Obwohl man mit Musik oder Performance Arts als erzählerischem Hintergrund als Entwickler leicht in Versuchung kommen könnte, irgendwelche rhythmischen Elemente in den Kampf einzubauen, geht man hier einen konservativen Weg: Am oberen Bildschirmrand ist eine Aktionsleiste, die die Reihenfolge der nächsten Züge anzeigt, so dass man seine Angriffe entsprechend planen kann. Natürlich kann man nicht nur physisch attackieren, sondern auch per Magie. Man kann alternativ Gegenstände verwenden, um Statistik- und damit Kampfwerte temporär zu modifizieren oder Lebensenergie bzw. Mana heilen. Und mit Ausnahme von Itsuki kann man sein Kampftrio verändern, wenn man an der Reihe ist und Reserve in petto hat und so seine „Elementarzusammenstellung“ ändern, wenn man feststellt, dass man in der gegenwärtigen Gruppierung kaum eine Chance hat. Denn im Zusammenhang mit den Spezialfähigkeiten jeder Figur sowie den wechselbaren Waffen, von denen jede für ein bestimmtes Element steht, bekommen die klassisch geführten Auseinandersetzungen eine frische Note.
Schafft man es, entweder die Elementarschwäche des Gegners auszunutzen oder landet einen kritischen Treffer, wird eine Kombo-Attacke, die so genannte „Session Attack“ ausgelöst, bei der die Mitstreiter außerhalb ihres eigentlichen Zuges den jeweiligen Feind zusätzlich angreifen – doch Vorsicht: Natürlich können auch die Gegner eine Kombokette starten. Es gibt später sogar die Möglichkeit, zusammen mit den Mirage-Partnern bestimmte Angriffe zu initiieren oder Kombos aufzubauen, die ein Dutzend Angriffe beinhalten und nebenbei auch noch Lebens- oder magische Energie auffüllen. Zusätzlich gibt es auch noch besonders mächtige Angriffsformen, die mit einer Zwischensequenz eingeleitet werden, an der man sich auch nach dem x-ten Mal nicht satt sieht. Und das alles bei einer sehr leichten Zugänglichkeit. Mitunter könnten die Erklärungen für bestimmte Aktionen zwar üppiger ausfallen, so dass die Zusammenhänge klarer werden. Doch jeder, der schon einmal irgendein Rollenspiel japanischer Ausprägung von Final Fantasy bis Shin Megami Tensei, von Grandia bis Chrono Chross in den Fingern hatte, wird sich hier sehr schnell wohl fühlen und die Kulisse genießen.
Zwischen Kunst und Kitsch
Vor allem die cineastischen Superangriffe und das Figuren- bzw. Kostümdesign wissen visuell zu überzeugen und machen aus dem Crossover-Projekt eine Wii-U-Augenweide. Doch es gibt im Allgemeinen ohnehin nur wenige Elemente, bei denen Tokyo Mirage einen biederen Eindruck hinterlässt. Das poppig-bunte Design, das sich sowohl durch einen Großteil der Levelgestaltung als auch vor allem durch die Menüs zieht, passt wunderbar zum Popkultur-Thema. Die Anime-Zwischensequenzen wurden aufwändig produziert und sind zusammen mit den speziell für das Spiel komponierten J-Pop-Songs immer ein audiovisueller Höhepunkt. Das gilt angesichts von mangelnder Texturabwechslung zwar nicht immer für die Dungeons, die man auf der Suche nach den skurrilen Gegnern bzw. als Aufgabe einer Mission durchforstet, doch unter dem Strich ist #FE ein sehr ansehnliches Erlebnis. Bei den nur als grobe Farbtexturen dargestellten Zivilisten, die man beim Durchstreifen der leider etwas klein geratenen Hublevels auf dem Weg zum nächsten Dungeon oder zum nahe gelegenen Shop antrifft, werden sich die Geister allerdings scheiden.
Denn die sehen in der Tat weder besonders schön noch besonders homogen integriert aus. Allerdings habe ich meine eigene Theorie und sehe sie stellvertretend für die weitgehend anonyme Masse, die ihren Idolen auf der Bühne zujubelt sowie als Metapher für die Einsamkeit des Helden. Dadurch werden diese NPCs zwar nicht hübscher, aber sie passen sich so wunderbar in die Thematik ein. Ich bin mir aber nicht sicher, ob sich Atlus bzw. Nintendo mit einer Designentscheidung neuer Fans berauben. Ich persönlich störe mich zwar nicht an der rein japanischen Sprachausgabe, die auch hierzulande nur mit englischen Untertiteln versehen wurde. Doch wer nur über das schicke Cover oder pure Neugier auf Tokyo Mirage Sessions stößt und dann feststellt, dass er akustisch gar nichts und ggf. textuell nur wenig versteht, wird trotz aller inhaltlicher Vorzüge nur wenig Spaß haben.
