Dracula Cell
Artoon zeichnet eine düstere Zukunft: Vampire, die so genannten Nightwalker, haben es sich auf der Erde gemütlich gemacht. Wenn sich die Spitzzähne weiter in dieser Geschwindigkeit ausbreiten, werden sie in wenigen Monaten die Anzahl der überlebenden Bevölkerung überschritten haben. Die vampirische Apokalypse steht bevor. Nur eine eigens gegründete Spezialeinheit der amerikanischen Regierung tritt den Blutsaugern entgegen. Quasi das Third Echelon der Vampirbekämpfung. Und ihr als Sam “Van Helsing” Fisher-Verschnitt seid der Hauptjäger.
Jäger oder Gejagter?
Das Konzept, Stealth-Action à la Splinter Cell mit Survival Horror oder zumindest spannenden Auseinandersetzungen mit Vampiren zu kombinieren, geht auf dem Papier vollkommen auf und macht neugierig.
Doch schon in den ersten als Tutorials verkleideten Abschnitten weicht die Neugier Entsetzen. Teils gewollt, da auch hier schon früh über sparsame Akustik und wohl platzierte Schockmomente Adrenalinschübe durch den Körper gejagt werden. Doch viel häufiger sind Frustmomente und Konzeptschwächen schuld am Schrecken.Vieles in Vampire Rain erinnert an Sam Fishers beste Zeiten – ohne allerdings auch nur annähernd diese Qualität zu erreichen.
Das Design eurer Figur mit seinem schwarzen Tarnanzug erinnert deutlich an Sam Fisher. Das geht sogar so weit, dass ich manchmal das Gefühl hatte, die Grafikabteilung von Artoon hat klammheimlich bei Ubisoft Montreal um die Genehmigung für die Nutzung einiger Animationsroutinen gebeten – allerdings auf Splinter Cell 1-Niveau. Auch die Steuerung und die Bewegungsmöglichkeiten (Klettern, in Deckung gehen etc.) sind für Sam Fisher-Veteranen keine Unbekannten.
Aber wenn man sich schon so stark am Archetyp westlicher Stealth-Action orientiert und dabei sogar noch mehr Wert auf das Nicht-Entdeckt-Werden legt, wieso schleppt man immer noch längst für tot gehaltene Designaltlasten mit sich rum? Unsichtbare Levelgrenzen und vor allem ein rigoroses Trial-and-Error-System sind ein Fragment dunkler Spielevergangenheit und haben auf einer Konsole der Neuzeit nichts zu suchen.
Es gibt einen einzigen richtigen Lösungsweg und selbst wenn das Abschnittdesign suggeriert, dass man durch Ausprobieren verschiedener Taktiken ans Ziel kommt, führen alle Wege außer einem zum sicheren Tod.
Denn die Nightwalker nehmen, sobald sie euch entdeckt haben, ihre unbarmherzige Jagd auf, die in 99,9% der Fälle im Ableben der Hauptfigur mündet. Wenn man das erste Mal nach einem Versuch, die Viecher voll Blei zu pumpen, sieht, wie der Nightwalker […]
Recycling pur!
Äh… Moment mal… Könnte es sein, dass die ersten Abschnitte dieses Textes identisch zu denen sind, die ich bereits vor etwas mehr als einem Jahr zur 360-Version geschrieben habe? Verdammt! Wem will ich was vormachen? Ja! Sind sie. Aber viel anschaulicher lässt sich nicht zeigen, dass die PS3-Version trotz des neuen Untertitels, neuen Cover-Designs und einigen wenigen Modifkationen inhaltlich absolut mit der 360-Variante übereinstimmt. Und diese war seinerzeit schon nicht die Ausgeburt an Spielspaß, ausgefeiltem Leveldesign oder gar visueller Pracht.
Wer wider besseren Wissens mehr (oder in diesem Fall alles) über die Grundthematik wissen will, den leiten wir an dieser Stelle kurz zurück in den Test von damals…
Stattdessen werden wir uns nachfolgend nur um die Änderungen kümmern, die es tatsächlich schaffen, aus einem ohnehin nicht einmal an einem durchschnittlichen Niveau kratzenden, aber immerhin in seinen besten Momenten B-Film-Flair verströmenden Spiel einen Totalausfall zu machen.
Alles schlechter auf der PS3
Dass es dem Team nicht gelingen würde, die bereits vor 18 Monaten kritisierte Trial-und-Error-Mechanik auszumerzen, war mir von vornherein klar. Was ich allerdings nicht vermutet hätte, ist, dass die gut gemeinten Änderungen allesamt nach hinten losgehen.
