Die Power Moves kauft ihr entweder im Kampf oder in den beiden Phasen zuvor. Wobei euch nicht nur martialische Hilfe zur Verfügung steht: Ihr könnt auch den Preis für eine bestimmte Droge erhöhen, ihn in ganz Miami auf ein Minimum reduzieren oder ein bestimmtes Territorium eine Runde lang gegen Angriffe schützen. Welchen Move ihr erhaltet, wisst ihr dabei nie genau – ihr bezahlt und erfahrt anschließend, für welches Extra ihr gelöhnt habt. Im Gegenzug kosten die Power Moves kein Vermögen, so dass ihr euch selbst dann noch eine Hand voll leisten könnt,
wenn ihr so viele Schläger, Pusher und Fabriken gekauft habt wie eure Mittel zulassen.
Kratzige Einsatzbesprechung
Oberflächlich gesehen bietet Money. Power. Respect. alle Zutaten, die euch als aufstrebender Drogenbaron sowohl fordern als auch lange beschäftigen: Ihr müsst einige Für-und-Wider-Entscheidungen treffen, tragt taktische Auseinandersetzungen aus, behaltet Truppenstärke sowie Liquidität im Auge. Szenen aus dem Film sowie
wenige Stücke der
Originalmusik versetzen euch in die Atmosphäre des über 20 Jahre alten Gangster-Streifens und die deutsche Stimme von Tonys Boss Lopez kratzt die Missions-Beschreibungen wunderbar verraucht ins Mikro.
Auf Dauer konnte mich Scarface aber dennoch nicht fesseln, denn ihr macht nicht wirklich als Drogenboss Karriere, sondern spult unter “Film-Szenarios” lediglich ein paar lose Aufträge ab. Ihr setzt nicht einmal das abgeschlossene Szenario fort, sondern beginnt jeden Einsatz an einem festgelegten Startpunkt. Die Filmszenen führen euch zwar in die Missionen ein, halten sich aber nicht an die Chronologie von De Palmas Werk. Tony Montana wirkt dabei wie ein Statist, der ausschließlich während der Einspielungen ins Rampenlicht tritt. Euer Alter Ego hätte auch Wolfgang Kennichnicht sein können – es hätte keinen Unterschied gemacht. Dass die Darstellung weder auf dem nüchternen Stadtplan von Miami noch in den tristen Kämpfen überzeugt, unterstreicht die müde Inszenierung.
Lückenstopfer
Viel schlimmer sind aber die einfallslosen gegnerischen Kartelle, denn so umfangreich ihr auch agieren könnt: Ihr müsst es kaum tun. Sinnlos auch die Allianzen, die für euch einen Nichtangriffspakt und damit Sicherheit bedeuten. Ihr selbst könnt das Abkommen aber jederzeit brechen – und zwar ohne Konsequenzen. Ihr baut also in Ruhe ein paar Fabriken, heuert Schläger an und kauft Power Moves. Nach einer halben Stunde seid ihr so mächtig, dass die verbleibende Eroberung in Richtung Langeweile tendiert. Aber ihr beschäftigt euch ohnehin nur im freien Spiel mit
dem Einnehmen sämtlicher Gebiete. Je nach Vorgabe könnt ihr auch versuchen, als Erster 15 Millionen zu besitzen oder nach sechs Runden der reichste Teilnehmer zu sein. Diese drei Möglichkeiten habt ihr übrigens auch zu viert über die WiFi-Verbindung.
Vielleicht habt ihr es schon herausgelesen: Weder die Szenarios noch das freie Spiel nehmen viel Zeit in Anspruch. Dass Miami in gerade mal 17 Areale unterteilt ist, verkürzt die Spieldauer zusätzlich, weshalb auch meine Motivation schon nach wenigen Stunden einen Dämpfer verpasst bekam. Sobald ich im Besitz von ungefähr sechs Revieren bin, wünsche ich mir außerdem einen automatisierten Drogenverkauf, weil das Zuweisen von drei verschiedenen Rauschmitteln in mehr als einer Hand voll Arealen mühevolle Kleinarbeit ohne nennenswerten Tiefgang ist. Ausgerechnet an dieser Stelle hätte der Ablauf nicht gestreckt werden sollen. Letzten Endes eignet sich Scarface auf der PSP als ansprechender Lückenfüller – den vollen Preis ist das Streben nach Geld, Macht und Respekt allerdings nicht wert.