Achterbahnfahrt der Motivation

 

Wie viele unterschiedliche Spiele und Motive habe ich in diesem Resident Evil Village erlebt? Wie viele Höhen und Tiefen? Gerade zu Beginn war einiges gut, motivierend oder sogar hitverdächtig. Doch dann wird man Stück für Stück ernüchtert oder traut seinen Augen im letzten Drittel nicht. Wenn ich hoffe (!), dass ein Spiel nach dem letzten Boss bitte nicht noch weiter geht, wenn ich einen Test derart kritisch beginne, anstatt mit einer stimmungsvollen Szene anzufangen, dann sagt das viel über die Regie aus, über die ich einfach nur den Kopf schütteln kann.

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Das Spiel beginnt friedlich im Zuhause der Winters: Ethan bringt Baby Rose zu Bett… (PC) © 4P/Screenshot

Warum sollte ich mich ihr im Aufbau dieser Kritik anpassen? Warum schön chronologisch zwei Seiten mit Positivem beginnen, nur um dann alles stückweise einzureißen? Nix da. Ein Test ist nicht dazu da, schön einzustimmen – dafür gab es die Demo. Außerdem sitzt die Enttäuschung zu tief, zumindest bei uns Veteranen in der Redaktion, die alles ab Alone in the Dark und Resident Evil an begleitet haben. Ich hab mit Micha, der Resident Evil 7 immerhin mit hohem Gold (!) ausgezeichnet hat, diesen zehnten Teil zusammen gezockt. Wir waren uns nach dem Finale einig, dass vor allem das plumpe letzte Drittel ein schlechter Scherz ist. Und weil uns das so nachhängt, gibt es hier auch sofort Tacheles statt szenisches Kinoflair.

Potenziale blitzen auf, Resi 4 lässt grüßen

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Als die Ereignisse eskalieren, rettet sich Ethan in ein Dorf, das mit Friedhof, Kirche und Schloss im Hintergrund einiges an Dracula-Potenzial zu bieten hat. Aber um den Fürst der Vampire und seine Schar geht es in Resident Evil Village nicht…(PC) © 4P/Screenshot

Das ist ja deshalb alles so ärgerlich, weil dieses Spiel mit dem rumänischen Schauplatz und dem prächtig designten Dorf durchaus Potenzial zeigt! Die Regie konnte mich über zwölf bis vierzehn Stunden zunächst ködern, aber hat mich dann hoffnungslos verloren – das war wie eine qualitative Rutsche. Capcom sollte sich ernsthaft fragen, warum der Spaß mit dem Geballer und den Stilbrüchen gegen Ende immer so abflaut. Und warum sie damit erneut den Anschluss an faszinierenden Horror verlieren, der schon in Zeiten von F.E.A.R. und Dead Space selbst mit viel Action wesentlich besser war. Sie finden einfach keine Linie im Spieldesign, keine Konstanz oder gar Entwicklung. Hier die letzten Jahre, dieses Auf und Ab, im Schnelldurchgang: Resi 5: sehr gut, Resi 6: ausreichend, Resi 7: sehr gut, Resi 8: befriedigend. Dass man noch solides Niveau erreichen konnte, das sollen die folgenden Seiten erläutern.

 

 

 

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…auch wenn Lady Dimitrescu alle Merkmale einer mächtigen Blutsaugerin in sich vereint. Sie ist gerade zu Beginn der Star des Spiels. (PC) © 4P/Screenshot

Die Ironie dieser Geschichte ist ja, dass Capcom gerade an Resi 4 anknüpft – das ich damals mit Platin gefeiert habe und das für mich mit dem mutigen Spieldesignwechsel der letzte große Tusch innerhalb einer Reihe war, die seitdem auf der Suche nach der Faszination  des Schreckens ist. Nur darf man nicht vergessen: Diese Begeisterung entstand im Kontext einer anderen Zeit, anderer Spiele – auch der actionreiche Horror hat sich seitdem entwickelt, so dass ich die Wertung heute nicht mehr geben würde.

