Wer bist du, Wei?

Die Charakterentwicklung scheint ihren Ursprung hingegen in Japan zu haben, denn ähnlich wie Kazuma Kiryu entwickelt Wei im Lauf seiner Undercover-Operation verschiedene Fähigkeiten. Darunter fallen neue Kampftechniken, Vorteile wie erhöhter Schaden beim Rammen eines anderen Fahrzeug oder Preisnachlässe für Vehikel und Kleidung. Mit dem Erfüllen freiwilliger Aufgaben

Vereinzelte Ecken wirken lebendig, architektonische kann die Kulisse aber nicht mit GTA IV oder Mafia II mithalten.
Vereinzelte Ecken wirken sehr lebendig und vor allem im nächtlichen Regen zeigt Hongkong eindrucksvolle Facetten. Architektonisch kann es aber nicht mit GTA IV oder Mafia II mithalten. © 4P/Screenshot

vergrößert er dabei sein Ansehen, was ihm den Kauf bestimmter Kleidung oder Fahrzeuge ermöglicht. Das Einsammeln verlorener Statuen seines Kampfkunst-Lehrers wird mit neuen Techniken belohnt. Durch die Unterstützung polizeilicher Ermittlungen steigt seine dienstliche Erfahrung. Das Erfüllen von Triaden-Aktivitäten hebt seinen Status als Gangster.

Polizeiliche Arbeit sowie Aufträge für seine Gang finden dabei fast ausschließlich im Rahmen der Erzählung statt, weshalb Wei keine nennenswerte Wahl beim Ausbau seiner Fertigkeiten bleibt. Ich musste mich zwar immer für die jeweils nächste Fähigkeit auf einem von zwei Ästen entscheiden – zum Ende wird allerdings fast jeder Wei die meisten aller Lektionen gelernt haben. Interessant ist dabei, wie das Spiel Weis charakterlichen Hintergrund stärkt, denn jede zentrale Mission steigert zwei Entwicklungen: die als Verbrecher und die als Polizist. So erhöhen z.B. Kopfschüsse seine Triadenpunkte, während seine Punktzahl als Staatsdiener sinkt, falls er die Umgebung zerstört oder gar Unbeteiligte tötet. Auch wenn Weis Entwicklung dennoch zu geradlinig bleibt, ist das ein durchdachtes Stilmittel!

“Da kann ich drüber!”

Da ich sehr zeitig möglichst viele Nebenmissionen erledigt hatte, hatte Wei dabei schon früh zwei der vier Entwicklungsmöglichkeiten (Ansehen und Polizei) ausgefüllt und meine Lust auf freiwillige Aufträge sank spürbar. Mein Glück:

Verschiedene Missionen steigern unterschiedliche Charaktereigenschaften, zentrale Aufträge sogar zwei.
Verschiedene Missionen steigern unterschiedliche Charaktereigenschaften, zentrale Aufträge sogar zwei. © 4P/Screenshot

Sleeping Dogs lässt mich nicht jedes beliebiges Fahrzeug in die heimische Garage lenken, auf dass es fortan mir gehört. Stattdessen muss ich jedes Vehikel bezahlen und besonders die Klasse A-Boliden gehen richtig ins Geld. Dadurch gewinnen lukrative Aufträge und Vehikel an Wert; das ist clever!

Ein schneller Wagen ist auch deshalb von Vorteil, weil man nur mit den richtigen PS weite Sprünge und andere Rekorde packt, die wiederum in Onlineranglisten festgehalten werden. Das Spiel blendet bei jeder Aktion, vom unfallfreien Fahren über die Anzahl aufeinander folgender Treffer bei Scheißereien bis hin zu einem möglichst langen Motorrad-Wheelie sofort die Punktzahl der Freundesliste ein. Wen es nervt, der schaltet die Einblendungen aus. Wen es anspornt, der findet so zusätzliche Herausforderungen. Wer selbst nerven will, schickt dem besten Kumpel sogar selbst eine Herausforderung.

