Die Motivationsbremse: Blutbad in der Arena<\/strong>
[GUI_PLAYER(ID=76407,width=400,text=DotA 2 ist ein waschechter E-Sport-Titel, Tunieren sehen live tausende Spieler zu. ,align=right)]Ich bin ein Noob. Ein verdammter Noob. Schon wieder bei\u00dft mein Held ins Gras, als ich unvorsichtigerweise den Radius meines eigenen Turmes verlasse. Nat\u00fcrlich, was habe ich mir gedacht? Zwei gegen einen zahlt sich selten aus in dieser fr\u00fchen Phase des Spiels. Zudem habe ich meinen Ultimate-Skill noch nicht erlernt, mit dem ich kr\u00e4ftig Schaden austeilen kann. Au\u00dferdem h\u00e4tte ich meinem Teammitglied, das mit mir in der oberen Lane unterwegs ist, mitteilen sollen, dass ich einen Ausfall wage. Sicher, er h\u00e4tte mir geraten, am Turm zu warten, aber ich brauche schlie\u00dflich Farm. Gerade mit dem Dragon Knight gibt es wenig, was essentieller ist, als viel Gold, gute Items und ein hohes Level.
Moment! Lane? Farm? Turm? Ultimate? Wer noch nie DotA gespielt hat, der hat vielleicht ein ganz gutes Gef\u00fchl daf\u00fcr bekommen, wie es ist, das erste Mal in eine Partie einer “Multiplayer Online Battle Arena” (MOBA) geworfen zu werden. In den ersten Minuten prasseln eine Unmenge an neuen Informationen auf den Spieler ein. Das erfordert Kenntnis der Karte, des eigenen Helden und der notwendigen Gegenst\u00e4nde, bevor das Spiel \u00fcberhaupt beginnt.
L\u00e4uft es erst einmal, erf\u00e4hrt man schnell, was es mit diesem Heldentod auf sich hat, denn den erlebt man als Anf\u00e4nger ohne F\u00fchrung zigfach. DotA 2 ohne Tutorial anzugehen, f\u00fchlt sich an, wie in eine Partie American Football einzusteigen, ohne die Regeln zu kennen – Zurechtweisungen der Mannschaftskollegen inklusive. Zum Gl\u00fcck gibt es eine umfangreiche Einf\u00fchrung, die dem Spieler grundlegende Mechaniken beibringt und in \u00dcbungsgefechten h\u00e4rtet, bevor er das erste Mal an einem \u00f6ffentlichen Match teilnimmt.
Lernphase, Schritt I: Der grundlegende Spielablauf<\/strong><\/p>\n
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Das Ancient der Dire, eine der beiden Basen im Spiel. \u00a9 4P\/Screenshot<\/div>\n<\/div>\nDotA ist tats\u00e4chlich eher Sportspiel als Action-Rollenspiel oder Strategie-Modifikation, auch wenn Artdesign und Blickwinkel etwas anderes vermuten lassen. Das Prinzip ist denkbar einfach: Jede Seite besitzt ein so genanntes “Ancient”, quasi die Basis der Spieler. Die eigene muss verteidigt und die feindliche zerst\u00f6rt werden, um zu gewinnen. Die in der Mitte geteilte Karte besteht aus drei Wegen, so genannten “Lanes”, auf denen je zwei T\u00fcrme postiert sind.
An der Basis der Spieler befinden sich neben einer inneren und \u00e4u\u00dferen Verteidigung die Baracken, die in regelm\u00e4\u00dfigen Abst\u00e4nden automatisch agierende Monster (Creeps) erschaffen. Diese versuchen auf den Lanes die gegnerische Basis anzugreifen. Jedes Team besteht aus f\u00fcnf Helden, die im Anf\u00e4nger-Modus \u201ePick All\u201c aus einem Pool von ingesamt 102 Heroen gew\u00e4hlt werden k\u00f6nnen. Ziel ist es, auf wenigstens einer, bestenfalls allen Lanes bis zum Ancient durchzubrechen und durch dessen Zerst\u00f6rung das Spiel zu gewinnen.
