Aufzüge mit Vorzügen
Ist der Weg bis hinter die Stadtmauern zwar beschwerlich, aber dank kleinerer Bauernhöfe, blühender Gärten und sauber gepflasterten Anlegestellen schon ein passabler Hingucker, zündet die Optik im Herzen der französischen Metropole die zweite Stufe und erinnert wohl nicht ganz ungewollt an die unheilvollen und von Stöhnen erfüllten Gassen der ersten Spielstunden des Action-All-Time-Classics Bloodborne. Während der volle Mond die Szenerie in ein stimmungsvoll-bedrohliches Licht taucht, Feuchtigkeit von den Ziegeln der dunklen Mauern tropft und Rinnsale von Blut die schmutzigen, von Leichen bedeckten, Straßen herabrinnen, tastet man sich vorsichtig dem nächsten Zielpunkt entgegen, der auf Wunsch per ausgerüstetem Kompass eingeblendet werden kann. Bitternötig, denn die Gassen sind sehr verwinkelt und die meisten Areale in der Stadt bieten trotz feiner Darstellung oft keinen Wiedererkennungswert, der die Orientierung vereinfachen würde.
Und statt Monster-Gebrüll kündigen sich die allgegenwärtigen Feinde hier mit den metallen Geräuschen ihrer schweren Schritte und dem gelegentlichen Zischen der eingebauten Dampfmaschine an. Gelingt es Aegis einen bestimmten Abschnitt fürs Erste hinter sich zu lassen, warten statt Leuchtfeuern kleine Aufzüge im Stil des Louis-seize. Hier kann die kampfstarke Roboter-Dame die erspielten Punkte in die Verbesserung ihrer Fähigkeiten investieren, nützliche Gegenstände wie zum Beispiel Eis-, Feuer- oder Blitzgranaten einkaufen oder die Waffe der Wahl aufrüsten. Natürlich sind alle bisher besiegten Gegner wieder da, wenn Aegis die kraftspendende Einkaufstour beendet hat.
Neben vielen, sehr unterschiedlich einsetzbaren und wirkenden Schlagwaffen, die wiederrum mit einer bestimmten Fähigkeit am besten skalieren, kommen auch dauerhafte Buffs zum Einsatz. Die unterwegs gefundenen Knopfzellen verbessern dann verschiedene Maßnahmen für den Angriff oder die Verteidigung. Die dafür vorhandenen Slots sind in drei Stufen aufrüstbar – so kann eine Knopfzelle der Stufe 3 eben nur in einem Slot Platz finden, der ebenfalls auf Stufe 3 gebracht wurde. Neben den unterschiedlichen und teilweise wirklich einfallsreichen Extra-Fähigkeiten der Waffen eine nette Gelegenheit, um sich dem für den eigenen Spielstil perfekten Build Schritt für Schritt anzunähern – das gilt auch für die Klamotten, die entweder gefunden oder eingekauft für genau die Verbesserungen sorgen können, die es dem Spieler ermöglichen, die Oberhand zu gewinnen. Ganz davon ab, sieht Aegis in den meisten Verkleidungen einfach klasse aus und es macht gut gestyled natürlich gleich nochmal mehr Spaß, den Aggro-Automaten eins aufs Blechkleid zu geben.
Angriff der Puderperücken
Aber auch die Automatenschaft schläft nicht und überrascht die nach und nach verbesserte Aegis mit immer neuen Angriffsmanövern und Upgrade-Modellen bereits bekannter Versionen. Zudem hatten die Entwickler bei Steelrising die Chance, aus der Not eine Tugend zu machen: Anstatt sich mühsam mit der Animation von organischen Wesen auseinander- und diese umzusetzen, ist es natürlich einfacher einem Roboter ein glaubhaftes Bildschirmleben einzuhauchen. Denn hier regieren abgehackte und eher einfach darzustellende Bewegungen, auch wenn sich die Entwickler sichtlich Mühe gegeben haben, die Manöver fein und abwechslungsreich darzustellen. Besonders die Endbosse verfügen über das ein oder andere Detail, dass dem Spieler ein Schmunzeln entlockt – ein echtes Novum, weil man beim Spielen von Soulslikes zum Lachen ja eigentlich eher in den Keller verschwindet.