So wurde versucht, den happigen Schwierigkeitsgrad zu senken. Dementsprechend wurden die Positionen zahlreicher Gegner in den kleinräumigen Abschnitten verändert oder ganz gestrichen. Zusätzlich wurde die verteilte Munition deutlich aufgestockt. Ersteres sorgt nun dafür, dass die ohnehin eher selten anzutreffende Hochspannung nahezu völlig ausgeschaltet wird. Wo keine Gegner sind, kann es auch nicht spannend werden. Und die auf der PS3 zusätzlich verfügbare Munition ist eine Farce. Denn da die Vampire, insofern sie in den Abschnitten belassen wurden, immer noch sehr schnell und sehr effektiv angreifen, hätte Artoon auch unbegrenzte Munition ohne Nachladen einfügen können – die Kämpfe wären deswegen nicht balancierter gewesen, als sie es ohnehin schon nicht sind.Achtung: Vor diesem Spiel muss gewarnt werden. Selbst, wenn es keine Konkurrenz gäbe, sollten diese zahnlosen Vampire eingesargt bleiben.
Was allerdings viel bedenklicher ist: Das in Grundzügen immer noch ansprechende Puzzle-Konzept (Wie komme ich bestmöglich an dem Gegner vorbei?) wurde technisch nicht ein Myon vorwärts gebracht. Ganz im Gegenteil! Trotz einer rekordverdächtig langwierigen Installationsroutine von gut einer halben Stunde, die euch gut 4 GB auf die Festplatte schaufelt, liegen die Ladezeiten hinter denen der 360-Vampire zurück.
Während der Dauerregen immer noch das visuelle Highlight darstellt (Stichwort: Unter Blinden ist der Einäugige König), ist der Rest eine Enttäuschung. Mehr noch: In Zeiten von Metal Gear Solid 4 oder Dead Space sowie Resident Evil 5 am Horizont ist Vampire Rain einfach nur noch hässlich.
Anstatt die zusätzliche Zeit zu nutzen, um Altered Species anzuhübschen, wurde in dieser Hinsicht absolut gar nichts gemacht. Schlimmer noch: Die Textur-Tapeten wirken noch grober als sie sich ohnehin schon auf 360 gezeigt haben. Und die auf eher unterem PS2-Niveau angesiedelten NPCs gehören wie das gesamte Spiel eingesargt&
Die verlassen sich wohl drauf, dass Spieler, die sich nicht in Magazinen oder im Internet schlau machen, dass Spiel kaufen, wenn sie es im Regal sehen. Denn von dem Gameplay-Prinzip her ist das Spiel eigentlich sehr interessant, nur die Umsetzung ist eben grottig. So werden sie wohl auch die Kohle für diesen Port zusammengekratzt haben. Anders kann ich es mir kaum vorstellen, da der Publisher dann wohl abgesprungen wäre.
Bsp.: Megaman 9, du läufst gemütlich da lang, und auf einmal greift dich so ein helicopter teil und du stirbst. Beim nächsten versuch bist du viorgewarnt und das dingen erwischt dich nicht.
Was bedeutet eigentlich Trial & Error O.o
Von allen Spielen, die man hätte portieren können (oder stattdessen was ganz neues machen), wieso schmeißt man da ausgerechnet für diesen Flop Geld zum Fenster raus? Das Spiel war vorher schon hässlich, unbalanciert und auch in vielen anderen Bereichen einfach nur schlecht. Auch kommerziell war es, wenn ich mich nicht sehr irre, alles andere als Erfolgreich. Ohne das Ding von Grundauf neu (und diesmal gut) zu entwickeln, kann man aus so ner Software-Leiche nicht viel mehr machen. Also wie kommt irgendjemand in dieser Firma auf den Gedanken, dass es auch nur ansatzweise einer guten Idee ähneln würde, eins der schlechtesten Spiele der letzten Jahre auf die PS3 zu portieren? Und was sind das für Leute, die diesem Jemand auch noch zustimmen und das ganze unterstützen? Klar, eine Portierung kostet weniger als eine komplette Neuentwicklung, aber ich glaube nicht, dass die Kosten gering genug sind, um einen weiteren, nahezu sicheren Flop wirtschaftlich zu machen. Ich meine, wie oft wird sich das Ding verkaufen? Drei Mal weltweit?
Gerade in der heutigen Zeit, wo alle jammern wie schwer es Spieleentwickler haben und dass alle pleite gehen wegen Raubkopierern und/oder anders bedingten schlechten Verkäufen, kann ich so eine Entscheidung beim besten Willen nicht nachvollziehen.