Lernphase, Schritt Ia: Das Spielfeld<\/strong>
[GUI_PLAYER(ID=101757,width=400,text=Das Artdesign von DotA 2 lebt von seinem WarCraft-Charme, der auch in den Video-Vorstellungen der Helden zelebriert wird. ,align=right)]Wie in jedem echten Sport gibt es nur ein Spielfeld, denn DotA 2 hat genau wie der Vorg\u00e4nger nur eine Karte. Diese ist detailliert gestaltet, bietet unz\u00e4hlige Wege abseits der Lanes und ist perfekt auf das Konzept abgestimmt. Die Beschr\u00e4nkung auf eine Karte bietet zudem den Vorteil, dass es keine Balance-Verschiebungen durch unterschiedlich gestaltete Umgebungen geben kann. Jeder der 102 Helden ist exakt auf das Terrain abgestimmt und mit den anderen balanciert.
Keine leichte Aufgabe, besitzt doch jeder mindestens drei F\u00e4higkeiten sowie den Ultimate-Skill, die alle in Einklang gebracht werden m\u00fcssen. Dennoch hat Valve hier einen richtig guten Job gemacht: Die Balance ist exzellent! Die Helden gewinnen Erfahrung durch das Besiegen feindlicher Pendants, das Zerst\u00f6ren von T\u00fcrmen sowie das T\u00f6ten von Creeps – (Farmen). Hier kann auch Gold verdient werden, allerdings einzig durch den \u201eLast Hit\u201c – nur wer den Gegner t\u00f6tet, bekommt das Gold aufs Konto. Schon beim Farmen ist Timing also essentiell.
Lernphase, Schritt II: Die Gegenst\u00e4nde und der Shop<\/strong><\/p>\n
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Es gibt insgesamt 102 Helden, die in einem \u00fcbersichtlichen Men\u00fc gew\u00e4hlt werden k\u00f6nnen. \u00a9 4P\/Screenshot<\/div>\n<\/div>\nHat man als Anf\u00e4nger den Spielablauf erst einmal verstanden, gilt es, sich an die Feinheiten zu machen. Erster Schritt sind die Items, von denen man im Shop unz\u00e4hlige kaufen kann. Jeder Held besitzt drei Attribute (St\u00e4rke, Agilit\u00e4t und Intelligenz), von denen eines –\u00a0 je nach Heldentyp – das Hauptattribut ist. Dies gilt es besonders zu verbessern, um den Angriffsschaden zu erh\u00f6hen. Dazu sind besondere Gegenst\u00e4nde notwendig, die neben den Attributen auch Bewegungsgeschwindigkeit, Angriffsgeschwindigkeit oder R\u00fcstungswerte beeinflussen. Hier gilt es, in bestimmten Phasen des Spiels die richtigen Gegenst\u00e4nde im sechs Pl\u00e4tze gro\u00dfen Inventar mit sich zu f\u00fchren, um auf die F\u00e4higkeiten des Gegners reagieren zu k\u00f6nnen.
