Der Lösungsweg ist das Ziel
Gelegentlich werden die Experimente aber auch von umständlichen
Lösungswegen in die Länge gezogen. Als ich z.B. meinen frisch gebasteltes Luftschiff aufpumpen wollte, musste ich exakt die von den Entwicklern vorgesehene Reihenfolge einhalten: Zuerst ein Schlauchende in den Ballon stecken, dann auf die Luke zum Dach klicken und erst dann die andere Seite an den Blasebalg anschließen – nur auf diese Weise klappt es. Wenn man den Schlauch wie ich zuerst an den Blasebalg anschließt, muss man zunächst einmal eine ganze Weile ahnungslos durchs Spiel irren. Glücklicherweise bleiben solche Probleme die Ausnahme, denn der Großteil der Puzzles ist logisch gestrickt. Zusätzlich geben die Notizen im Tagebuch oft nützliche Denkanstöße oder ein Gespräch hilft auf die Sprünge.
Manchmal helfen auch Verbündete weiter: Die selbstsichere, rotzige Kapitänstochter Jamila z.B. besiegt einen Fechtkämpfer, damit der ein gutes Wort beim Anführer der Korsaren für mich einlegt. Und sie lässt sich mit mir zusammen als Sklavin in einen Palast einschleusen. Jamila lässt zwar ab und an einen flapsigen Spruch vom Stapel, wirklich albern wird das Spiel aber selten. Der weder lustige noch todernstere Ton des Spiels passt genau so gut zur Abenteuergeschichte wie die nur sehr dezent eingesetzte Gitarrenmusik. Schön auch, dass die Hauptfiguren professionell vertont wurden. Vor allem Louis Friedemann Thiele passt perfekt zum neugierigen, rationalen Feodor.
Ruhige Entdeckungsreise
Die grünbraunen Hügel in Katalonien sehen genau so aus, wie ich sie aus einem
Urlaub in Erinnerung habe und auch der Rest der gezeichneten Kulissen wirkt zwar etwas bieder, aber sehr authentisch. Hinter der Steilküste plätschern sanft animierte Wellen und auch in Afrika sorgen Passanten, Vögel und andere Feinheiten für ein lebendiges Bild. In die Polygon-Charaktere ist weniger Mühe geflossen: Sie staksen oft ein wenig ungelenk durch die Kulissen. Auch die Gesichter sind Welten vom Detailreichtum eines Memento Mori 2 entfernt.
Während des Spiels fällt das allerdings nur selten auf, da man das Geschehen fast immer mit einem gewissen Abstand betrachtet. Nähere Einstellungen wie in Telltales Zurück in die Zukunft gibt es kaum – sie hätten deutlich mehr Dynamik ins Spiel bringen können. Vor allem in der ersten Spielhälfte plätschert die Geschichte nämlich recht gemächlich vor sich hin, da das mystische Artefakt und die legendäre Stadt zu Beginn kaum eine Rolle spielen. Das ist aber kein Beinbruch, denn ich hatte trotzdem viel Spaß daran, in die Geschichte der Region einzutauchen und auf Entdeckungsreise zu gehen. Ob es nun Piraten oder Feodors abenteuerliche Erfindungen waren – das Spiel hat immer wieder dazu animiert, auf Wikipedia in der Geschichte der Region zu stöbern. Für eine willkommene Abwechslung sorgen auch die gelegentlich eingestreuten, überspringbaren Minispiele. Mal setze ich am Reißbrett gefundene Objekte zusammen, später bestimme ich auf einem havarierten Schiff mit Fernglas und Seekarte meinen Standort.
Beim Einleitungssatz musste ich schmunzeln. Wo bitte sind „DSA – Satinavs Ketten“ und „The lost Chronicles of Zerzura“ Zungenbrecher? Bei ersterem finde ich sogar, dass es sehr leicht über die Lippen flutscht.
Ich spiels seit 5 Stunden. Kommt zwar nicht ganz an Black Mirror 3 ran, aber trotzdem ein gutes bis sehr gutes P&C-Adventure. Besser als die meisten anderen.