Shattered Union(Taktik & Strategie) von 2K Games Credit: PopTop / 2K Games

Der neue Krieg

Wenn das nicht mal eine gelungene Abwechslung ist: Der Weltmacht USA gehen offenbar die Feindbilder aus und ihr legt euch ausnahmsweise nicht mit den Irakern oder Aliens dieser und anderer Welten an. Stattdessen tobt ein Bürgerkrieg auf amerikanischem Boden, bei dem jedes der sechs schnell gegründeten Bündnisse die Nation unter seiner Führung vereinen will. Schuld an der Misere sind ein skrupelloser Präsident, terroristische Anschläge sowie die nukleare Zerstörung Washingtons. Wer da auf den berüchtigten roten Knopf hämmerte, bleibt zwar unklar, aber bevor sich die Amis versehen, besetzt die Europäische Union als siebte Partei die ehemalige Hauptstadt, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen – notfalls natürlich mit Waffengewalt.

Auch wenn der Frische des Szenarios schnell der Wind aus den Segeln genommen wird (im Handbuch sind russische Truppen gelistet, von denen sonst erst einmal jede Spur fehlt) und die Bündnisse im Verlauf der Kampagne ohne Profil bleiben, sorgt die Idee des Krieges auf amerikanischem Boden für angenehme Abwechslung. Für euch zählt aber wie erwartet: Sucht euch eine der sieben Parteien aus, wählt den Schwierigkeitsgrad und schon kann’s losgehen.

Überzeugende Kulisse

Am Anfang kann Shattered Union richtig fesseln, denn zum schnellen Einstieg gesellt sich eine unkomplizierte Steuerung.Hinzu kommt eine authentische Präsentation, die auf PC mit feinen Texturen und realistischen Landschaften (einschließlich der Freiheitsstatue und ähnlich bekannter Punkte) glänzt. Auch der Sound hält hier mit und untermalt das Geschehen abgesehen vom eintönigen Musikgedudel mit knackigen Explosionen und knatternden Propellergeräuschen. Bis ihr ins taktische Geschehen einsteigen könnt,

Ein seltener Anblick der “Vereinigten Staaten”: Die Weltmacht wurde vom Bürgerkrieg gespalten.

müsst ihr aber eine Hand voll Entscheidungen auf der strategischen Karte treffen.

Hier absolvieren alle Parteien nacheinander ihren Zug und können Einheiten kaufen, verkaufen, reparieren und natürlich in ein benachbartes Gebiet einfallen. 23 davon gilt es zu erobern, bevor ihr die Amerikanischen Nationen wieder zu Vereinten Nationen gemacht habt. Und das kann dauern. Denn auch wenn ihr nur einmal pro Zug angreifen dürft, müsst ihr mitunter mehrmals euer Gebiet verteidigen. Das Schwierige dabei: Einmal ins Feld geführte Einheiten bleiben bis zur nächsten Runde im Kriegsgebiet. Entscheidet ihr euch also beim ersten Kampf für eine zahlenmäßig überlegene Armee, steht euch in den folgenden Auseinandersetzungen nur noch ein kleines Reservoir an Truppen zur Verfügung. Das erinnert an den Brettspielklassiker Risiko und erfordert viel Vorausplanung sowie eine ordentliche Prise Glück beim strategischen Hantieren.

Schere, Stein, Papier

Geld ist übrigens knapp, weshalb ihr euch keine Hoffnungen auf inflationären Truppennachschub machen solltet. Grundsätzlich gilt daher, gut auf euer Kriegsgerät Acht zu geben und die eigenen Reihen mit sinnvollen Einkäufen zu ergänzen. Das ist umso wichtiger, da Shattered Union das berüchtigte “Schere, Stein, Papier” einwandfrei beherrscht. Durch zahlenmäßige Überlegenheit kommt ihr kaum drei Züge weit, ohne dass das schnelle Ende droht, denn der Computer versteht es hervorragend, Schwachstellen aufzuspüren und seine Truppen gezielt einzusetzen. Besonders auf eure Artillerie hat es die KI abgesehen und das ist gut so: Finden die Langstreckengeschosse aus den dicken Rohren nämlich einmal ihr Ziel, bleibt davon meist nicht viel übrig.

