Spaß oder Ernst?

Dass in Fernost das Thema weibliche Sexualität mitunter komplett konträr zu den westlichen Vorstellungen liegt und auch manche der dort praktizierten Fetische hierzulande eher für Kopfschütteln als für Verständnis sorgen, ist das eine. Dass manche Spiele japanischer Entwickler versuchen, diese Bedürfnisse in der einen oder anderen Form zu befriedigen bzw. anzusprechen, ist das andere. Doch wenn es einen Bereich gibt, in denen Videospiele im Vergleich zu Büchern oder Filmen immer noch in den Kinderschuhen stecken, dann ist es Sexualität – bzw. der Umgang damit. Mitunter gibt es Spiele wie Heavy Rain oder auch The Witcher, in denen man sensibel oder beiläufig damit umgeht und es so kohärent in den Kontext einbaut. Dann gibt es Titel wie Bayonetta oder Onechanbara, die dank starker Frauen mit der Thematik kokettieren, sie überzeichnen oder sie mit einem nicht zu übersehenden Augenzwinkern betrachten. Vor allem gilt hier aber: Sex oder sexuelle Anspielungen sind nur kleine Teile eines Konzeptes.

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Diese Gedanken hatte ich auch häufig beim Spielen von Senran Kagura: Estival Versus. © 4P/Screenshot

Und dann gibt es noch Spiele wie Dead or Alive Xtreme oder Senran Kagura sowie mit Einschränkungen vielleicht noch Criminal Girls: Invite Only, bei denen der Fokus mal mehr, mal weniger sexuelle Fantasien und Fetische bedient. Das ist per se natürlich nicht zu verurteilen. Und wenn es wie bei den Strand-Eskapaden der DoA-Mädels mit einer gehörigen Prise vorgegaukelter Naivität passiert, die man einfach nicht ernst nehmen kann, habe ich auch keine Probleme damit. Senran Kagura Estival Versus jedoch kriegt die Kurve nicht so einfach. Wie auch, wenn knapp 35 Shinobi-Schülerinnen um die Gunst des Spielers buhlen? Dass man sie “Backstage” mit neuen Klamotten versehen und in lasziven Posen ablichten kann: geschenkt. Das sorgt bei mir weder für Stirnrunzeln noch für Geifern. Doch die Geschichte, die sich um die Rivalität einiger Shinobi-Klassen dreht, die in einem mehrtätigen Kampf-Festival gipfelt, geht mit der allgemeinen Thematik unglaublich unbedacht um. Mitunter sind die in Japanisch vorgetragenen und mit englischen Untertiteln versehenen Dialoge witzig – in diesen seltenen Momenten kokettieren die Damen mit sich, den hervorstechenden Merkmalen der weiblichen Anatomie und der Thematik. Doch viel zu häufig ist es einfach nur plump, mitunter sogar regelrecht das Fremdschämen provozierend – obwohl ich mich definitiv nicht als prüde bezeichnen würde.

Der schmale Grat

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Diese Szene könnte auch aus einem der Warriors-Ableger von Koei stammen, an denen sich Estival Versus in den besten Momenten orientiert. © 4P/Screenshot

Wenn Katsuragi z.B. ständig versucht, die Brüste ihrer Kommilitoninnen zu begrapschen, hat das eine unbeholfene Verzweiflung, die beinahe schon Mitleid bei mir hervorruft. Und das, obwohl die Darstellung und Bewegung der beinahe 70 Brüste bar jeglicher Realität liegt. Das vermeintliche Gewicht der Vorbauten dürfte die Agilität der Shinobi eigentlich massiv stören. Zudem sind die Animationen im gewählten Anime-Stil, der die Protagonisten alle minderjährig wirken lässt, so unrealistisch, als würden die Busen scheinbar von schwerer Hydraulik bewegt. Daher kann ich Katsuragis Faszination nur eingeschränkt nachvollziehen. Problematischer wird es bei Ryona, die erst dann richtig zur Hochform (auch im Kampf) aufläuft, wenn man sie vorher beleidigt und beschimpft. Und wenn die Verlierer eines Kampfes dazu genötigt werden, sich Unterwäsche in den Mund zu stopfen, wird zumindest bei mir die Grenze erreicht. Wenn Senran Kagura mit all diesen Elementen spielerisch umgehen und sie überziehen würde, sähe die Sache anders aus. Da man aber häufig zu ernst mit all dem umgeht, und man vor dem Bildschirm spürt, welcher Klientel man sich damit anbiedern möchte, geht das zu Lasten des Unterhaltungswertes – vollkommen ungeachtet, ob man das hier propagierte Frauenbild nun unterstützt oder nicht. Aber immerhin kann man die mitunter ausufernden Zwischensequenzen auch abbrechen und sich auf das Spiel an sich konzentrieren.


