Wer bin ich?

Hat man sich vor dem Spielstart für das Geschlecht und den Hautton entschieden, landet man auch schon in seiner ersten Therapiesitzung, in der man nicht nur Erinnerungsfetzen aufschnappt, sondern auch die Fragen des Arztes wahlweise mehr oder weniger kooperativ beantwortet. Cool: Alternativ zur einfachen Auswahl lassen sich die vorgefertigten Antwortmöglichkeiten auch per Sprachsteuerung aktivieren. Das funktioniert nicht nur erstaunlich gut und zuverlässig, sondern trägt zum Gefühl bei, dass man sich tatsächlich mit den Leuten unterhält. Schön wäre es gewesen, wenn man in manchen Situationen auch durch Gesten wie Kopfnicken oder Armbewegungen non-verbal kommunizieren könnte, doch lassen die Entwickler diese Chance leider weitestgehend ungenutzt.

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Gibt es in der Klinik ein Problem mit Ungeziefer? © 4P/Screenshot

Wer man ist? Warum man eingewiesen wurde? Als Spieler tappt man zunächst genauso im Dunkeln wie der Amnesie-Patient, in dessen Körper man hier schlüpft. Dass man an den Rollstuhl festgeschnallt wurde, dient allerdings nicht unbedingt als eine gute Vertrauensbasis. Auch das Krankenzimmer, in  das man anschließend von einem Pfleger geschoben wird, weckt mit vergitterten Fenstern und verschlossenen Türen eher Erinnerungen an eine Gefängniszelle.

Surreale Alpträume

Da verwundert es kaum, dass man im Schlaf schnell von surrealen Alpträumen heimgesucht wird, in denen man erste Bekanntschaft mit fiesen Schockeffekten macht, die in VR und im Zusammenspiel mit der beklemmenden Klangkulisse entsprechend intensiv wirken. Zurück im Wachzustand wartet dagegen bald die erste reale Bedrohung: Nein, es ist nicht der neue Patient, der überraschenderweise ins gleiche Zimmer einquartiert wurde. Nach einem mysteriösen Zwischenfall scheint die Klinik plötzlich wie ausgestorben zu sein, denn nach dem bedrohlichen Poltern und merkwürdigen Schreien herrscht eine ungewöhnliche Stille und auch vom Personal lässt sich niemand mehr blicken. Droht den eingesperrten Patienten jetzt etwa der Hungertod?

Ein Kammerspiel


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Über die Figuren erfährt man nur wenig und sie wirken nicht sonderlich interessant. © 4P/Screenshot

Thematisch ist der Abschnitt durchaus interessant, auch wenn er spielerisch nicht viel zu bieten hat und bis auf die Traumausflüge lediglich auf das kleine Areal des Zimmers beschränkt ist. Aber das kleine Kammerspiel fängt den verzweifelten Kampf gegen den Hunger und die zunehmende Resignation ganz gut ein. Trotzdem wird es deutlich interessanter, wenn der Zimmergenosse irgendwann verschwunden ist und die Tür nicht länger nur in den verstörenden Träumen, sondern auch in der Realität plötzlich offen steht. Aber ob der Weg durch die verlassenen Gänge der Klinik tatsächlich in die Freiheit führt? Blutverschmierte Wände und grausam entstellt Leichen lassen berechtigte Zweifel aufkommen… Die Interaktionsmöglichkeiten halten sich aber weiterhin in Grenzen: Abseits der Dialoge öffnet man im Prinzip lediglich Türen und hält die Augen nach blinkenden Hinweisen sowie Gegenständen offen, die beim näheren Betrachten Flashbacks auslösen, mit denen sich die Puzzleteile der eigenen Identität und Vorgeschichte langsam aber sicher zusammenfügen.

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Welche Ziele verfolgt der Leiter der Anstalt mit seiner Therapie? © 4P/Screenshot

Doch das Vergnügen währt nicht lange, denn nach dem durchaus atmosphärischen Einstieg geht es ab dem Zusammentreffen mit anderen Überlebenden dramaturgisch rasant bergab. Denn zum einen wirken die Charaktere erschreckend blass und sind einem fast schon egal – das war bei Until Dawn noch anders. Zum anderen leidet auch die Spannung am kollektiven Voranschreiten und die Dialoge sowie Vorkommnisse innerhalb der Gruppe wirken ebenfalls zunehmend belanglos oder gekünstelt. Spätestens beim zweiten Durchlauf wird man außerdem feststellen, dass sich die Entscheidungen kaum auf den Handlungs- oder Spielverlauf auswirken. Selbst wenn z.B. eine Aktion das Überleben einer Figur beeinflusst, spielt es für den Ausgang und sogar die weitere Entwicklung der Geschichte keine bis kaum eine Rolle. Das ist extrem enttäuschend – vor allem, weil der Schmetterlingseffekt und dessen starke Auswirkungen erneut propagiert werden. Auch hier war Until Dawn besser, obwohl Supermassive Games schon dort zu viel versprochen habt, was die Konsequenzen von Handlungen und Entscheidungen angeht. Trotzdem können einem unter Umständen coole Situationen durch die Lappen gehen: Die Konfrontation mit einem der Monster, bei der man sich nicht bewegen darf, erlebt man z.B. nur unter bestimmten Voraussetzungen.


  1. Schade, auf der Ganescom hats mich noch neugierig gemacht, aber jetzt nach den etwas über 2h Spielzeit läßt mich der Titel mehr als enttäuscht zurück. Ihr gebt sogar 62% ?! Wow, ich hätte von Euch so um die 49 erwartet.....

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