Einsteiger werden damit überfordert sein, denn die Lernkurve ist steiler als eine Nordwand der höchsten Kategorie. Sämtliche der zahlreichen Einheiten stehen euch schon von Beginn an zur Verfügung und die fehlenden Übungsmissionen sorgen für eine Motivationsblockade. Besonders am Anfang fällt deshalb auch das manuelle Aufstellen eurer Truppen negativ auf: Das fehlende Einsehen in deren Stärken und Schwächen sowie eine Auflistung aller noch nicht platzierten Soldaten, Panzer und Hubschrauber machen das Aufbauen einer wirkungsvollen Front schwierig, so dass man dem sofort angreifenden Gegner nur schlecht Paroli bieten kann. Ihr könnt die Positionierung zwar vom Rechner vornehmen lassen, der spaltet eure Truppen allerdings gerne in zwei Gruppen, so dass der Computer einen Teil eurer Armee oft in handliche Stücke verarbeitet, bevor der andere in Reichweite rückt.

Sind aber erst einmal alle Einheiten an ihrem Platz und habt ihr auch deren Werte im Kopf, schafft es Shattered Union dank seines flotten Ablaufs für kurze Zeit gut zu unterhalten. Zähes Vorausplanen fehlt jedoch ebenso wie heiß umkämpfte Missionsziele. Ihr schafft es entweder, eine Stellung mit wenigen Zügen einzunehmen oder werdet selbst überrannt. Macht nichts, denn ihr könnt es ja nochmal versuchen? Schön wär’s: Verliert ihr zu viele Einheiten, habt ihr keine Chance mehr, die Kampagne zu gewinnen. Nachschub könnt ihr euch kaum leisten und der Gegner attackiert eure Regionen mit steter Regelmäßigkeit.

Überzeugende KI?

Auf dem Schlachtfeld greift die KI geschickt verwundbare Punkte an, zeigt aber Schwächen im Abschluss: Hat sie euch einmal attackiert, macht sie nicht von der Möglichkeit Gebrauch, ihre Truppen noch einmal vor oder zurück zu ziehen und die nächste Einheit am selben taktisch vorteilhaften Punkt zu platzieren. Stattdessen rückt sie erst dann weiter, sobald die Angriffswelle abgeschlossen ist. Dabei bringt es viel, Position auf einem Hügel zu beziehen,

Dank dieser Übermacht sind die Städte des Gegners bald in unseren Händen.

die Waffen von dort sprechen zu lassen und sich anschließend in sichere Gefilde zurückzuziehen, bevor man das Manöver mit der nächsten Einheit noch einmal ausführt.

Zum Glück macht es euch Shattered Union denkbar einfach, Vorteile im Gelände zu erspähen, denn ihr seht im ständig eingeblendeten Wertefenster jederzeit, um wieviel sich die Eigenschaften einer Einheit zum Guten oder Schlechten ändern. Weniger transparent ist dagegen das Einsehen in die Erfahrungswerte eurer Truppen: Diese steigen nach einer bestimmten Anzahl an Siegen auf, ihr seht allerdings nirgendwo, wann das geschehen wird und könnt die betreffenden Kandidaten daher nicht gesondert schützen oder gezielt in den Kampf schicken. Xbox- und PC-Fassung lassen euch übrigens unterschiedliche Informationen aufrufen, wenn es um Werte wie Schussreichweite und Bewegungsradius geht: Auf der Konsole dürft ihr auch die des Feindes einsehen, die PC-Version bietet diese Möglichkeit nicht.

            

  1. @Funkenstein:
    An deiner Stelle würd ichs mal anspielen oder für ein WE ausleihen, viel länger motiviert es leider nicht wirklich, da obwohl die Grafik gut, die Story leider zu dünn gesät ist.
    @Benjamin:
    Stimmt, mit dem zweiten Wertebildschirm finde ich auch ein bißchen ungünstig gelöst, da es aber in der ersten Runde selten schon zum Kontakt kommt ist dies doch nicht so schlimm (finde ich ;) ).
    Leider ist bei mir die Luft jetz nach zweimaligem Durchspielen der Kampagne auch ein bissl die Luft raus(vielleicht später nochmal auf Hard probieren).
    Da verlangt einem Advance Wars doch weitaus mehr ab.
    MfG Basti

  2. nur 71 Prozent? Dabei hatte ich mich schon so gefreut. Endlich mal wieder ein rundenbasiertes Strategiespiel, was diesesmal sowohl von der Story wie auch von der Grafik überzeugen kann. Auch ich habe gerne Advance Wars gespielt, nach dem Test werde ich aber wohl nochmal 2 Nächte drüberschlafen.
    Irgendwie kommt mir das wie eine Verschwörung vor, das heutzutage rundenbasierte Spiele selten über achtzig Prozent in den Wertungen bekommen (mal von Civ abgesehen). Wie kommt das?
    Wenn ich da noch an die phänomenalen Wertungen denke, die z.B. ein Panzer General, ein Ufo oder auch ein Jagged Alliance bekommen haben, blutet mir doch ein wenig das Herz.

