Unmengen an Fähigkeiten

Nach und nach eröffnen sich immer höhere Stege und Türmchen in den offen gestalteten Levels. Die Fähigkeiten spielen dabei eine wichtige Rolle: Ein Großteil davon lässt sich bei Schwarzmarkthändler Trowzer gegen gesammelte Federn (also dem Gegenstück zu Marios Münzen) beschaffen. Plötzlich kann sich Yooka mit seinem geringelten Eschsenschwanz ein paar Meter in die Höhe katapultieren – und danach kommt Laylees kurzer Gleitflug zum Einsatz. Ist es auf dem Steg zu rutschig, kugle ich mit Schwung in zusammengerollter Form nach oben. Hat er vorher am Honigfass geleckt, bezwingt Klebe-Yooka sogar noch glitschigere Pässe. In der eiskalten Höhle nebenan wärme ich mich mit der entsprechenden Fähigkeit an den Flammen auf und arbeite mich so von einer Feuerstelle zur nächsten. An der Spitze des frostigen Turms erwartet mich schließlich ein verwunschenes Schloss mit verwinkelten Kerkern, Fallen und schön eingebundenen Rätseln – sehr  stimmungsvoll! Mit verschiebbaren Klötzchen und  der Umleitung von Lichtstrahlen befreie ich dort etwa Pagies aus Eisblöcken.

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Platz da! © 4P/Screenshot

Diverse Schussprojektile werden natürlich ebenfalls nützlich, so dass Yookas Mund zum fauchenden Flammenwerfer oder plätschernden Wasserwerfer mutiert. Schön auch, dass die Rare-Veteranen immer wieder dezent Bezüge zu ihrer Vergangenheit herstellen. So gibt es Referenzen zu den bereits erwähnten isometrischen Dungeons alter Heimcomputer-Spiele oder auch zu den Lorenfahrten aus Donkey Kong Country, die auch hier sauschwer ausfallen. Der wilde Mix aus sehr unterschiedlichen Themenwelten weckte bei mir immer wieder wohlige Erinnerungen an unbeschwerte Genre-Klassiker wie Gex: Enter The Gecko.

Sammelmarathon mit Suchtgefahr

An Banjos Abenteuer erinnert natürlich der Umstand, dass die riesigen offenen Spielwelten regelrecht mit coolen Fähigkeiten und Sammelgegenständen vollgestopft wurden. Wenn man schon zu Beginn viele Nebenaufgaben wie Ghostwriter abklappert, kann man bis zum Abspann gut und gerne 30 Stunden in der Welt verbringen – wenn man sämtliche Pagies sammelt noch länger. Im Gegensatz zum aktuellen Branchentrend fühlt es sich fast immer wie eine Belohnung an, wenn man wieder einmal eine Nische entdeckt, ein Rätsel gelöst, ein Wettrennen gewonnen oder einen schweren Parcours gemeistert hat. Trotz des Overkills an Gegenständen ist es hier kein Sammeln um des Sammelns willen, sondern ein motivierender Weg, die Umgebung zu erforschen. Finde ich etwa einen Weg, die große Wolke zum Regnen zu bringen, läuft der komplette Untergrund der ersten Welt voll und lässt sich mit Hilfe von Tauchgängen erkunden, bei denen natürlich diverse Geheimpassagen geöffnet werden wollen.

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Nicht wirklich homogen: Mal gibt’s idyllische Panoramen zu bewundern… © 4P/Screenshot

Ein schönes Beispiel sind auch die geisterhaften „Ghostwriter“, welche sich zunächst nur durch ein sachtes Kichern in der Umgebung bemerkbar machen. Jede Art erfordert eine spezielle Strategie, um gefangen zu werden. Mal ist aggressives Vorgehen nötig, ein anderer wird nach dem Einsatz einer speziellen Fähigkeit sichtbar. Hier gibt es kein nerviges HUD-Gewusel und keinen Navi – lediglich im späteren Spielverlauf lässt sich ein Hilfsmittel freischalten, welches in der Nähe seltener Objekte piepst. Auch das System dieser „Tonika“-Perks wirkt sinnvoll, da man sich für eines zur Zeit entscheiden muss: Will ich die Level-Spitze erkunden, aktiviere ich eine Sicherung für Stürze aus großer Höhe. In einen Bosskampf gegen einen grantigen Planeten starte ich dagegen lieber mit einem größeren Polster für die Lebens- oder Fähigkeiten-Energie.

