Viewfinder: Prickelnde Polaroid-Perspektiven
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Learning by Doing: Damit ich zu der verlockenden Leinwand komme, muss ich eine der Holzbrücken überqueren und lerne dabei eines der wichtigsten Features des Spiels kennen. © 4P/Screenshot

Keine Tutorials, keine langatmige Intro-Sequenz: Der Einstieg von Viewfinder ist angenehm unmittelbar. Ich wache auf dem Balkon eines vollständig weiß gestrichenen Hauses auf, bei dessen Anblick ich zusammen mit dem strahlend blauen Himmel direkt an Fotos von Griechenland aus einem handelsüblichen Reiseführer denken muss. Weil ich mich aber nicht in einem Urlaub auf Santorin, sondern in der fiktiven Welt von Viewfinder befinde, habe ich nach wenigen Schritten eine Frauenstimme im Ohr, die mich an dem mir unbekannten Ort willkommen heißt.

 

 

Das erste Werkzeug, dass mir auf meiner rund siebenstündigen Reise durch die Rätselwelt von Viewfinder viel Ärger ersparen wird und dessen Anwendung ich genau wie alle anderen Mechaniken durch reines Ausprobieren lerne, ist das Zurückspulen. Auf meiner Erkundungstour durch die kleine Parkanlage des Ferienhauses will ich eine Brücke überqueren, die unter meinen Füßen in ihre Einzelteile zerbricht. Per Knopfdruck spule ich wie bei einer Videokamera vor den Zeitpunkt des Sturzes zurück und nehme einen anderen Weg, der mich zu einem Schwarz-Weiß-Foto führt.

 

 

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Die Macht der Fotografie: Mit den Bildern kann ich in Viewfinder die Umgebung beeinflussen und so Schluchten überwinden oder Höhenunterschiede ausgleichen. © 4P/Screenshot

Von der Leinwand gepflückt, in der Landschaft platziert und die Spielwelt verändert: In Sekundenschnelle hat der Inhalt des Fotos die engen Papiergrenzen hinter sich gelassen und sich in der Realität materialisiert, um einen neuen Weg zu schaffen, an dessen Ende mich der erste von vielen Teleportern erwartet. Nicht immer ist die Lösung derart unkompliziert: Manchmal muss ich das Foto einer Hochhauswand als Treppe verwenden, um einen höhergelegenen Teleporter zu erreichen oder ein Bild des Himmels nutzen, um eine Wand vor mir verschwinden zu lassen, da das Positionieren eines Abzugs Objekte in der Spielwelt wie ein gigantischer Radiergummi einfach auslöscht.

 

 

Weil dabei viel schief gehen kann, etwa dann, wenn ich mit einem ungünstig platzierten Foto den einzigen Teleporter zerstöre und mir meinen Ausweg verbaue, kommt die leicht zu bedienende Rückspulfunktion wie gerufen. Die Mechanik des Fotos, mit dem ich die Realität von Viewfinder verändere und mich so Level für Level zur Lösung rätsle, ist simpel, aber unglaublich kreativ und sorgt schon in den ersten Minuten immer wieder für Überraschungsmomente. Nach und nach wird dieses Konzept mit frischen Elementen unterfüttert und verlangt neue Einsatzmöglichkeiten, wodurch sie sich im gesamten Spielverlauf nie abnutzt.

 

Mit Stil, ohne Stillstand

Ihre Kreativität stellen die Entwickler von Sad Owl Studios dabei auch mit verschiedenen Stilrichtungen zur Schau: Projiziere ich in den ersten Minuten noch ausschließlich Schwarz-Weiß-Fotografien in die Landschaft, kommen schon bald Comicbilder mit dicken Linien, krisselige Skizzen oder handgemalte Gemälde zum Einsatz, die Viewfinder in ein künstlerisches Tohuwabohu verwandeln. Die Abweichung von den farblosen Fotos taucht auch später noch ab und an auf, aber gerade, weil mich die erste Begegnung mit den unterschiedlichen Kunstarten so geflasht hat, hätte ich mir noch ein bisschen mehr Spielereien damit gewünscht.

 

 

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Warum auf einen Stil beschränken, wenn man mehrere nutzen kann? Auch optisch erfindet sich Viewfinder immer wieder neu und begeistert mit kuriosen Einfällen. © 4P/Screenshot

Genauso abwechslungsreich geht es auch bei den Rätselmechaniken zu. Ich kann die Fotos drehen oder in bestimmten Leveln mit einem Kopierer duplizieren und so miteinander zu architektonischem Wildwuchs kombinieren, um den begehrten Teleporter zu erreichen. Die vielen Anwendungsarten der Lichtbilder machen ungefähr die Hälfte der Rätsel aus und werden immer mal wieder temporär von neuen Ideen abgelöst, etwa wenn ich vor einer Ansammlung von Bildfragmenten die richtige Position einnehmen muss, um ein zusammenhängendes Werk entstehen zu lassen, das mir anschließend den Weg ebnet.

 

 

Für mehr spielerische Freiheit sorgt dann im weiteren Spielverlauf die Kamera, die mich eigene Fotos schießen lässt, wodurch ich nicht mehr an die herumliegenden Schnappschüsse gebunden bin. Mit dem Finger auf dem Auslöser verwandle ich Gehwege in Brücken, drehe auf dem Kopf stehende Schalter oder vervielfache Batterien, um Teleporter mit Strom zu versorgen. Damit ich nicht unbegrenzt knipse, haben die Filmrollen begrenzte Kapazitäten – oft reicht es nur für ein einziges Lichtbild, wodurch das Motiv gut überlegt sein will, oder ich die Rückspulfunktion bemühen muss.

  1. Auf der PS5 gibt es eine Demo.
    Über die Dauer der Demo hat mich das Platzieren der Fotos und der damit verbundene Wow-Effekt noch unterhalten. Im letzen Demo-Level bekommt man die Kamera, mit der man selber Fotos erstellen und platzieren kann. Da kann einem von den Möglichkeiten, die man plötzlich hat, schon schwindelig werden.
    Einmal hab ich halt ein Foto einer Batterie gemacht, das Foto auf den Kopf gedreht, dass die Batterie so direkt auf der Schaltfläche gelandet ist. Das erinnert da an das Gefühl, wenn man bei Portal an Portal direkt über einem Schalter und ein Portal direkt unter einem Würfel setzt.
    Spielfortschritt ist aber, dass man von einer Teleporter-Platform zur nächsten geworfen wird. Das ist dann eher wie wenn man von einer Testkammer zu nächsten gescheucht wird.
    Ich mag solche Puzzel-Spiele und werde mir Viewfinder sicher mal holen, aber es zeichnet sich schon ab, dass Portal 2 die Königin unter den Puzzlern bleit

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