Konnte man im Vorgänger noch ganz klassisch Ausrüstung anlegen, die teilweise die Charakterwerte verstärkte oder gegen bestimmte Effekte schützte, setzt man hier auf so genannte Artefakte. Acht dieser wertvollen und im Rahmen des simplen Crafting-System herstellbaren Gegenstände kann man anlegen. Mit ihnen wird nicht nur die Stärke der für das gesamte Team geltenden „Macht“ definiert, sondern auch Teamboni wie kritischer Schaden oder Bonusgesundheit für die begleitenden Helden beeinflusst. Zusätzlich steht ein DNA-Slot zur Verfügung, mit dem man die fünf Charakterwerte manipulieren kann. Doch das klingt letztlich spannender und vielfältiger als es ist. Denn so gut die Idee grundsätzlich umgesetzt ist und das System des Vorgängers ablöst, war der konservative Einsatz von Kostümen bzw. Waffen mit Werten unter dem Strich spannender. Denn hier hat man darauf verzichtet, den zig zu findenden oder ebenfalls im Crafting-System zur Verfügung stehenden Heldenklamotten den Charakter unterstützende Werte hinzuzufügen – sie nehmen allesamt nur kosmetische Veränderungen vor. Ich verstehe zwar den ideellen Sinn dahinter, dass man ungeachtet der Hautfarbe oder der Klamotten ein Held sein kann und sowohl seine ethnischen als auch religiösen, geschlechtlichen Einstellungen frei vornehmen und eigentlich jederzeit ändern kann.
Spielerisch hingegen hat man eine große Chance ausgelassen, die die Entwickler hinsichtlich der ordentlichen Balance vor neue Herausforderungen gestellt hätte. Wie viel cooler wäre es gewesen, wenn die Entscheidungen tatsächlich Auswirkungen nach sich ziehen würden, anstatt nur für einen minimal geänderten Dialog vor einem weiteren Kampf genutzt zu werden? Hier ist es am ehesten zu spüren, dass am Vorgänger, der seinerzeit noch als THQ-Produktion begonnen wurde, bevor er nach der THQ-Demission bei Ubisoft landete, mit Obsidian ein erfahrenes Rollenspiel-Team für die Entwicklung verantwortlich war. Denn auch wenn der Kampf nicht die Tiefe von der rektakulären Zerreißprobe erreicht, waren die anderen Elemente besser miteinander verzahnt. Zusammen mit dem unnachahmlichen, politisch inkorrekten sowie herrlich anarchistischem Humor konnte sich Der Stab der Wahrheit seinerzeit unseren Gold-Award sichern. Hier ist allerdings so, dass sowohl das Crafting-System als auch die Helden-Verbesserung und selbst das Drehbuch nicht kohärent zusammengefügt wurden. Vieles ist diffus, unwichtig wie die Herstellung minderwertiger Artefakte, die nur dafür da sind, den „Crafting-Level“ aufzuwerten oder verläuft sich im Sande.
Sporadisch witzig
Dies ist vor allem hinsichtlich des Drehbuchs schade, dass in der ersten Spielhälfte dramaturgisch zu viele Pausen einlegt und den Konflikt der Superheldengruppen nicht zentral genug behandelt, während coole Figuren wie „Call Girl“ oder „Tupperware“ nicht ausreichend beleuchtet werden. In der zweiten Spielhälfte legt man in dieser Hinsicht zwar deutlich zu und inszeniert spannendere sowie hinsichtlich der Dialoge deutlich witzigere Situationen. Doch da man sich auch hinsichtlich der Schauplätze nicht so variantenreich zeigt wie Der Stab der Wahrheit, schafft man es nicht, am Vorgänger vorbei zu ziehen. Das wiederum gelingt mit den Umgebungsrätseln, die in erster Linie mit den Fürzen verbunden sind. Man kann sich z.B. auf Captain Diabetes setzen und ihm die Darmwinde ins Gesicht blasen, um einen Insulinschub zu induzieren, mit dessen Hilfe man schwere Hindernisse aus dem Weg räumen kann. Oder man lässt sich von Professor Chaos einen Hamster in den Hintern schieben, um ihn auf Stromkabel abzufeuern, damit ein Kurzschluss ausgelöst wird, der Schalter und Türen betätigt, die wiederum neue Areale freigeben. Lavasteine, Säureflüsse oder höhere Gebiete lassen sich ebenfalls über Furzhilfen und die Mitarbeit von Toolshed oder Human Kite aus dem Weg räumen bzw. überbrücken.