Zeitfresser
Wer sich allerdings auf #FE einlässt, hat viel zu tun. Auch ohne den sonst üblichen Grind gibt es genug Inhalte, um dutzende unterhaltsame Stunden zu verbringen. Es gibt ausreichend Haupt- und Nebenmissionen, wobei sich über Letztere sogar neue Fähigkeiten freischalten lassen. Man sogar oberflächlich soziale Verbindungen pflegen, die sich aber nur rudimentär auf das Spiel auswirken und nicht einmal ansatzweise die Partyinteraktion von Bioware-Titeln erreichen. Doch viel wichtiger: Die Pflege der Charaktere ist vielschichtig. Zwar kann man die nach einem Levelaufstieg vergebenen Statsistikpunkte nicht selbst verteilen, sondern ist auf die Zuteilung durch das Spiel reduziert. Doch dafür kann man später sogar eigene Waffen herstellen, damit maßgeblich Einfluss auf die Elementarkräfte bzw. -Verteilung innerhalb der Gruppe nehmen und hat bei der Wahl der Fähigkeiten größtmögliche Freiheit.
Schade ist allerdings, dass die Anzahl der erlaubten Spezialoptionen limitiert ist. So muss man irgendwann bei jeder hinzukommenden Fähigkeit entscheiden, ob man sie ignoriert (und sie dann verfällt) oder sie “anlegt” und dafür eine andere permanent verliert. Da man hier u.U. zu Gunsten einer neuen Option auf eine Elementarkraft verzichtet, man aber kurz darauf feststellt, dass man genau diese noch brauchen könnte, kommt ab und an leichter Frust auf. Da man aber beinahe überall speichern kann, lässt sich dieser Trial&Error-Prozess auf ein erträgliches Maß an Zeitaufwand reduzieren.
Schön zu wissen, den hab ich gestern Abend gerade noch betreten und dann gespeichert
Es ist jedenfalls total kitschig. Viel kitschiger als ein Persona. Man braucht schon ein dickes Fell. Man kennt das aus entsprechenden Anime. Selbstverständlich wollen alle immer nur Idols werden, weil sie alle Menschen glücklich machen und ihre Herzen durch Musik erreichen wollen (während ich dies tippe läuft hinten der Schmalz aus der Tastatur...)
Mag sein, dass sich das im Lauf des Spiels noch gibt, wie gesagt, ich bin erst knapp 5h drin (Zero Time Dilemma ist etwas dazwischengegrätscht...). Auf die von Levi angesprochenen satirischen Momente versuch' ich mal zu achten, angesprungen ham sie mich aber bisher nicht.
Auf der anderen Seite empfinde ich das Kampfsystem durchaus auch als originell, man versucht quasi immer erstmal Schwächen bestimmter Gegner zu ermitteln und dann Ketten zu bauen, denn immer wenn man eine Schwäche ausnutzt, kann ein anderes Partymitglied, das eine...
Wie Levi bereits erwähnt hat, parodiert die Story viele dieser Klischees regelrecht und die Figuren die diese am stärksten darstellen sind prinzipiell auch so angelegt, dass man diese erkennt (z.B. strunzdumm). Die meisten der Charaktere kommentieren dieses Verhalten dann aber auch kritisch bzw. humoristisch. Dieses Spiel beinhalte ja eigentlcih auch eine explizite Kritik der japanischen Popkultur, was leider durch die Zensur natürlich nicht ganz so erkenntlich ist, (Siehe Entfernung der Pinup-Bilder und Pinup-Vergangenheit eines bestimmten Charakters.)
bin nicht yopparai aber ich antworte trotzdem mal:
Die Story hat Fremdschäm-Charakter ... aber sie spielt auch regelrecht damit.
So gibts zum Beispiel eine Stelle, bei der du explizit von einen "jüngeren" Charakter mit "Onii-Chan" angesprochen wirst. ... (Als Anspielung auf gewisse Anime-Trope) Deinem Charakter ist das aber praktischerweise ähnlich peinlich wie dem Spieler selbst
Sowieso hilft der Hauptchar mit seiner "Ablehnung" des ganzen Idol-Krams dafür, dass man gut mit zurecht kommt ... bzw später mit reinwächst?! (hab erst Prologue beendet ... blödes RL )