Spider-Man: Dimensions(Action-Adventure) von Activision Credit: Beenox / Activision

Doch egal, welche Steuerung man nun bevorzugt, ist man mechanisch schnell unterfordert. Nicht nur, weil die KI zu selten Ansprüche an die eigene Koordinationsfähigkeit stellt. Sondern auch, weil in den Prügelsequenzen nur minimale Unterschiede zwischen den Dimensionen festzustellen sind. In diesem Bereich sind die Spinnenmänner vollkommen austauschbar – leider: Sie haben nahezu identische Fähigkeiten, beinahe gleiche Kombos und ihre Interaktions-Möglichkeiten bei den Nahkampf-Auseinandersetzungen zeigen auch zu wenig interdimensionäre Differenz.

Auch in der Zukunft werden die Dienste von Spider-Man benötigt – das Böse schläft nie…

So finden sich z.B. auch ungeachtet der jeweiligen Welt-Zugehörigkeit immer wieder die gleichen Mechanismen: Erforschung der linearen Abschnitte (die Zeiten, in denen man durch ein offenes Design schwingen konnte, sind wohl endgültig vorbei), erste Bosskampf-Etappe, dann folgt weitere Erforschung (natürlich immer noch linear) sowie abschließend der finale Bosskampf, bei dem der Oberbösewicht mittlerweile die Kraft des Artefaktes in sich aufgenommen hat. Selbst die clever eingestreuten und interessanten, aber letztlich nach Schema F ablaufenden Nahkämpfe, in denen man den Boss aus Ego-Ansicht malträtiert, finden sich in allen Welten und nutzen sich dabei ebenso ab wie sämtliche Variationen, die anfänglich überraschen und für Auflockerung sorgen, dann aber übertrieben werden.

Zu viel des Guten

Nehmen wir z.B. Deadpools Ölplattform, die Schauplatz für die Reality TV-Show “Pain Factor” ist, an der Ultimate Spider-Man teilnehmen muss, wenn er den Artefakt-Stein haben will. Nicht nur, dass man hier mehr schwingen kann/soll als in den Arealen, weicht man hier auch von der Standard-Formel der anderen Abschnitte ab. Natürlich muss man hier immer noch kämpfen, aber irgendwann kommt auch der Punkt, an dem man die Kameras Deadpools zerstören muss, die teilweise gut versteckt und nicht immer einfach zu erreichen sind – eine schöne Idee, die gut umgesetzt wird. Nachdem man die letzte Kamera erledigt hat, taucht eine neue Schwadron auf. Okay, geht noch in Ordnung. Danach noch eine. Und dann wird es langsam albern. Denn irgendwann hat man sich auch an der letzten guten Idee satt gesehen, die daraufhin die Frische verliert.

Und so cool das Finale hier auch inszeniert ist – man muss unter Zeitdruck zu einer rettenden Plattform schwingen, bevor eine Tsunami-Welle einen erreicht – hat dem Team die einmalige Sequenz nicht gereicht. Nein, man saugt dieses Element so lange aus, bis es einem aus den Ohren raus kommt. Das ist schade, da die Welle beim x-ten Mal ebenso an Reiz verliert wie viele andere, grundsätzlich gut gemeinte sowie solide implementierte Elemente, die vollkommen überstrapaziert werden. Dazu kann man zweifelsfrei auch die Verfolgung von Sandman als Hurricane in der Wüste zählen: Beim ersten Mal macht es noch Spaß, mit gut gesetzten (aber von Zielerfassung unterstützen) Netzzügen von Unrat zu Unrat zu springen, der unkontrolliert durch die Luft gewirbelt wird. Beim vierten Mal beginne ich, die Entwickler zu verfluchen – vor allem auch dann, wenn die Zielerfassung zwar anzeigt, dass ich mich irgendwo “anklinken” kann, beim Knopfdruck aber nix passiert und ich schließlich abstürze. Wobei die Kollisionsabfrage generell zwar gut arbeitet, sich aber auch immer wieder im Zusammenspiel mit der gelegentlich suboptimalen Kamera, die vor allem bei Klettersequenzen mit unkontrollierten Schwenks auf sich aufmerksam macht, den einen oder anderen Voll-Aussetzer leistet.

Vier Helden, vier verpasste Chancen?

Überhaupt hat man innerhalb der einzelnen Spinnen-Dimensionen viele Chancen ausgelassen, um aus einem passablen Action-Adventure mit vielen Prügeleinlagen ein richtig gutes Superhelden-Spiel zu machen. Dabei hat man konzeptionell den richtigen Weg eingeschlagen, indem man versucht, nicht nur den Grafik-, sondern auch den Spielstil für jede Welt einzigartig zu machen.

