Düstere Gedankenspiele


Es ist Vergleiche-Zeit: Limbo und Inside, FAR: Lone Sails oder auch Little Nightmares kamen mir, zuerst beim Trailer und dann natürlich beim Durchspielen von Shady Part of Me, in den Sinn. Mit seiner Optik zwischen Sepia und Monochromie, der zärtlich-melancholischen Musik und dem düsteren Grundtenor geht es inszenatorisch in eine ähnliche Richtung wie diese gelungenen Indietitel. Gleichzeitig verzichtet das Spiel großteils auf die Geschicklichkeitsaspekte eines Limbo, das Micro-Management von FAR: Lone Sails oder Little Nightmares’ Stealth-Aspekte – an diese Stellen treten Licht- und Schattenrätsel, Kisten-Schiebe-Aufgaben und Perspektiv-Knobeleien. Derlei Elemente kennen Vielspieler aus dem kreativen PSP-Gehirnverdreher Crush, dem PS3-Abenteuer Rain oder Konamis schönem Wii-Titel Der Schattenläufer und die Rätsel des dunklen Turms.

 

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Das Gesicht der Hauptfigur bleibt ein Mysterium, der mitunter beklemmende Look zieht sich ebenfalls durchs Spiel. © 4P/Screenshot

Zu guter Letzt, und da sind wir nun bei der Geschichte rund um die Ängste eines kleinen Mädchens angelangt, reiht sich Shady Part of Me in eine noch recht junge Gruppe von Videospielen ein, die sich mit dem Themenkomplex rund um Ängste, Selbstwahrnehmung oder generell der mentalen Gesundheit befassen. Dabei denke ich an Sea of Solitude, The Town of Light, Celeste, Actual Sunlight oder Hellblade: Senua’s Sacrifice. Gleichwohl Shady Part of Me über die komplette vierstündige Spielzeit auf eine sehr, für meinen Geschmack zu vage Erzählweise setzt, lassen die Szenarien (u.a. Kinderzimmer, Krankenhaus), das Zwiegespräch der verschiedenen Ichs der Protagonistin und die Spiel-Einteilung in „Sitzungen“ keinen Zweifel daran, in welche Richtung die französischen Entwickler mit ihrem Erstlingswerk gehen.

 

Im englischen Original wird die Hauptfigur klasse von Hannah Murray vertont, die man als Goldy (engl.: Gilly) aus Game of Thrones kennt. In der deutschen Synchro leiht Luisa Wietzorek dem Mädchen ihre Stimme – die Berlinerin kennt man aus vielen TV- und Filmproduktionen wie Coraline oder Modern Family (wo sie Haley Dunphy spricht), erst vor kurzem brillierte sie auch als die deutsche Stimme von Ellie in The Last of Us: Part 2. Leider wird die auch diesmal starke Sprecharbeit von der schlampigen Regie getrübt – oft weiß der Spieler nicht, welches der beiden Ichs gerade spricht, das stört das Verständnis der Dialoge nachhaltig.

 

Ich & mein Schatten

 

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Knobeln im Kinderzimmer: Unten im “3D-Bereich” verschieben wir eine Kiste, das ändert dann auch die 2D-Silhouette in der oberen Bildhälfte. © 4P/Screenshot

Denn von wenigen Passagen abgesehen, herrscht eine klare Dualität im Spiel: In der oberen Bildhälfte lenke ich den Schatten der Figur durch 2D-Passagen, im unteren Teil steuere ich das eigentliche Mädchen in 3D. Auch ohne Zweispieler-Modus (den ich gerne gesehen hätte) ist Shady Part of Me damit ein Koop-Erlebnis für eine Person. Denn nur durch die Zusammenarbeit der beiden Figuren -man wechselt auf Knopdruck beliebig hin und her – ist ein Vorankommen auf beiden Ebenen möglich. Typisches Beispiel: 2D-Schatten muss über einen See voller Dornenranken, steigt dafür auf ein Quadrat, das sich aber nicht bewegt. Wechsel. 3D-Mädchen schiebt einen Würfel umher, dessen Schatten das Quadrat in der 2D-Ebene ist. Wechsel. 2D-Figur ist auf dieser „Fähre“ ans andere Ufer gelangt, springt herab und kann weiter.

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