Überleben für Anfänger
Im Einstieg der Kampagne wird der Spieler langsam mit den Überlebensmechaniken vertraut gemacht: Man sollte Schutz in einer Höhle suchen, denn im Sturm sinkt die Außentemperatur nochmal deutlich. Man muss zwingend Holz sammeln, natürlich Feuer machen, Schnee zu Trinkwasser schmelzen, Antibiotika nutzen und Verbände anlegen, auf Krähen für Aas achten. Schon in den ersten Tagen in diesem kleinen Areal kann man an Erfrierung oder Verblutung sterben. Für eine feindliche Atmosphäre sorgen nicht nur der peitschende Wind oder die trostlose Ödnis in Weiß, sondern die stets sinkenden Statistiken der eigenen Lebenserhaltung, die man jederzeit aufrufen kann. Trotzdem wirkt diese Tutorialphase manchmal etwas zu streng eingeschränkt, denn man kann z.B. noch nicht frei schlafen oder erkunden, sondern muss spezielle Missionsziele erreichen, damit es weiter geht.
Letztlich erlebt man hier ohnehin keine Survival-Simulation im aktiven Sinne, die besonders realistisch sein will, sondern ein Survival-Abenteuer mit vielen Automatismen: Immer, wenn man Feuer macht, Äste, Kisten oder Paletten zerlegt, Schubladen öffnet, Kadaver ausweidet, Verbände anlegt, Medizin einnimmt, Tees trinkt oder etwas wie Kleidung oder Waffen herstellt, sieht man einen kreisförmigen Ladebalken, der die ausgelöste Aktion symbolisiert und der nur dann komplett durchläuft, wenn sie auch gelingt. Im Gegensatz zu Kona, das sehr berechenbar mit den Gefahren der Wildnis kokettiert, sorgt The Long Dark für permanenten und überaus authentischen Druck – Kälte, Hunger, Durst, Verletzungen und Erschöpfung können unheimlich schnell zum Tod führen. Vor allem, wenn man falsche Entscheidungen im Kleinen trifft. Noch wichtiger als der mögliche Erfolg ist nämlich auch die für eine Aktion benötigte Zeit: Wer zu lange mit irgendetwas herum werkelt, kann sein böses Wunder erleben – das Feuer ist aus oder man verblutet und es heißt Game Over.
Jack London lässt grüßen
In seinen besten Momenten vermittelt The Long Dark sogar ein Spielgefühl, das an jene hoch spannenden Schicksale einsamer Wanderer erinnert, die Jack London in seinen eindringlichen Geschichten wie “Die Wildnis des Nordens” oder “Der Ruf der Wildnis” beschrieben hat: den Kampf des kleinen überheblichen Menschen gegen die große gnadenlose Natur. Und der kann sich wie unter einem Brennglas in einem tragischen Moment manifestieren. Ich liebe Jack London und ich schätze dieses Spiel dafür, dass es genau diese kritischen Situationen entstehen lässt, in denen es auf Kleinigkeiten ankommt.
Man kann hier quasi beim Feuer machen sterben oder kurz vor einem Ziel elendig verhungern. Man kann sich ohne Licht in der Dunkelheit verirren oder mitten auf einem Stausee erfrieren, obwohl die rettende Höhle schon sichtbar ist. Wenn man sich entkräftet und zitternd dahin schleppt, wird das durch schwankende Bewegungen, verschwommene Sicht sowie das immer lautender pochende Herz so gut inszeniert, dass man quasi surreale Todeserfahrungen auf den letzten Metern macht. Wenn man sich dann in eine Hütte schleppt und tatsächlich noch überlebt, ist die Freude natürlich umso größer.
Es gibt nicht nur Automatismen, sondern auch einige knifflige aktive Herausforderungen: Wer Hasen ohne Schusswaffe oder Bogen jagen will, muss z.B. Steine werfen. Da hat man keinen Zielpunkt oder gar ein Fadenkreuz, sondern als Sichthilfe lediglich die linke Hand – so muss man sehr gut zielen und vorhalten. Und Vorsicht: Trifft der Stein, ist der Hase lediglich für einige Sekunden betäubt. Schafft man es nicht früh genug zu ihm hin, weil man z.B. in einer Deckung hockte, hoppelt er wieder davon. Ich bin schonmal verhungert, weil ich von zehn Würfen nur zwei ins Ziel brachte, aber dann immer zu spät war.