Spaßbremsen im späteren Spielverlauf

Ich spürte von Beginn an die Lust, alles aus eigenem Antrieb entdecken zu wollen und konnte mich oft gar nicht entscheiden, was ich mir als nächstes vornehme. So ging es mit zumindest in den ersten zwei Welten, denn danach baut das Leveldesign spürbar ab. Es wirkt so, als wäre dem ambitionierten Kickstarter-Projekt irgendwann die Zeit oder das Budget ausgegangen, was sich vor allem im großen Casino oder der Sumpfwelt offenbart.

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…anderswo nur einen kargen Sumpf – in dem der glitschige Boss aber immerhin für ein spielerisches Highlight sorgt. © 4P/Screenshot

Grafik ist nicht alles – aber an manch einer trostlosen Stelle dümpeln hier nur noch ein paar kahle Baumstämme im platt texturierten Tümpel. Am Rande der großen Spielhalle hüpft man mitunter durch karge graue Lüftungsschächte oder über Roulette-Tische, deren dutzendfach kopierte Anordnung an einen Fan-Level aus dem Editor erinnert. Die Finesse der Herausforderungen lässt hier ebenfalls nach. Viele Sprung- und Rollpassagen motivieren dank des hohen Schwierigkeitsgrades auch hier noch, andere wirken aber so, als wären sie kurz vor Entwicklungsschluss nur noch notdürftig ausbalanciert worden. Oder hatte unter den Testspielern allen Ernstes jemand Spaß daran, die fitzeligen rollenden Pflanzensamen durch nervige Windturbinen und Stachelbüsche zu bugsieren?

 

  1. Also ich find das Gebrabbel und Gequake völlig ok. Zumal man die meisten Textstellen ja auch schnell durchklicken kann, und die Begleitgeräusche so reduzieren kann. Ist mir jedenfalls lieber als drittklassige deutsche Synchronstimmen auf "Alles Toggo!"-SuperRTL-Zwölfjährigen-Niveau wie weiland bei Jak & Dexter oder Ratchet & Clank, sowas nervt mich unter Umständen tausendmal mehr.
    Überhaupt gefällt mir die Soundkulisse von Yooka Laylee total gut, besonders die Musik, wie z.B. das jeweilige musikalische Thema immer in ätherisches Harfengeklimper umschwenkt, wenn man unter Wasser unterwegs ist, das ist echt liebevoll gemacht.

  2. Das Spiel macht bisher richtig Laune, was besonders an dem tollen Leveldesign, der guten Steuerung und der hübschen Grafik liegt.Die Suche nach den Pagies ist motivierend, die Idee mit der "Munition" gelungen und die Dialoge, sowie oneliner, inklusive Seitenhiebe auf die Spieleindustrie amüsant. Es gibt einiges zu entdecken, spaßige Quest und die Welten sind nicht zugemüllt mit Sammelzeug.
    Einzig das Figurendesign stört mich, da es imo ziemlich albern ist, ohne die Klasse eines Jak & Daxter oder Ratchet & Clank zu erreichen. Eine Synchronisation hätte den Figuren garantiert mehr Charme verliehen, aber dafür war wohl kein Geld da, also muss man sich mit seltsamen Geräuschen, wie man sie aus einigen japanischen Spielen kennt, begnügen, die ich hier jedoch weitaus nerviger finde. Zum Glück kann man sie in der PC Version per tweak deaktivieren.
    Im Endeffekt ist es das, was ich mir erhofft habe: ein gelungener 3D-Plattformer alter Schule, der durch seine an Jak & Daxter erinnernden Quests zusätzlich motiviert und unterhält.

  3. Falls es nicht schon jemand geschrieben hat:
    Das Spiel soll per Mod wohl auch sehr cool in VR sein.
    Wie Luckys Tale, nur als Triple A ;-)
    Werde ich demnächst auch mal ausprobieren.

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