Was sich zun\u00e4chst einfach anh\u00f6rt, kann ein Grundstudium von Guides und Replays nach sich ziehen, da die Items zahlreich und die Kombinationsm\u00f6glichkeiten unendlich gro\u00df sind. Zudem ist es f\u00fcr einen effektiven \u201eBuild\u201c dringend notwendig, die F\u00e4higkeiten der feindlichen Helden in der eigenen Lane zu kennen, um ihnen mit den entsprechenden Gegenst\u00e4nden zu begegnen. Viele von ihnen sind au\u00dferdem mehrteilig: Sange & Yasha etwa, eine Kombination aus zwei Schwertern, die St\u00e4rke und Beweglichkeit erh\u00f6hen,\n
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Im Shop gibt es dutzende Gegenst\u00e4nde zu erstehen – jeder abgestimmt auf bestimmte Helden oder Situationen. \u00a9 4P\/Screenshot<\/div>\n<\/div>\nbestehen aus sechs Gegenst\u00e4nden, die kombiniert werden m\u00fcssen, um das Produkt zu erhalten. Auch hier ist wichtig zu entscheiden, in welcher Reihenfolge die Objekte gekauft werden, damit im richtigen Moment die gew\u00fcnschten Statusaufwertungen stattfinden. Die so entstehende taktische Komplexit\u00e4t ist immens und fordert Absprache, Spielkenntnis sowie \u00fcberlegtes Handeln. Ein Fehlkauf ist eine echte Goldverschwendung, da der Gegenstand nach wenigen Sekunden nur noch mit Abzug verkauft werden kann – und dies kann sich gerade im fr\u00fchen Spiel kaum ein Held erlauben. \u00a0
Zum Transport der Items gibt es die M\u00f6glichkeit einen Kurier zu erstehen, den einer der\u00a0 Spieler zu Beginn kaufen muss und der nach etwa einem Drittel der Spielzeit von anderen verbessert werden sollte. Eine Absprache ist sinnvoll, auch wenn erfahrene Spieler aufgrund der Heldenwahl meist wissen, wessen Aufgabe der Kurierkauf ist. Der Helfer kann von allen Mitspielern verwendet werden, so dass nur ein Kauf pro Spiel notwendig ist.
Die auf der Source-Engine basierende Kulisse im Comic-Stil sowie die Effekte k\u00f6nnen sich sehen lassen. \u00a9 4P\/Screenshot<\/div>\n<\/div>\nHat man das Tutorial, die Mid-Lane-\u00dcbungen mit zehn Helden und die ersten \u00dcbungsgefechte gegen Bots gemeistert und sich bis dahin noch nicht die Z\u00e4hne an der weiterhin steilen Lernklippe ausgebissen, geht es in die ersten echten Gefechte. Hier stellt sich wieder einmal heraus, dass nicht das Training z\u00e4hlt, sondern \u201eauf\u2018m Platz\u201c – und dass das Stahlbad der Arena nun zwar etwas zug\u00e4nglicher ist, die wahren Feinheiten der Taktik und des Zusammenspieles aber immer noch relativ unklar sind. \u00c4hnlich wie in jedem anderen Sport hilft nur Training, Training, Training.
Ich kann nur empfehlen, den Bekanntenkreis nach erfahrenen MOBA-Spielern abzugrasen, die sich bereit erkl\u00e4ren dem Neuling ein wenig unter die Arme zu greifen. Sonst verschwindet die Motivation schneller als sie gekommen ist. Die Community von DotA 2 ist unheimlich gnadenlos mit Neulingen. Selbst die Ank\u00fcndigung vor dem Spiel, dass sich ein Noob in den eigenen Reihen befindet, f\u00fchrt oft nur zu sp\u00f6ttischen Kommentaren oder Wut, statt sinnvollen Tipps oder Taktikanweisungen, die das Spiel vielleicht retten k\u00f6nnten. Sicher ist es z.B. unangenehm, wenn ein Anf\u00e4nger bereits zu Beginn den Gegner f\u00fcttert (feedet), indem er sich blindlings abschlachten l\u00e4sst und so f\u00fcr gr\u00f6\u00dfere Erfahrungs- und Goldvorspr\u00fcnge aufseiten des Feindes sorgt. Trotzdem w\u00fcrden Tipps mehr helfen als von erfahrenen Spielern st\u00e4ndig als Noob beschimpft zu werden.
