicken des Sprachsamples wieder auf den Aufbau und die Pflege von diplomatischen Beziehungen konzentrieren. Wenn alle Stricke rei\u00dfen, kann man aber auch \u00fcber den so genannten \u201eBroker\u201c versuchen, sich um internationale Konventionen herumzuschl\u00e4ngeln, um seine Ziele zu erreichen. Doch es bleibt dabei: Tiefgang sucht man bis auf wenige Ausnahmen vergeblich.<\/p>\n\n Limbic Entertainment trat \u00e4hnlich wie schon bei Might & Magic 10 ein schwere Erbe an, das Haemimont als Entwickler der letzten drei Tropico-Teile hinterlassen hat. Doch letztlich ist der Neustart der Tropico-Reihe gelungen. Man muss sich um Waren- und Produktionsketten, Infrastruktur, politische Anforderungen, Handel, Bev\u00f6lkerungs-Bed\u00fcrfnisse, sein Konto und vieles mehr k\u00fcmmern. Limbic \u00fcbernimmt\u00a0 dabei viele bew\u00e4hrte Elemente der Vorg\u00e4nger und erg\u00e4nzt sie mit interessanten Neuerungen, bleibt aber trotz gut verzahnter Basis-Systeme zu h\u00e4ufig an der Oberfl\u00e4che. Als City-Builder ist Cities Skylines mit mehr Tiefgang ausgestattet. Als \u201eLogistik\u201c-Strategie ist man meilenweit von dem Kaliber eines Siedler-Teils oder Indie-Produktionen wie Factorio bzw. Satisfactory entfernt. Und bei Politik bzw. Diplomatie muss man Spielen wie Demokratie 3 oder Realpolitiks den Vortritt lassen, die aber wiederum visuell den farbenfrohen Inselwelten deutlich unterlegen sind.\u00a0 Dennoch wird man mit diesem Aufbau-Allrounder, der sich abseits der mitunter diffusen Ursachenforschung bei Problemen im Urlaubsparadies keine gro\u00dfen Fehler leistet, aber auch in keinem Bereich Herausragendes zeigt, eine Menge Spa\u00df haben. Allerdings muss man sich bewusst sein, dass die Erinnerungen daran ebenso verblassen werden wie die Postkarte, die man seinen Verwandten geschickt hat.<\/p>\n<\/div>\n<\/div>\n\n Unterhaltsame Aufbau-Strategie, die viele Mechaniken unter einen Hut zu bringen versucht, sich aber in keinem Bereich zur Meisterklasse aufschwingen kann. <\/p><\/div><\/div>
Oberfl\u00e4chlich, aber unterhaltsam<\/strong>
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\u00a0
Ein neuer Weg?<\/strong>
Dazu kommt, dass die eher offen angelegte Struktur der Produktionsketten bei St\u00f6rungen zu einer Suche nach der Nadel im Heuhaufen mutieren kann. In solchen F\u00e4llen h\u00e4tte eine verbesserte Hinweisfunktion Wunder gewirkt. Zwar gibt es mehr als genug \u00dcbersichtsschirme, auf der man Informationen zu z.B. Umweltverschmutzung, Glaubensabdeckung, Nahrungsqualit\u00e4t oder Gesundheitsversorgung abrufen kann. Wenn es jedoch in irgendwelchen Bereichen hapert, obwohl man der Meinung ist, dass man eigentlich genug f\u00fcr den jeweiligen Aspekt gemacht hat, ist die Ursachenforschung schwer. Ebenso, wenn man in den Missionen mit eher kryptischen Anweisungen konfrontiert wird. Doch mit zunehmender Spieldauer w\u00e4chst die Erfahrung, die man aus gemachten Fehlern gewinnt, so dass man schlie\u00dflich weniger herumprobieren muss, um Ergebnisse zu erzielen. Doch dieser Ansatz widerspricht eigentlich der leichten Zug\u00e4nglichkeit, die sich durch die meist an der Oberfl\u00e4che bleibenden Aufbau-Prinzipien ergibt.
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<\/figure>\nFazit<\/strong><\/h3>\n\n\n
Wertung<\/strong><\/h3>
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