Die Büchse der Pandora?

Ich mag den Hexer als Figur in den Romanen von Sapkowski und ich schätze das hingebungsvolle Spieldesign von CD Project RED. Aber als die polnischen Entwickler ihre offene Welt vor zwei Jahren ankündigten, war ich skeptisch. Das “Warum” will ich auf dieser ersten Seite etwas näher erläutern, damit mein Standpunkt im Test klarer wird.
Die Sogwirkung von The Witcher und The Witcher 2: Assassins of Kings beruhte ja nicht auf hunderten Quadratkilometern an Möglichkeiten, nicht auf XXL-Kontinenten, Arena-Bosskämpfen oder All-you-can-quest-Karten, sondern auf einer fast schon intimen Atmosphäre mit kleinen, aber fein designten Schauplätzen. Die totale Freiheit ist natürlich verführerisch, aber kann zur Büchse der Pandora werden – gerade in der Weiterentwicklung eines Rollenspiels, das man aufgrund gewisser Tugenden lieb gewonnen hat.

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Was ist mit dem was bisher geschah? Vor dem Start könnt ihr fünf der zig Ereignisse aus The Witcher 2 simulieren oder mit einer Standardvariante loslegen. Lediglich auf dem PC könnt ihr Speicherstände importieren und so den kompletten Status quo des Vorgängers herstellen. © 4P/Screenshot

Als Dragon Age: Inquisition im November 2014 vormachte, wie man es nicht macht, wie also eine offene Spielwelt mit überflüssigen bis dämlichen Sammelreizen zum Spielplatz degradiert wird, wie man Vervollständigung en masse statt Erkundung en detail designt, war ein intensives Rollenspielerlebnis für mich nicht mehr möglich. Dieses BioWare, dem ich so viele Stunden erstklassiger Abenteuer in kleinen Arealen verdanke, das hinsichtlich Storytelling so glänzte, konnte in der Weite nicht faszinieren. Die Macher von Baldur’s Gate 2 und Star Wars: Knights of the Old Republic sind zu viele faule Kompromisse eingegangen.

Das neue Vorbild: Bethesda

CD Project RED ist in diesem Vergleich noch ein junges, aber durchaus etabliertes und erfolgreiches Studio auf der Rollenspielbühne. Und wem wollten die Polen als Rollenspiel-Entwickler immer nacheifern? BioWare. Das war 2007 natürlich genauso ehrenwert wie clever, aber schien im Dezember 2014 fast wie ein böses Omen. Zu dieser Zeit lief die PR-Maschinerie für den Hexer zwar schon auf Hochtouren, aber es kamen Gerüchte auf, dass The Witcher 3 ein “unfertiger Grafikblender” sei. Und manche Videos ließen den Verdacht aufkommen, dass

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Die Steuerungsbelegung ändert sich ein wenig je nachdem ob man kämpft, erkundet, taucht etc. Das Licht, die Bewegungserkennung sowie die Touchfunktion des PS4-Gamepads werden nicht für spezielle Aktionen eingesetzt. © 4P/Screenshot

dieser Hexer vor allem spektakuläre Arenagefechte austragen wird. Im Dezember folgte dann die erneute dreimonatige Verschiebung des Abenteuers. Hatten sich die Polen übernommen? Oder wollte man vielleicht auch die damals aufkeimende Kritik an Dragon Age in die Verbesserungen einfließen lassen?

Hoffnung machte jedenfalls eines: Obwohl CD Project in der Gründungszeit die Kanadier als Vorbild bezeichnete und sogar mit der Aurora Engine startete, orientierten sie sich für The Witcher 3: Wild Hunt an einem ganz anderen Abenteuer: The Elder Scrolls 5: Skyrim. Und das konnte mit seiner offenen Spielwelt eine epische Sogwirkung entfachen, weil man die Landschaft mit ihren Ruinen in das Storytelling einbezog, weil Bethesda die Erkundung so reizvoll gestaltete, dass auch im Vorbeigehen kleine Geschichten erzählt wurden – nicht das künstliche Vervollständigen, sondern das Wandern in einer Terra incognita mit Überraschungen zeichnete das Rollenspiel aus. Eine offene Welt muss also nicht per se ein Fluch sein. Es geht mir nicht um Oldschool versus Open World, sondern um die Art der Inszenierung. Und jetzt zum Hexer.

