Ohne Kompass in der Wildnis

Vor allem das Erkunden macht Laune: Blickt man in die Ferne, über die verwitterten Schienen hin zum Staudamm, wo sich Fachwerkhäuser zeigen, wirkt diese nordamerikanische Idylle seltsam verwunschen – wie der Hexenwald in einem Grimm’schen Märchen. Und obwohl das keine offene Welt ist: man kann tatsächlich fast überall hin spazieren. Es gibt nicht nur einen weitläufigen Bergwald samt Flussufer, man kann diese alten Häuser durchstöbern, dazu eine Holzkirche samt Friedhof sowie ein labyrinthisches Bergwerk. Aber findet man auch den geheimen Eingang? Es gibt keine Karte.

Und genau das ist gut so, denn gerade das Umherirren verstärkt das Erkundungsgefühl bei der Suche nach Antworten. Ab und zu kann man auch Schienenfahrzeuge oder Aufzüge benutzen. Ansonsten ist man lediglich zu Fuß unterwegs – ohne Waffe, Notizblock oder Inventar. Es gibt zwar keinen Tag- und Nachtwechsel oder Wettereinflüsse, aber je nach Ort wechselt die Stimmung. Etwas unrealistisch mutet an, dass man endlos ohne Erschöpfung rennen kann. Zwar ist das komfortabel, weil man sich in der Weite wirklich verlieren kann und lange Wege zurücklegen muss. Aber ansonsten haben die Entwickler auch sehr konsequent jeden helfenden Schnickschnack  vermieden – es gibt auch keine Hotspotanzeige, keine optionale Hilfe.

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Findet man Gegenstände, schwirren die Gedanken von Paul umher wie Bienen. © 4P/Screenshot

Umso gelungener ist das behutsame Heranführen an die Geheimnisse der Spielwelt. Man erfährt quasi über die Praxis, wie man mit den Hinweisen und Gegenständen umgehen muss. Dabei gibt es weder Dialoge noch ein klassisches Inventar: Sobald man z.B. eine Leiche untersucht, schwirren die Gedanken von Paul à la Heavy Rain wie Fliegen umher. Nur muss man sich nicht bei Zeitdruck für etwas entscheiden, sondern lediglich abwarten und weiter suchen.

Aber wie soll man in dieser offenen Wildnis ohne Kompass, Zielmarkierungen oder Metalldetektor bloß einen Gegenstand finden? Da gibt es einen subtilen Kniff: Schwirren z.B. mehrere Worte „Kurbel“  wie Mücken umher, muss man sie

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Anhand von Gegenständen und Tatorten kann man nicjt nur in die Vergangenheit blicken: man bekommt auch Hinweise auf Orte. Die Kurbel für den alten Zug findet man so am Ufer. © 4P/Screenshot

manchmal mit der Maus auf einen bestimmten Punkt in der Landschaft ausrichten, wo sie sich zu einem Wort vereinen – dann blickt man nicht nur mit seinen übersinnlichen Fähigkeiten genau dorthin, sondern hat damit auch die ungefähre Richtungsanzeige. Ein sehr elegantes, angenehm intuitiv zu bedienendes System.

Schön ist auch, dass man Gegenstände als 3D-Objekte drehen und so genauer ansehen kann; schade ist allerdings, dass dieses System nur selten genutzt wird, um etwas Verborgenes zu entdecken – meist geht es nur um die Rückseite von Briefen. Da war mehr drin!

Detektiv mit übersinnlichen Fähigkeiten

Gesucht, gefunden: Endlich ist alles wieder an seinem Platz am Tatort. Ich habe die Axt zurück in ihre Wandnische gestellt und die Schere auf den Schreibtisch gelegt. Wenn ich jetzt die Leiche untersuche, reißt ein Loch in der Realität auf, das immer größer wird und mir schließlich einen gespenstischen Blick in die Vergangenheit gewährt. Dann fliegen mehrere blaue Lichter davon, denen ich folge und die bei meiner

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Im Gegensatz zu Dear Esther kann man hier auch aktiv werden, indem man Rätsel löst oder Fahrzeuge bewegt. © 4P/Screenshot

Berührung eingefrorene Szenen der mörderischen Tat zeigen – darunter z.B. ein Schlag, ein Gespräch, eine Verfolgung.