  1. Was ich am Test nicht verstehe ist die "Begeisterung" für das Kampfsystem und die Missionen?
    Die Gegner KI ist dumm, die Combos beschränken sich auf Viereck drücken und dann mal Dreieck. Das Trefferfeedback ist schwach und oft lassen diese sich auch nicht verhindern. Die Wandangriffe sind auch nicht wirklich gut eingebunden, mit den Bomben kann man kaum zielen. Die Missionen beschänken sich auf "mach alle platt" mal halt in ner kleinen Arena, mal läuft man die Strecke ab die man zuvor schon x mal gesehen hat(Und aus alten Teilen sind).
    Ganz ehrlich ich mag den Rest aber da ist Dynasty Warriors doch schon anspruchsvoller wenn man noch die ganze Schlacht managen muss und auch mal unter Zeitdruck gerät.

  2. So gerade bestellt!
    Ich stehe auf japanischen Kloppmist, wer braucht da ne Tiefgehende Charakter Studie als Story? Hirn aus Schwerter raus. Ja ich gebe es zu mein Geschmack ist meist recht einfach gestrickt, ich glaube das liegt am Alter als ich mit Videospielen begonnen habe Liefen noch schlecht Animierte Strichmännchen über den Bildschirm.
    Natürlich mag ich auch schwerere Kost, könnten Frauen in Videospielen anders dargestellt werden? Natürlich! Selbiges gilt dann aber auch für Männer.
    Aber ich möchte mich auch nicht an so einer Diskussion beteiligen, zumindest nicht schon wieder. Hoffe es kommt bald, solange werde ich mal wieder Onechanbara rausholen.

  3. Todesglubsch hat geschrieben:
    ChrisJumper hat geschrieben: Akibas Trip war da noch mehr Story und interessanter.
    Allerdings durfte und musste man in Akibas Trip auch Männer ausziehen und hatte männliche Bosskämpfe, bei denen man mit "halbnackten" Männlein als Gewinngrafik belohnt wurde. Das fand ich schon wieder konsequent und hab davor meinen Hut gezogen.
    Das es in Senran Kagura nur weibliche Charaktere und Gegner gibt ist wirklich verstörend... ganz besonders wenn dort einige männlich wirkende und kommunizierende Wesen auftauchen. Der einzige Mann in diesem Spiel ist übrigens unsichtbar. An der Stelle finde ich es übrigens eher eine Aufgabe seitens der Männer sich über fehlende Protagonisten aufzuregen anstatt das dieses Spiel ein Problem mit den Frauen hat. Denn es wirkt seltsam normal wenn nur Frauen anwesend sind. Vielleicht wie in einem Kloster oder bei einem Mädchen-Internat. Aber für den Betrachter aufreizende Perspektiven sind wirklich störend.

  4. ChrisJumper hat geschrieben: Akibas Trip war da noch mehr Story und interessanter.
    Allerdings durfte und musste man in Akibas Trip auch Männer ausziehen und hatte männliche Bosskämpfe, bei denen man mit "halbnackten" Männlein als Gewinngrafik belohnt wurde. Das fand ich schon wieder konsequent und hab davor meinen Hut gezogen.

  5. Ein sehr seltsames Spiel. Diese komische Fixierung auf einen Lustobjekt-Modus kann ich sogar nachvollziehen, das stört. Finde ich aber im Nachhinein, nach 5 Stunden spielen absolut nebensächlich. Akibas Trip war da noch mehr Story und interessanter.
    Auf uns Europäer wirkt das Spiel eher so seltsam weil es uns schwer fällt der Story nur durch Untertitel zu folgen, weil eine englische Sprachausgabe fehlt. Toll fand ich aber wie anders dort der Tot behandelt wird und die Trennung von einem geliebten Menschen. Auch das hier immer in Gruppen gespielt wird, der Spieler spielt ja niemals alleine eine einzelne Person wie es sonst immer in Videospielen üblich ist. Bis auf die explizite Darstellung kann man in diesem Spiel aber auch starke selbstbestimmte Frauen finden, genauso wie diese ganzen seltsamen Zwischenarten, das kann vielleicht bei jedem Manga oder jeder VN ähnlich sein, also das bestimmte Stereotypen abgebildet werden, aber gefühlt sind es doch mehrere als aus unserem Fernseh-Serienspektrum oder dem Westlichen der USA. Das fand ich jetzt noch interessant.
    Die Wertung hat das Spiel zwar trotzdem verdient weil der Umfang einfach nicht gross genug ist. Die Story ist zwar nett aber zu Kurz. Dennoch um lääääängen wertvoller als das was sich so im Nachmittags- oder Vormittags-Programm eines deutschen Privatsenders tummelt. Ich habe da schlimmeres erwartet.
    Das Kampfsystem ist eigentlich ganz in Ordnung, aber es fordert nur sehr selten die Spieler, eigentlich nur dann wenn der Level des Chars nicht hoch genug ist für den Kampf gegen mehrere starke Gegenspieler. D. W. ist aber auch hier viel besser. Zumal es eine große Schlacht gibt und nicht nur so kleine Happen. Als auch weil in diesem Spiel ein Split-Screen fehlt.
    Für 20 Euro kann man das Spiel kaufen, mehr ist es aber nicht Wert.
    P.s.:

    Mathias Oertel hat geschrieben:Das Problem: Man kann diese Verwandlung nicht abbrechen. Was spätestens dann nervt, wenn man sich an den meist nur hinsichtlich der Kostümierung...

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