  1. Finde es unreal The Last of Us 2 über The Witcher 3 zu erheben und zu sagen, Witcher 3 war gar nicht so gut damals wie angenommen, ein überschätztes Game. Technisch sowieso nicht vergleichbar mit The Last of Us 2 (Witcher 3 war übrigens nicht PS4 Exklusiv, da speilen also auch andere Faktoren mit was die Engine betrifft), weil da einige Jahre und Entwicklungszeit dazwischenliegen.
    Jetzt fehlt nur noch das behauptet wird The last of Us 2 hat in seiner Quantität und Qualität genauso viele gute Charaktere zu bieten wie ein Witcher...
    Habe selten so eine weltfremde Meinung gehört. Es ist Dein gutes recht The Last Of us 2 als ewiges Meisterwerk anzuloben, aber besinne Dich evtl. doch ein bißchen auf Objektivität und Neutralität. Balance mein Freund ist das wichtigste im Leben!

  2. Nuracus hat geschrieben: 21.07.2020 14:33 MAAANN ich weiß, jetzt kommen wieder "ABER THE LAST OF US IST KEINE LASAGNE SONDERN EIEN DOSE RAVIOLI!!!111".
    Dann ersetz das Essen in den Sätzen davor durch den üblichen Nudelauflauf. Der ja auch sehr geil sein kann (oder auch nicht) und durchaus Gemeinsamkeiten mit Lasagne hat (in diesem Beispiel: Die Storylastigkeit, mit vielen Cutscenes - das ist der Käse).
    Nö beide Spiele sind ein wahrer Festschmaus für die Genießer da draußen, man muss sie nicht gleichzeitig reinwürgen, sonst kommen keine solche amüsante Kommentare wie hier zustande :mrgreen:
    "Ellie"
    "was ist Dina"
    "wie schmeckt dir Witcher 3"
    "alt und zäh, wie schmeckt dir The Last of Us 2 Geralt"
    "ziemlich blutig Ellie"
    "eine Prise Rache verfeinert den Geschmack"
    Yay

  3. Ich hole ja gerade Hellblade nach. Und hier habe ich den Artstyle und vor allem die Farbpalette nun gefunden, die ich mir mal für Witcher 3 gewünscht habe und nach der es zu Beginn ja auch aussah, bevor CDP dann in die Bonbonkiste gegriffen haben.

  4. Nuracus hat geschrieben: 21.07.2020 13:40 Die Unterschiede sind mir völlig klar, ändern aber rein gar nichts an der echt schon fast unterdurchschnittlichen Umsetzung mit den Ladezeiten.
    Abgesehen davon, nehmen wir das Beispiel Taverne.
    Manchmal betritt man eine Taverne und wenn man einen bestimmten Punkt überschreitet, geht das Spiel (per Blackscreen) in eine Cutscene über.
    Diesen Blackscreen, der zum Teil nicht mal ne Sekunde dauert, kann man nicht anders lösen?
    Natürlich kann man das, der Blackscreen ist lediglich die einfachste Lösung, und leider auch die, die den Spielfluss am heftigsten unterbricht.
    Das fällt eben besonders auf, wenn TW3 mehrere teils kurze Cutscenes aneinander reiht und diese jeweils mit einem Blackscreen + Ladezeit unterbricht.
    Bevor ihr euch gegenseitig zerfleischt (oh immer diese Beißreflexe bei Kritik), ich finde as Spiel grundsätzlich sehr gut, obwohl es zahlreiche Kritikpunkte hat.
    Die Problematik des stotternden Erzählens fällt mir nur einfach jetzt besonders auf, da ich mit TLoU 2 das krasse Gegenteil erlebt habe.
    Es sieht aus, als hätte sich CDP da schlicht gnadenlos überschätzt.
    Nein, kann man eben nicht. Selbst wenn es Beispiele gibt, die direkt eine Szene triggern, muss die Engine so funktionieren, dass alle Fälle abgedeckt sind. In TW3 kann der Ausgang eines kurzen Dialogs schon dafür sorgen, dass die darauffolgende Szene komplett anders verlaufen wird. Die Engine muss also so aufgebaut werden, dass sie grundsätzlich immer bereit ist entweder Fall A oder Fall B zu laden, selbst wenn nach einem Dialog es kein unterschiedlicher Ausgang gibt. Auch muss immer Geralt mit dem Equipment geladen werden, das man sich auch angezogen hat, während die Ausrüstung in TLOU2 fest vorgeschrieben ist.
    Die Engines sind auf komplett unterschiedliche Anforderungen ausgelegt.
    TLOU2-Scripts sind deswegen so flüssig, weil sie komplett linear durchgescriptet sind und sogar von Schauspielern gemotioncaptured. Da spielt quasi nur ein Film mit festen Skript...

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