Altbackener Radau

Spätestens bei einer langen fehlerfreien Rundfahrt über den “Autobahnring” habe ich so Hongkongs exotische Skyline genossen. Architektonisch sind GTA IV oder Mafia II zwar selbst heute noch eindrucksvoller – mir fehlen markante kleine Gassen oder andere Blickfänge. Im nächtlichen Neonlicht macht Sleeping Dogs diesen Nachteil allerdings fast wett. Besonders im Regen, wenn das farbenfrohe  Leuchten im rauen Asphalt verschwimmt, lässt das Spiel seine technischen Muskeln spielen. Neben dem Wasser ist die Straße damit der eindrucksvollste Blickfang. Mir gefallen außerdem wertvolle Kleinigkeiten wie hörenswerte

In den letzten Stunden nimmt der Thriller mächtig Fahrt auf. Insgesamt tut er aber zu wenig, um sich von ähnlichen Geschichten abzusetzen.
In den letzten Stunden nimmt der Thriller mächtig Fahrt auf. Insgesamt tut er aber zu wenig, um sich von ähnlichen Geschichten abzusetzen. © 4P/Screenshot

Gespräche zwischen zahlreichen Passanten, der bunte Soundtrack von Metal bis Klassik und die Tatsache, dass zumindest ein Teil der Verkaufsstände nachts geschlossen bleibt. Die Inszenierung fängt hingegen manchen Augenschlag und einige Kamerafahrten sehr gekonnt ein; vor allem Weis Gesicht und sein großes Tattoo wirken sehr plastisch.

Und dann gibt es schließlich den Punkt, an dem die sowohl spielerisch als auch erzählerisch holprige Geschichte plötzlich Fahrt aufnimmt. Irgendwann hat Sleeping Dogs seine Köder ausgelegt und zieht die Leinen langsam ein: Der oberflächliche Einstieg verdichtet sich dann zu einem spannenden Milieuthriller, das Machtgerangel der Triaden entlädt sich in explosiven Höhepunkten. Trockenes Gewehrfeuer rattert  da durch nächtliche Häuserschluchten und irgendwann steckte ich sogar so in Weis Haut, dass ich auf einen eleganten Kampfstil pfiff und mit einer groben Klinge auf seine Feinde losging. Diesen altbackenen Radau beherrscht Sleeping Dogs ganz vorzüglich! Schade, dass es abseits davon nur ein weiterer unterhaltsamer Anarcho-Sandkasten sein darf.

  1. Lächerliche Wertung, aber 4p hat sich ja auch bei Far Cry 3 schon blamiert (angeblich um ein vielfaches schlechter als der miese Vorgänger) ;-) Typische "Schaut her, wie individuell wir sind"- Wertung halt ...

  2. Sleeping Dogs>GTA
    Es wird aber wohl wegen den ganzen Mainstream Idioten keinen zweiten Teil geben weil diese GTA bevorzugen.
    Edit. GTA gefällt mir seit GTA 4 und explizit der PC Version nicht mehr. Es war schlichtweg eine Frechheit.

  3. also mir gefällt slepping dogs nach 20min schon besser als gta4 nach 5h. ich mochte aber auch den charakter in gta4 nicht wirklich und irgendwie wirkte alles recht aufgesetzt.
    aber hey, es muss ja für jeden spiele geben. und auf wertungen geb ich eh nichts mehr. die sind entweder ums eck rum gekauft (also durch werbeverträge) oder spiegeln die persönliche vorliebe des testers wider. mit irgendwelchen faktoren wie grafik usw. kommt man heutzutage, wo immer mehr indietitel erscheinen, eh nicht mehr weit.
    spaß muss es machen, da ist der rest doch reine nebensache. oder meckert jemand ernsthaft, dass minecraft ihm keinen spaß macht, nur weil die grafik mau ist?

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