Die Bosskämpfe gehören zu den Highlights eines ansonsten biederen Spinnen-Abenteuers.

So darf sich der Noir-Spider-Man z.B. nicht im offenen Scheinwerfer-Licht von den Gegnern erblicken lassen, da ansonsten Alarm geschlagen wird und die Feinde das Feuer eröffnen, von dem man nicht allzu viel vertragen kann. Stattdessen muss man sich im Schatten halten und kann aus dem Dunkeln “Takedowns” inszenieren. Das klingt fast nach einem Sam Fisher Light und trägt Züge von Batman Arkham Asylum.
Doch von beiden vermeintlichen Vorbildern ist man weit entfernt. Denn die KI reagiert zu behäbig, zu vorhersehbar und schaltet zu schnell von “Alarm” in “Ich geh wieder meine Route ab” zurück, ohne zu einer Gefahr zu werden – selbst wenn sie auf dieser Route an einem frisch eingesponnenen Freund vorbei läuft, der natürlich nicht von ihr wahr genommen wird.

Auch einige andere Spezialfähigkeiten oder mechanische Elemente wirken halbgar. Spider-Man 2099 z.B. kann die Wahrnehmung verlangsamen, doch gerade bei den Freifall-Sequenzen, in denen diese Fähigkeit helfen könnte, um Trümmern und Hindernissen auszuweichen, ist sie beinahe sinnlos, da die Steuerung in der Verlangsamung (un-)herrlich träge reagiert und man statt elegant im Stile der Matrix auszuweichen voll in das Teil reinrauscht.

Der Ton macht die Musik

Und dennoch weiß SMD immer wieder kurzzeitig zu motivieren – trotz aller Mankos, Schwächen und Fehler. Zum einen wird in beinahe jedem Abschnitt der Sammeltrieb angesprochen: Hier gibt es noch eine versteckte Spinne, da noch eine Aufgabe, die erfüllt werden muss und dort wartet noch ein Kostüm, für das man mehr Spinnenessenz braucht. Andererseits sind die Kämpfe zwar auf Dauer etwas eintönig, aber in ihrer Einfachheit auch eine Zutat für den Basis-Spaß, der vor allem auf der gelungenen Präsentation fußt. Figuren- und Dimensionsdesign passen und die zu Grunde liegende Geschichte ist auch nicht schlechter als in einschlägigen Film-Produktionen. Und gelungene, wenngleich hinsichtlich der One-Liner wiederholungsanfällige Sprachausgabe, bei der sich auch Spider-Man-Schöpfer Stan Lee als  Erzähler die Ehre gibt, gibt es obendrauf.   

  1. Scorcher24 hat geschrieben:Warum müssen diese Lizenz-Spiele immer so übel sein? Sind die Lizenzen so billig?
    Entweder das oder aber die Leuten sehen den Namen und denken direkt "Oh man, der Film war super, das Spiel muss ich haben...".. Und Schon kommt Geld in die Kasse :roll:

  2. Moin,
    arghs. Wer hat denn da noch die Fehler nachträglich eingebaut?!? ;)
    Muss der Vorweihnachts-Einkaufs-Verweigerungs-Jetzt-Lass-Das-Jahr-Doch-Endlich-Vorbei-Sein-Winter-Ist-Doof-Stress sein...
    Anyway: (Diese) Fehler sollten verschwunden sein... 8)
    Danke für die Hinweise.
    Cheers,
    4P|Mathias

  3. Nekator hat geschrieben:Denn natürlich geben die verschiedenen Haupt-Widersacher das Artefakt-Fragment natürlich nicht freiwillig her
    ....
    Und wenn es hart auf hart kommt, lässt man eben die Fäuste und Netze sprechen, wobei Spider-Man auch immer wieder für einen neunmalklugen Spruch zu haben ist, der beim ersten Hören noch ganz witzig ist, aber nach dem x-ten Mal an der Nervgrenze zu kratzt.

    Ist das Lektorat schon im Urlaub? ^^
    Schade ums Spiel, aber ne gute Spiderman Umsetzung hat es sowieso noch nicht wirklich gegeben.
    Spiderman 3 war doch ganz witzig^^

  4. Denn natürlich geben die verschiedenen Haupt-Widersacher das Artefakt-Fragment natürlich nicht freiwillig her
    ....
    Und wenn es hart auf hart kommt, lässt man eben die Fäuste und Netze sprechen, wobei Spider-Man auch immer wieder für einen neunmalklugen Spruch zu haben ist, der beim ersten Hören noch ganz witzig ist, aber nach dem x-ten Mal an der Nervgrenze zu kratzt.

    Ist das Lektorat schon im Urlaub? ^^
    Schade ums Spiel, aber ne gute Spiderman Umsetzung hat es sowieso noch nicht wirklich gegeben.

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