Allerdings hat man sich trotz des nur selten in Gefahr geratenden Humors daran auch irgendwann satt gesehen – vor allem, da meist nur irgendwelcher Sammelkram in den dahinter liegenden Räumen und Gebieten zu finden ist, der nur Komplettierer wirklich interessieren dürfte. Von Zeit zu Zeit wird es zwar auch nötig, seine Spezialfürze wie den Tag-/Nachtwechsel, Zeitreise oder das Pausieren der Welt einzusetzen, um Hindernisse gefahrlos zu überqueren oder die Story voranzubringen. Doch das passiert leider zu selten. Darüber hinaus nutzt man das auf Switch sowohl mobil wie auch im Dock von gelegentlich nervenden Ladezeiten gepeinigte South Park im Allgemeinen zu wenig als Schauplatz für witzige Situationen. Man findet zwar immer wieder gute Ideen wie die Kämpfe, die von allen Teilnehmern pausiert werden, während man ein Auto passieren lässt. Und natürlich kann man in den zahlreichen Shops und Gebäuden punktuell interessante Situationen oder Gespräche miterleben. Doch Momente, in denen man wie im Vorgänger wegen einer kleinen, aber sehr effektiv eingesetzten Punch-Line oder Entdeckung lauthals losprustete, findet man hier deutlich seltener.
Wenn tausend Leute spielen und 10% davon nen fiesen Bug erleben, rennt davon die Hälte bei Amazon die Bude ein, sprich 50 negative Bewertungen. Wenn ein Redakteur spielt und mit 10% Wahrscheinlichkeit nen fiesen Bug erlebt, bzw. mit 90%iger Wahrscheinlichkeit eben keinen erlebt, dann kann er das auch nicht berichten/bewerten. Insofern versteh ich das schon. Die berichteten Bugs sind natürlich in keiner Weise zu entschuldigen und müssen seitens Ubisoft behoben werden. Allerdings kann da ein einzelner armer Redakteur noch so viel testen, wenn er keinen Bug hat, dann hat er halt keinen. Den Testern bei Ubi ist ja offensichtlich auch nicht allzu viel aufgefallen.
Inzwischen gibt‘s aber natürlich genügend Berichte. Vielleicht könnte man die als Update an den Bericht hängen als Kaufwarnung. oder mal bei Ubi nachfragen, was sie denn zu tun gedenken. Beim Test selbst kann ich 4p da aber nicht viel vorwerfen.
https://www.schnittberichte.com/news.php?ID=7045
https://www.schnittberichte.com/schnitt ... p?ID=37283
Aber zum Test der Switch-Fassung. Ich bezweile langsam, dass diese hier wirklich sorgfältig getestet wurde. Denn was man so in den Bewertungen bei Amazon liest, ist die Switch-Fassung masssivst verbuggt. Die meisten Rezensenten raten dringend von einem Kauf ab. Das hätte doch bei einem gründlichen Test auffallen müssen.
Info: Den ersten gibt's in Europa nur auf Pc in einer ungeschnittenen Version. Alle europäischen Konsolenversionen (incl remaster) sind geschnitten.
Ich fand die Story an sich sowie auch die Regie des zweiten Teils nicht besonders toll. Zwar nicht schlecht, aber im Vergleich zum Erstling definitiv schlechter. Weiß nicht, wie es den anderen erging, aber Cartman empfand ich diesmal besonders nervtötend.
Obsidian hat es aber einfach drauf, war nicht einfach in solche Fußstapfen zu treten. Das KS fand ich gut, eine sinnvolle Weiterentwicklung.
Beide KS hatten Vor- und Nachteile. Bzw. das trifft auf nahezu alle Spielelemente zu.
Ich kann mich jedenfalls nicht übers Spiel beschweren: Bekam den ersten ja "gratis" dazu und bekam somit zwei Spiele und zwei Platins. Das Setting des ersten mochte ich beim Nachholen sehr (hab die Last Gen-Version wegen der Streichung der dt. Vertonung ausgelassen), aber da die Zerreißprobe mein "Erstling" war, bekommt sie natürlich ein paar Sympathie-Bonuspunkte.