Es braucht immer ein tragisches Ereignis, um aus einem „normalen“ Bürger einen Helden zu machen. Für Bruce Wayne war es die Ermordung seiner Eltern. Für Aiden Pearce, einen Hacker in einem fiktiven, von Sicherheitskonzernen und ihrem ctOS genannten Computersystem überwachten Chicago des Jahres 2012, ist es der Tod seiner Nichte Lena. Sie wurde das Opfer eines Anschlags, der eigentlich ihm galt. Doch er überlebte. Und er wird in den folgenden Monaten zum Rächer einer Stadt, in der die korrupte Überwachung ad absurdum geführt wird. Jeder Bürger ist nicht nur biometrisch, sondern auch hinsichtlich seiner Vorlieben und Abneigungen, seines Einkommens und vieler anderer Gesichtspunkte erfasst. Dank eines Fehlers im System gehört Aiden aber nicht dazu. Sein Gesicht kann mit keinem Datenbankeintrag verknüpft werden – nicht nur, weil er meist maskiert ist, wenn er sich auf seine Rachefeldzüge begibt.
Prinzipiell ist diese erzählerische Basis, die sich an einschlägiger Hollywood-Kost orientiert und sich thematisch freizügig bei Filmen wie Staatsfeind Nr.1 (Enemy of the State), Blade Runner oder Sneakers – Die Lautlosen bedient, gelungen. Doch was im Laufe der gut 20 bis 25 Stunden dauernden Kampagne innerhalb der offenen Welt Chicagos daraus gemacht wird, ist nicht mehr als gehobener Standard. Aiden soll als zerrissen dargestellt werden, ist aber nicht markant genug, um ihm seine sanfte Seite abzunehmen. Zumal man auch nur einmal wirklich die Wahl hat, ob man sich für den gewalttätigen oder -losen Weg entscheidet. Die meiste Zeit verlässt sich Aiden darauf, seinen Rachegelüsten zu folgen und seinen Weg mit Leichen und Altmetall zu pflastern. Und was die Erzählung an sich betrifft, kommt sie ebenfalls nicht
über das Popkorn-Kino Hollywoods hinaus und verzichtet auf unvorhergesehene Wendungen. Die Nebenfiguren, denen man begegnet, wie z.B. der durchgeknallte sowie an einen zahmen Trevor (GTA 5) erinnernden Jordi bzw. die Antagonisten, wurden zwar alle gut erfasst, doch sind sie letztlich nur Variationen von Charakteren, die man schon zuhauf in Film und TV zu sehen bekam.
Oberflächliche Dystopie
Zudem lässt Ubisoft das dystopische Element des allseits gegenwärtigen ctOS größtenteils links liegen. Man kann zwar beim Hacken von ctOS-Servern illegal aufgenommene Videos anschauen oder nach dem Freischalten der ctOS-Türme (Assassin’s Creed lässt grüßen) auch an vorgesehenen Orten nach einem passablen Minispiel kurzzeitig in einzelne Apartments “eindringen”. Doch dies hat keinerlei Auswirkung auf den Spielverlauf. Mitunter kann man zwar morbide Verhaltensmuster bei der Bevölkerung Chicagos oder einen Hang zur Selbstironie Ubis entdecken, wenn man z.B. einen Jugendlichen sieht, der Assassin‘s Creed spielt und sein Vater sich über die esoterischen Gespräche zwischen Assassinen und Opfern echauffiert. Allerdings wirkt sich dies weder auf den Spielfluss noch auf Aiden als Charakter und noch weniger auf mich aus. Mitunter musste ich zwar stark schlucken, nachdem ich registriert habe, wie verfallen die Gesellschaft Chicagos mitunter ist. Aber da ich ohnehin in die Zuschauerrolle verdammt bin und die ggf. zugrunde liegenden Verbrechen nicht weiter verfolgen kann, hielt sich meine Empathie in Grenzen.
Innerhalb der Geschichte wird zwar mit der Frage gespielt, wie sinnvoll die permanente Überwachung ist, wobei auch kritische Stimmen in Form von Hackergruppen zu Wort kommen. Doch letztlich wird die Thematik spielerisch nur so weit verwendet, wie es dem Spielfluss gut tut. Und das bedeutet, dass Aiden unreflektiert mit seinem Mobiltelefon wie ein
Wilder durch die Gegend hacken kann und kaum Angst vor Verfolgung oder Nachwirkungen haben muss. Die Stadt verändert sich auch nicht, je nachdem, wie häufig oder selten Aiden von seinen mobilen Hacker-Fähigkeiten Gebrauch macht. Alles wird dem Spielfluss untergeordnet. Zwar kann man über das Verhindern von Verbrechen dafür sorgen, dass einem die Bevölkerung der “Windy City” positiv gesonnen ist und seltener die Polizei benachrichtigt, wenn man etwas Unrechtmäßiges tut. Aber ansonsten wird viel des Potenzials des gesamten Technologie-Hintergrundes verschenkt – sowohl erzählerisch als auch hinsichtlich der Mechanik. Es gibt Momente wie bei der unaufdringlich eingebundenen Mehrspieler-Komponente, in denen Spannung aufkommt und man sich vielleicht doch eineinhalb Mal überlegt, ob man weiter mit der Ein-Knopf-Mechanik herumhackt, als ob es kein Morgen gibt. Denn es kann passieren, dass ein Passant einen Hilferuf absetzt, der (wenn man ihn nicht unterbricht) dazu führt, dass ein anderer Spieler (!) à la Dark Souls in dem eigenen Spiel auftaucht und versucht, einen zu hacken und Informationen zu stehlen. Allerdings haben weder der positive (Gegner wurde entdeckt und erledigt) noch der negative Ausgang (Gegner verschwindet mit Daten) eine Auswirkung auf Kampagne oder Spielwelt. Dennoch ist dies jedoch der erste kleine (viel zu kleine) Schritt hin zur Überlegung auf Spielerseite, ob man das Hacken und damit die weitere unbemerkte Ausnutzung der Bevölkerung nicht doch übertreibt.
Ich bin mittlerweile in einem Alter wo ich nicht mehr soviel rumjustieren will bis es läuft.
Ein Produkt hat gut zu sein oder es kommt in die Mülltonne. Meine freie Zeit ist mir einfach zu schade für sowas.
Leider erfährt man in Tests ja zu solchen Mängeln auch nix mehr, manchen fällt ein viel zu geringer FOV nichtmal auf. Auf dem konsolenlastigen 4 Players eh nicht und selten woanders.
Also ich fands super. Ich hatte deutlich weniger erwartet. An der Grafik gibt es nichts auszusetzen, was einen Spielabbruch rechtfertigen würde. Es gibt heute keine hässlichen Triple-A-Spiele mehr.
Zur restlichen Technik kann ich nichts sagen, habe es auf der PS4 gespielt und da war für mich das gesamte Spiel eine Enttäuschung bis auf die Mission im Hochhaus, die mMn am besten und sinnvollsten inszeniert gewesen ist.
Ich hab mir mal den PC Port für 5€ angetan. Naja was soll man sagen. Alleine der ekelhafte Konsolen FOV macht es im Grunde unspielbar.
Von den ganzen anderen Sachen mal abgesehen. 6 Stunden “gespielt“. Dann runter damit. Technisch einfach Abteilung Mülltonne.
Schade um die 5€, das Setting hätte mich gereizt.