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Lernphase, Schritt IV: Taktikfeinheiten, Spielverst\u00e4ndnis und R\u00e4nge<\/strong><\/p>\n
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Der Ultimate des Dragon Knight verwandelt ihn auf Zeit in eine m\u00e4chtige Riesenechse, die kr\u00e4ftig austeilen kann. \u00a9 4P\/Screenshot<\/div>\n<\/div>\nUnd dann, nach etwa 30 Stunden Spielzeit mit einem einzelnen Helden und Mitspielern, die geduldig Items, Taktiken (was ist eigentlich \u201eGanking\u201c und wann sollte man eine Lane \u201epushen\u201c?) und F\u00e4higkeiten erkl\u00e4ren, ist man endlich an einem Punkt, an dem DotA 2 sich pl\u00f6tzlich nicht mehr anf\u00fchlt, als ob man als untrainierter Amateurspieler auf der Bank eines Bundesligisten sitzt. Nach diesen langen Lehrstunden hat man n\u00e4mlich verstanden, wie der eigene Held funktioniert und welche Items man in welcher Situation sinnvoll anwendet. Zudem hat man gegen genug Helden gespielt, um eine Ahnung von ihren F\u00e4higkeiten zu haben und l\u00e4uft nicht mehr blindlings in brutale Stuns oder t\u00f6dliche Sch\u00fcsse. Man spielt endlich mit \u2013 und es macht neben der Anspannung auch endlich Spa\u00df, im Team zu k\u00e4mpfen. Man durchschaut die Taktiken und Strategien des eigenen Teams und des Gegners, beteiligt sich an Angriffsplanungen und reagiert auf Vorst\u00f6\u00dfe des Feindes. Hier entfaltet sich erstmals die ganze taktische Tiefe des Titels und die langwierige Einarbeitungszeit zahlt sich aus. DotA 2, das wird an dieser Stelle deutlich, ist komplex, aber fair und fordert die F\u00e4higkeiten der Spieler bis an ihre Grenzen.
Dennoch kann nicht davon die Rede sein, dass man DotA 2 damit gemeistert h\u00e4tte: Einerseits warten weitere 101 Helden darauf, gespielt zu werden und andererseits st\u00f6\u00dft man immer wieder auf neue Situationen oder ertappt sich dabei, doch zu weit vorger\u00fcckt zu sein. Zudem verh\u00e4lt sich jede Partie wie ein StarCraft 2- oder FIFA-Match: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Jeder Sieg z\u00e4hlt nur bis zur n\u00e4chsten Niederlage und jeder Kill nur bis zum n\u00e4chsten Gank. Das Prinzip hat Suchtpotenzial und man spielt oft “nur noch kurz eine Runde”, um dann festzustellen, dass es eigentlich vier waren. Zudem gibt es neben dem \u201eAll-Pick\u201c-Modus auch beschr\u00e4nktere Wahlmodi, in denen man entweder mit einem zuf\u00e4lligen Charakter spielen muss oder abwechselnd aus zwanzig Helden w\u00e4hlen darf. Jeder Spieler hat zudem einen Rang, der gleichzeitig der Hauptindikator f\u00fcr das Matchmaking ist.
Problematisches Matchmaking und faires Free-to-play<\/strong><\/p>\n
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Sieg der Dire! Bis sich solche Erfolge einstellen k\u00f6nnen Tage vergehen. \u00a9 4P\/Screenshot<\/div>\n<\/div>\nIn seinen Grundmechaniken ist DotA 2 extrem ausgereift: Bewegung, F\u00e4higkeiten, Shop, Farming und Balance f\u00fchlen sich griffig, direkt und ausgeglichen an. Auch die Kulisse kann mit detaillierten Helden, einem h\u00fcbschen Comic-Stil sowie guten Effekten \u00fcberzeugen und wirkt sehr stimmig. Bei Verbindungsabbruch oder Absturz hat jeder Spieler f\u00fcnf Minuten Zeit, um sich wieder mit der Partie zu verbinden und so einem Punkt auf der Abbrecher-Statistik zu entgehen. Dennoch krankt das Matchmaking-System teilweise an zu langsamer Spielerstellung: Oft befindet man sich trotz einer angeblicher Spielerzahl von rund 225.000 Spielern fast f\u00fcnf Minuten in der Warteschlage. Teilweise f\u00fchren einzelne Sitzungen nach einem Start direkt zu einem Abbruch, was erneute f\u00fcnf Minuten in der Warteschlange nach sich zieht. Ich habe schon 13 Minuten auf eine Partie warten m\u00fcssen, auch wenn das die absolute Ausnahme darstellte. Zudem sind die Rankings oft fragw\u00fcrdig, denn selten spielt man wirklich mit gleichwertigen Spielern zusammen.