Wenn Freunde zu Familie werden

US-Amerikaner sprechen schneller von Freundschaft und Familie als wir es tun. Und trotzdem ist es verständlich, dass Menschen wie Kenny, Luke und Sarah zu Brüdern und Schwestern werden in einer Welt, in der menschliche Zusammenhalte nach wenigen Tagen zerrissen werden. In dieser Welt von The Walking Dead bleibt ihnen oft nichts anderes übrig, wenn sie emotional nicht zurückgelassen werden wollen.

Die Überlebenden unterhalten und streiten sich diesmal über Zurückgelassene. Sie finden zueinander oder schaffen Distanz – JT Petty und Eric Stirpe haben eine Geschichte über Vertrauen, Ängste, Wut und Liebe geschrieben. „Amid the Ruins“ trägt damit viel zur Entwicklung der Figuren bei. Im Vordergrund steht die zuletzt eingeführte Jane, eine geheimnisvolle Einzelgängerin. Die sich abzeichnende Freundschaft zu ihr sowie das Vertrauen zu ihrem langjährigen Bekannten Kenny setzen frische Akzente in dem Figurenroulette um Clementine.

“Na, super!”

Neue Wege beschreiten dabei weder die Autoren noch Regisseur Jason Latino: Als ein neuer Charakter auftaucht, den Clementine für ihre eigenen Zwecke ausnutzen oder dem sie helfen kann, wirken sowohl die Entscheidung als auch das Ergebnis wie Rückblenden auf vergangene Ereignisse. Wenn die Untoten heran schlurfen und die spielerische Freiheit auf das Anklicken der nächsten Szene beschränkt ist, steckt die zweite

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Clementines Beziehungen zu Jane und Kenny stehen im Vordergrund. © 4P/Screenshot

Staffel weiterhin in einem kreativen Korsett, dem Telltale scheinbar nichts Neues abgewinnen will. Latino inszeniert einen packenden und bewegenden Überlebenskampf; er gleicht dem seiner Vorgänger nur zu sehr.

Dabei täte selbst den guten Unterhaltungen, in denen sich Clementine oft und auf unterschiedliche Art einbringen kann, eine Verbesserung gut. Interessant wäre z.B. eine Markierung der Tonlage, in der sie die möglichen Antworten gibt. Der Unterschied zwischen einem freundschaftlichen und einem als Vorwurf vorgetragenen “Das hast du ja super hinbekommen!” ist schließlich enorm – momentan aber nicht erkennbar. Ironie, gespielte Schwäche oder scherzhafte Gängelei aktiv zu beeinflussen, könnte die emotionale Stärke der Gespräche vertiefen und die schnelle Wahl einer Antwort erleichtern.

Verbraucht und trotzdem recycelt

Auch die Inszenierung muss Telltale irgendwann verbessern: Abrupte Schnitte sowie plötzliche Meinungsänderungen wirken in Anbetracht modernen Spieleschaffens altmodisch. Musik setzt unvermittelt ein, Kamerabewegungen sind starr, Charaktere interagieren kaum im Bild miteinander, weil das Zusammenspiel mehrerer Objekte offenbar schwer fällt.

Anstatt die vertraute Formel inzwischen staffelweise zu recyceln, sollte das Studio sowohl technisch als auch inhaltlich in die Zukunft blicken, um auch in den kommenden Jahren starke Geschichten zu erzählen.

  1. Manchmal frag ich mich was der Tester bei solchen Spielen denkt. Es ist doch locker zu erkennen, ob eine Antwort sarkastisch, trotzig oder freundlich rüberkommen wird wenn man sich die Antwortmöglichkeiten durchliest. Dafür braucht man keine Stimmlagenoption sondern nur ein wenig Interesse an dem Spiel, das man spielt.

  2. EnricoPalazzo hat geschrieben:Eure Kritik zu den nicht vorhandenen Entscheidungsfolgen hat sich Telltale für Episode 5 wohl mal zu Herzen genommen ;)
    Abwarten. Am Ende wird die Anknüpfung an Season 3 doch wieder für alle Spieler gleich sein und begründet wird dies mit defektem Savegame-Import, das nie behoben wird... Ich kenn doch meine Pappenheimer. :lol:

  3. Nach dem Abschluss dieser Staffel sollte Telltale die gesamte Serie runderneuern. Noch eine Season in diesem Stil würde mir überhaupt nicht gefallen; das Spiel nutzt sich so langsam ab, vor allem, wenn man noch The Wolf among us gespielt hat. Wenn es keine spielerischen Fortschritte gibt, dann doch wenigstens storytechnische. Die Entscheidungsfreiheit ist nur oberflächlich, es macht kaum Unterschied welche Aussage man tätigt. Die Folgen sind minimal ... ich würde mir wünschen, dass man durch verschiedene Entscheidungen verschiedene Orte besuchen kann, ganz neue Charaktere trifft oder eben nicht. So, wie TWD zurzeit designt ist, macht für mich ein zweites Durchspielen überhaupt keinen Sinn.

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