Trotzdem hatte Resi 4 damals einen Nerv getroffen und für packende Unterhaltung gesorgt, die man heutzutage mit angepassten Spieldesign, Technik und Tempowechseln verbessern könnte – das war zumindest meine naive Hoffnung. Zu Beginn riecht es sogar danach, wenn man das Dorf betritt. Und dann baut man mit Lady Dimitrescu zunächst einen herrlich markanten Charakter auf, der fast ein eigenes Spiel verdient hätte! Wenn einen diese beeindruckende Vampirdame gemessenen Schrittes durch das wunderbare Schloss verfolgt, während sie einem Flüche hinterher schickt und wie ein Riese unter niedrige Türen bücken muss, entsteht ein angenehm unheimliches Gefühl – zumindest bis man merkt, dass man im Raum mit der Schreibmaschine sicher ist, weil sie vor der Tür abdreht. Aber diese “sicheren Zonen” gehören trotz der Unlogik (von der es viel gibt) mit zu den nostalgischen Déjà-vus. Und dieser barocke Schauplatz ist mit seinen knarzenden Dielen, marmornen Hallen, mittelalterlichen Rüstungen, geheimen Gängen und finsteren Kellern prädestiniert für klasse Horror – zumal die im letzten Teil eingeführte “RE Engine” all das so ansehnlich illustriert, dass jeder Raum wie ein Gemälde wirkt.

 

 

  1. Boah, was war das? Ich bin immer noch geplättet. Das Ding muss jetzt erst einmal den Test der Zeit bestehen, aber es ist wahrscheinlich der beste Teil seit Resi 4. Es beginnt etwas holprig, aber spätestens nach dem Betreten des Schlosses war ich voll angefixt. Die Stimmung ist zum schneiden dicht und das Artdesign ist einfach nur zum niederknien. Schon lange kein Spiel mehr gespielt, welches so durchgestylt daherkommt. Das Leveldesign ist auch richtig Klasse, zieht immer wieder Kreise und baut schöne Verbindungen zu bereits erkundeten Gebieten auf. Als ich auf den Burgzinnen Gargoyles vom Dach sniperte, um dann einen Fahrstuhl zum Startpunkt des Gebiets freizuschalten, hatte ich sogar ein leichtes Souls Dejavu. Eigentlich bewegt man sich sehr linear durch das gesamte Spiel, aber die vielen Erkundungsmöglichkeiten geben Village ein tolles Adventure Feeling hinzu. Das Dorf und seine Umgebung, die Erkundung und die dabei entstehende Atmosphäre sind die definitiven Highlights von Village.
    Überraschenderweise hat mir sogar das Gunplay nach kurzer Eingewöhnung richtig gut gefallen. Es ist etwas träge und manchmal hatte ich das Gefühl, dass das Trefferfeedback nicht immer konsistent ist. Trotzdem knicken Gegner ein wenn man ihnen in die Beine schießt, lassen sich auch mal die Waffe aus der Hand schießen und werden mit dem richtigen Kaliber nach hinten geschleudert. Headshots sind auch schön saftig. Leider reagieren sie aber auch manchmal gar nicht, wenn ich z.B. mit der einfachen Pistole auf sie schieße. Gegner und Nachlade-Animationen sind gut, die gesamte Waffenauswahl ebenfalls. Vor allem im letzten Drittel musste ich dann auch mit der Munition haushalten und die eigene Positionierung zum Gegner wurde immer wichtiger. Klar, da ist noch Luft nach oben, aber ich hatte einige sehr intensive Feuergefechte mit Werwölfen und Co.
    Apropos Werwölfe ... nach durchforsten einer Hütte standen die plötzlich verteilt über mehrere Häuserdächer im Gegenlicht verteilt. Hat man erst...

  2. Das Spiel gibt es gerade für 40€ Crossgen für PS4 und PS5 bis zum 4. November.
    Hab schon bis Heisenbergs Maschinenfabrik gespielt (schaut ebenfalls spannend aus) und finde das Spiel gelungen, kann gar nicht aufhören damit.
    Das Bild ist üblicherweise viel zu dunkel, wenn man es nach Vorgaben des Spiels einstellt. Die Empfindlichkeit muss man unbedingt höher drehen. Einstellung für Stick-Beschleunigung beeinflusst nur die mittlere Eingabe.
    Das Spiel ist eine Mischung aus RE7, RE4, Dark Souls/Bloodborne und etwas Grusel-Adventure in einem Puppenhaus. Alle Orte sind sehr abwechslungsreich. In der Festung dachte ich, da gebe es nun einen unendlichen Gegnerrespawn. Aber nein, nach dem 30ten Gegner war dann erstmal Schluss. War bisher auch die einzige Stelle, wo es nach Shooter aussah. Rätsel sind eher leicht, aber es gibt dennoch viel zu entdecken. Auch ist es etwas gruseliger als RE4, da es überall knarzt und keucht.
    Gameplay stimmt, hab auch keine Probleme mit dem Actionanteil gehabt. Steuerung ist bisschen flotter als in RE7 und die reicht aus für die schnelleren Gegner. Bei den größeren Gegnern nerven die starken Dauervibrationen des PS4-Controllers, die sich nur komplett ausschalten lassen. (Mit dem PS5-Gamepad kann man endlich froh sein, wenn es keine starken Vibrationen kann.) Pistolen finde ich dumm gemacht (irgendwie haben die da was verwechselt) und das Snipergewehr sieht viel zu groß aus und klappert blöd beim Laufen. Insgesamt zu viele Waffen. Schätze und Räume mit Items hätte man lieber verborgen lassen sollen.
    Ja und Story? Hab nicht aufgepasst.
    Von mir gibt es vorab 86%. Lohnt sich.