Und man muss genau wissen, für was man seine kostbare Zeit einsetzt: Manchmal findet man Bücher, z.B. über das Bogenschießen oder Gewehre, die einem entsprechende Fähigkeiten vermitteln können. Aber die klickt man nicht einfach an und schaltet diese frei, sondern man muss bis zu fünf Stunden in die Lektüre investieren – dafür braucht man natürlich Licht, man muss auch die Gewissheit haben, dass man bis zum Abend genug zu essen und Holz hat. Sprich: Lesen ist Luxus in einem Abenteuer, das einem stündlich den Garaus machen kann – Bücherverbrennung kann hingegen das Feuer weiter entfachen und das Leben um ein paar Minuten verlängern. Übrigens gibt es auch ein Limit für die Traglast: Nur 30 Kilo kann man maximal tragen – und schon weit vorher wirkt sich die Last negativ aus, denn man kann voll beladen nicht mehr sprinten und wird lauter. Wohl dem, der ein Lager mit Feuerstelle, Speicher oder gar Werkbank findet. Vieles wie Verbandszeug oder Zunder kann man zwar selber herstellen, außerdem kann man mit Nähzeug seine Kleidung reparieren, aber für einen Bogen oder ein gutes Messer braucht man eine Werkbank oder gar eine Schmiede. Aber egal was man tut: Man verbraucht stetig Kalorien, alles nutzt sich ab und kaum hat man seine Jacke genäht, melden sich Hunger und Durst.
Was danach kam, war das beste Survival-Abenteuer was ich je erleben durfte!!
p.s. fast alles, was Jörg als negativ beschrieben hat, wurde mittlerweile ausgebügelt... dass sich die Wölfe nicht wie Wölfe verhalten...hat halt seinen Grund....
Uff habe mir mehr Bear Grylls Action darunter vorgstellt...das Spiel selber ist sehr sperrig und unzugänglich.
Weiß nicht ob das inzwischen benutzerfreundlicher gepatcht wurde und nebenbei um Optionen erweitert wurde...
Schade, ich persönlich dachte viel Potential in diesem Spiel zu erkennen, aber das Gameplay...wie gesagt mir selber zu sperrig, obwohl es sehr spannend ausfallen kann (je nachdem wie man sich anstellt) und eine gute Grund-Survival Atmosphäre besitzt....
Joah, die repetetive Natur is in der Tat das größte Problem des Spiels imo. Interessant wirds hauptsächlich dann, wenn du anfängst über längere Zeit zu planen, und nicht nur von Moment zu Moment plünderst.
Tbf die Anfangsstadt ist auch eher lahm, eben wegen den vielen Häusern.
Ich werde mit diesem Spiel einfach nicht warm. (Ha! Warm!).
Ich habe ein paar Stunden im Sandbox-Modus und ein paar Stunden im Story-Modus verbracht. Es fehlt einfach die Motivation, weshalb ich durch die Gegend stapfen und Rucksack um Rucksack, Hütte um Hütte nach Vorräten absuchen soll. Es fehlt dieses "noch 12 Stücke Holz und ich kann was richtig Tolles bauen"-Gefühl. Es ist einfach Überleben um des Überleben willens. Tagelang zum See zu stiefeln, zu angeln und sich Fische zu braten, nur um nächsten Tag wieder zum See zu stapfen und Fische zu braten: Wo ist da der Fortschritt?
'Daher Sandbox' könnte man antworten. Aber selbst Sandbox-Survival-Spiele wie Don't Starve oder Factorio (okay, da kann man Survival streichen) haben ein langfristiges Ziel.
Mir fehlt hier die Karotte. Ich find es langweilig. Ich will's aber mögen! Menno...