Aber was ist zuerst passiert? Ich kann die Szenen von eins bis fünf nummerieren und sie dann ablaufen lassen – das ist allerdings nicht besonders schwierig. Falls die Reihenfolge stimmt, komme ich dem Geheimnis um das Verschwinden von Ethan Carter wieder ein Stück näher.

Genau dieses Sammeln von Indizien, Zurückbringen zum Tatort plus Blaulichtverfolgung und Reihenfolge-Puzzle, sorgt schon beim zweiten Mal dafür, dass sich über die Routine auch eine gefährliche Gewöhnlichkeit in das übersinnliche Abenteuer einschleicht. Immerhin gibt es zumindest ein kniffligeres alternatives Rätsel, in dem man in einem Haus über mehrere Etagen mit vielen Türen eine Art Gedächtnis-Teleportspiel meistern muss, indem man sich für die richtigen Orte auf der anderen Seite entscheidet.

  1. Baralin hat geschrieben:Kann mir wer erklären, wie man das Tor in der Mine aufmacht?
    Ich habe zwei Symbole auf dem Zettel unten am Fuß der Treppe gefunden. Dann steht ja dieser Geist auf einem Symbol mit dem umgegebenden Symbol drauf. Wie ich das ganze aber auf den Türmechnanismus anwenden soll, ist mir total schleierhaft. (?)
    Spoiler
    Show
    meinst du dieses Ding mit dem "Dimensions-Tor"?
    du brauchst dafür mindestens 5 von diesen toten Zombie-Typen, und die findest du während du kreuz und quer durch das Labyrinth rennst. Danach ist es ganz einfach

  2. Kann mir wer erklären, wie man das Tor in der Mine aufmacht?
    Ich habe zwei Symbole auf dem Zettel unten am Fuß der Treppe gefunden. Dann steht ja dieser Geist auf einem Symbol mit dem umgegebenden Symbol drauf. Wie ich das ganze aber auf den Türmechnanismus anwenden soll, ist mir total schleierhaft. (?)

  3. "Man weiß irgendwann, und zwar viel zu früh, dass einem nichts passieren kann. "
    Achtung Spoiler: Naja, passieren kann einem schon was, wenn man in den Zombie in der Mine reinrennt!

  4. Wenn man hier so die Comments liest, kommt man oftmals nicht mehr aus den Kopfschütteln heraus.
    Die Grafik ist einfach nur Klasse und der Sound (inklusive Musikuntermalung) ist auch Klasse.
    Hier und da hat man unsanftere Soundübergänge, wenn man durch die Landschaft sprintet, aber das sollte bei diesem Spiel wohl eher weniger die Regel sein.
    Sie Story ist einfach nur stimmig. Am Anfang *Hääh* und am Ende *Aaaah*.
    Wer den Zusammenhang nicht verstanden hat tut mir Leid.
    Was das Speichersystem betrifft, kann ich mich teilweise den Meinungen anschließen.
    Beim ersten Anzocken ging ich auch dem System auf den Leim, doch habe ich dann schnell realisiert, dass erst nach Abschluß eines Falls auch wirklich der Stand gespeichert wird.
    Die Spielzeit ist für dieses Spiel ausreichend und ich möchte behaupten, dass viele hier mit der Angabe von 3 Stunden einfach nur auf die Kacke hauen möchten.
    Wer hetzt denn durch solch ein Atmosphärischen Spiel wie durch ein CoD Teil?
    Da verweilt man doch mal etwas länger an einem Ort und untersucht alles ganz genau.
    Die Rätsel waren insgesamt nicht sehr schwer, aber auch nicht immer gleich durchschaubar und ich persönlich habe auch gerne mal etwas offentsichtliches übersehen oder falsche zusammenhänge hergestellt und mich damit selbst aufs Glatteis geführt.
    Alles in allem hat das Spiel länger als nur 3 Stunden gedauert und hatte ein Sinnvolles Ende.
    Wenn die Entwickler wieder solch ein Spiel auf die Beine stellen und eine noch Mystischere Story auf die Beine stellen, dann bin ich sofort wieder mit dabei.
    Mein einziges Manko an dem Spiel ist (und das kann eine Objektive Empfindung sein), dass die Figuren nicht so richtig zu der wirklich sauberen Landschaftsgrafik passen. Aber das ist wirklich Meckern auf hohem Niveau.

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