Natürlich bleibt das frühe Ziel in Paris für Ordnung zu sorgen nur kurz eine einsame Aufgabe. Denn zahlreiche Figuren der französischen Geschichte zu dieser Zeit feiern nicht nur einen Auftritt, sondern haben allesamt eigene Anliegen, die Aegis natürlich gerne und prompt erfüllt. Leider verliert der Spieler hier schnell die Übersicht, wer nun wer ist, und was er eigentlich wollte. Das zerfasert die ansonsten recht spannungsvoll aufgebaute Story unnötig und raubt die Identifizierung des Spielers mit den verschiedenen Notsituationen in denen sich die Bittsteller befinden. Eigentlich wollen zehn verschiedene Puder-Perücken irgendwas, da hilft nur der Einsatz der groben Übersichtskarte und des Kompass, um noch irgendeine Art von Überblick zu behalten. Immerhin sagen die einen oder anderen Namen dem Spieler noch etwas, sofern er den Geschichts-Unterricht nicht mit dem Kopf auf der Tischplatte verbracht hat.
Besonders schade ist der Auftrags-Overkill, weil die wirklich wichtigen, zur Klärung der Story unbedingt notwendigen Aufgaben bei dem Mach-mal-was-für-mich-Mischmasch in den Hintergrund rücken und an Gewicht und erzählerischer Tragweite einbüßen. Da wäre bei der wirklich interessanten Aufklärung der unnatürlichen Geschehnisse weniger eindeutig mehr gewesen – aus Spoilergründen dazu kein weiteres Wort.
PC ich spiele es gerne, die Landschaften könnten abwechslungsreicher, vor allem in hinteren Ecken der mir persönlich etwas zu schlauchartigen Level sein, aber das Kampf- und Level up-System ist erste Sahne, das macht Spaß und dadurch einiges wieder wett, nee, gutes Spiel. Anfangs sollte man nicht zu schnell aufgeben, auch wenn der 1. größere Boss erst mal einschüchtert, danach pusht einen das Spiel schön weiter nach vorne. Top.
Aber das Kampfsystem mit den per Augmentation visualisierten Angriffen der Gegner hab ich stets als sehr nahe am Cheating empfunden, weil man dadurch - nur ein klitzekleines bisschen Übung vorausgesetzt - wirklich JEDEN Angriff kontern kann, wodurch das Spiel zum Spaziergang im Park wird, auch bei den Bosskämpfen.
Wenn dann noch ein Setup hinzukommt, dass einem viel Energie gibt, so dass man sich ständig heilen kann, ist das Sterben schon fast unmöglich.
Immerhin: Das entsprechende Implantat muss nicht installliert werden, wodurch man sich den Schwierigkeitsgrad selbst zwischen "Muttimodus" und "Hart wie Henne" wählen kann.
Wobei mich die Atmosphäre in S1 richtig mitgenommen hat, auch wenn das Spiel nicht so toll war. Der Mix aus Scifi an einem unglaublich abgelegenen Ort, welcher aber in der realen Welt Spielt und Konsequenzen hat... das hat für mich echt wunderbar funktioniert.
Ist im Grunde auch das Prinzip von Metal Gear Solid 1-3, wenn ich darüber nachdenke.
Steelrising finde ich bisher auch sehr gut, ein par Kleinigkeiten die mich stören, aber insgesamt eines der besseren Soulslikes. Wer will, der kann sich das Spiel auch sehr einfach machen, da das Spiel über einen Hilfemodus verfügt ( bin gerade nicht sicher ob das im Test stand ) bei dem man einiges Anpassen kann.
Kurzum: Steelrising könnte auch für Leute interessant sein, die zwar grundsätzlich Interesse an der Art von Spiel haben, denen andere Vertreter aber zu schwer waren. man kann sich Steelrising also sehr leicht machen,
wenn man das will.