  3. Hi basti29,
    erstmal danke für den konstruktiven Kommentar!
    Was das Aufstellen angeht: Man kann die Einheiten zwar nach dem Platzieren nochmal umstellen, aber worum es mir hauptsächlich geht, ist die Tatsache, dass man den zweiten Wertebildschirm nicht einsehen kann. Und da man nicht allen Modellen deutlich ansieht, ob es sich um Panzer oder Artillerie handelt, verbaut man sich am Anfang einfach manchmal eine gute Verteidigung.
    In Sachen KI hast du insofern Recht, dass sie durchaus wichtige Punkte besetzt. Dem Großteil des Gegners begegnet man aber in den allermeisten Fällen eben in geballter Form, so dass man nie gleichzeitige, oder wenigstens aufeinander folgende, Stellungskämpfe um mehrere Städte erlebt. Meistens findet man an den Missionszielen den erwähnten kaum vorhandenen Widerstand.
    Shattered Union ist mitnichten ein mieses Spiel. Aber was mich sehr gestört hat ist, dass man sich nicht so schön drin verbeißen kann. Ich hab jedenfalls nach dem Test gleich mal Battle Isle 4 wieder auf die Festplatte gepackt und immer noch mehr Spaß damit als mit SU. ;)
    Ben

  4. Und bevor mir jemand vorhält, Advance Wars wäre grafisch auch kein Hingucker, dem muss ich sagen, dass mir dieser Trickflimstil sehr gut gefällt. Da mach ich gern mal ne Ausnahme ;).
    MfG Basti
    PS: wird zeit für ne Edit-Funktion

  5. Ersteinmal guter Test!
    Ein paar persönliche Anmerkungen von mir:
    (Muss dazu sagen, dass ich sonst nur Advance Wars spiele, da mich Panzergeneral und Ähnliches grafisch nie überzeugen konnten, für mich ein Minuspunkt bei der Schlachtfeldatmosphäre.)
    -man kann beim manuellen Aufstellen der Truppen platzierte Einheiten durch wiederholtes Anklicken umplatzieren. Der im Test angesprochene Minuspunkt durch fehlende Gesamtübersicht der Einheiten wird dadurch eher nebensächlich. Es wäre möglich ersteinmal alle Einheiten sinnlos auf der Karte zu platzieren, und dann, wenn man alle Einheiten auf der Karte einsehen kann, taktisch umzuplatzieren. Obwohl es ein wenig unkomfortabel erscheint.
    -die KI hat bei mir auch schon ein paar Schlachten gewonnen, durch geschicktes Umgehen meiner Frontlinie und Einnehmen abgelegener Stützpunkte. Die von dir im Test immer nur blind angreifende KI hab ich in solch starkem Maße nicht erlebt.
    -Kampagne wird, sobald man ersteinmal die Oberhand an eroberten Staaten hat langweilig, und imo sind ganze vier Videos, die die Story erzählen zu wenig. Dazukommt, dass es an Abwechslung in den Missionen mangelt(von dir ja treffend erwähnt im Test)
    -Es kann sicherlich nicht mit anderen Schwergewichten der Rundenstrategie aus dem PC-Sektor aus taktischer und strategischer Sicht mithalten, grafisch übertrifft es sie aber alle.
    -Ich kann es aber jedem empfehlen, der Advance Wars mag, da ich es vom Tiefgang mit diesem \\\\\\\\\\\\\\\"fast\\\\\\\\\\\\\\\" gleichstellen würde, auch wenn Advance Wars den Vorteil der abwechslungsreicheren Missionen hat.
    Ich hoffe 2kGames baut darauf auf. Ich jedenfalls würde mich sehr über ein Expansionpack mit vielleicht sogar Schiffen freuen!

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