  3. Ok nach Beendigung muss ich auch mal mein Senf dazugeben.
    Die Story von Village macht wenig Sinn. Egal wie man es dreht. Alle Charaktere haben dürftige Motivationen (außer Ethan natürlich) und die Plottwists rund um Ethans Extremitäten sind ziemlich dämlich und ein billiger Versuch, den Gorefaktor in die Höhe zu schrauben.
    Alles in allem könnte man 8 als Fortsetzung von 4 sehen.
    In Jörgs Test wird deutlich, dass er das Spiel aufgrund der schlechten "Regie" abgestraft hat.
    Das Spiel war nicht gruselig? War RE4 auch schon nicht. Das Spiel ist trashig? War RE4 auch schon.
    Die schlechte Regie? Kann ich nicht nachvollziehen. RE8 bietet mit jedem Abschnitt ein neues Spielgefühl und die erwähnte "Ballerbude" sind in Wirklichkeit nur zwei kleine Abschnitte.
    Verstehe auch die Abneigung gegen Heisenbergs Fabrik überhaupt nicht. Für mich war das eins der stärksten Abschnitte und im Grunde genommen nichts großartig anderes als der letzte Abschnitt auf der Insel in Teil 4.
    Resident Evil hat schon immer im letzten Drittel Laborsettings benutzt. Die "Terminatoren" im Kontext des Spiels auch nicht so weit hergeholt, wie Jörg das in seinem Test hinstellt.
    Klar, woher kamen all die Gestalten vom Fließband? Wie konnten die Dorfbewohner so unbehelligt sein, wenn gefühlt jeder der vier Lords permanent Dorfbewohner entführt haben?
    Village ist wirklich nicht perfekt. 4 hatte sich mehr Mühe gemacht, seine (auch trashige) Story zu erzählen und vor allem in Briefen und Texten stinkt Village ab und scheint sich keine rechte Mühe zu geben. Kein Text ist länger als zwei Seiten und man erfährt für mich zu wenig über die Lords.
    Aaaaber...
    Die 4 Lords alleine sind schon das Spiel wert. So bescheuert profilierte Bösewichter hatte Resident Evil schon lange nicht mehr zu bieten und sie stellen die olle Baker Familie gnadenlos in den Schatten.
    Die optische Präsentation ist wirklich der Hammer. Selbst auf der alten PS4.
    Verständlich ist auch, dass RE 4 dahingehend eine bessere Bewertung kassiert hat, da...

  4. GamepadPro hat geschrieben: 01.06.2021 23:25Was soll denn diese ganze Kritik? Es ist ein Spiel aus RE4 und RE7. Das kommt eben dabei raus, würde ich mal sagen.
    Problem ist, RE7 war besser in Sachen Horror, RE4 war mehr auf Kämpfe konzentriert. Andersrum waren die Kämpfe in RE7 schwach, während die Atmosphäre in RE4 leidet.
    Aber die Spiele wussten im Großen und Ganzen, was sie sein wollten, und besinnen sich auf ihre Stärken.
    RE8 ist irgendwo dazwischen, mit all den Schwächen, aber weniger definierten Stärken. Nur ein kurzer Abschnitt ist wirklich gruselig, alles andere ist eher schwach, und nach der ersten Hälfte spielt Grusel keine Rolle.
    Währenddessen sind die Kämpfe meist weniger taktisch als in RE4, und deren Verteilung ist extrem unausgeglichen. Es gibt lange Sequenzen komplett ohne Gegner, während anderswo eine Welle nach der anderen anstürmt.
    Und dann gibts noch RE6-artige Sequenzen als Beilage...
    Macht Laune beim ersten durchzocken, aber bei näherer Analysis fällt es echt außeinander.

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